Forschung & Covid | Wissenschaftspreis

FOTO: PMU/WILDBILD, ISTOCKPHOTO/ ELENA MEDOKS

Kindern Hoffnung geben

Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg hat Anfang Juli die Wissenschaftspreise 2021 vergeben. Preisträgerin PD Dr. Saskia Wort- mann, PhD freut sich über den Titel „Forscherin des Jahres“.

Die junge Wissenschaftlerin leitet die Stoffwechselambulanz an der Salzburger Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde. Ihr Schwer- punkt sind angeborene Stoffwechselerkrankungen in Klinik und Forschung. Ärzte EXKLUSIV hat sie erzählt, welche Ziele sie verfolgt.


?Wofür haben Sie den Preis als „Forscherin des Jahres“ erhalten?

Der Preis wurde mir für die beste Publikationsleistung an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) Salzburg verliehen. Meine Arbeits- gruppe hat im vergangenen Jahr die meisten Veröffentlichungen in den angesehensten – high impact – Fachzeitschriften vorzuweisen. Zusätzlich haben wir noch den Preis für die beste Publikation gewonnen. Darin geht es darum, wie ein bekanntes Medikament für die häufige und erworbene Zivilisationskrankheit Typ-2-Diabetes-Mellitus im Zuge des „Drug Repurposing“ für eine andere Anwendung genutzt werden kann: Es korrigiert die gestörte Funktion der weißen Blutzellen bei der seltenen Stoffwechselerkrankung Glykogenose Typ Ib.


?Was bedeuten Ihnen Wissenschaftspreise?

Dieser Preis ist für mich eine wichtige Anerkennung unserer Forschung. Wir beschäfti- gen uns mit seltenen Stoffwechselerkrankungen und anderen seltenen Entwicklungsstö- rungen bei Kindern. Da sie so selten sind, sind diese Krankheiten für die Pharmaindus- trie überwiegend uninteressant. Für jeden einzelnen betroffenen Patienten, für jede ein- zelne Familie ist es jedoch unglaublich wichtig, eine Diagnose und eine maßgeschnei- derte Therapie zu bekommen.


?Sie leiten die Stoffwechselabteilung – was ist Ihnen dabei ein besonders großes Anliegen?

Mir ist es wichtig, dass wir zusammen mit den betroffenen Patienten und ihren Familien ein starkes Team bilden. Wir brauchen die Informationen der Eltern, um die richtige Dia- gnose zu stellen. Sobald wir diese kennen, müssen wir die komplexen Stoffwechselpro- zesse so gut erklären, dass die Eltern sich im Umgang mit der seltenen Erkrankung ih- res Kindes sicher fühlen, denn häufig werden sie selbst anderen Ärzten erklären müs- sen, was ihr Kind hat. Gemeinsam müssen wir dann auch entscheiden, wie es weiter-

geht. Wir bieten maßgeschneiderte Therapien, das sind häufig spezielle Diäten oder auch Medikamente, die nicht für diese Erkrankung, oft so- gar noch nicht einmal für Kinder zugelassen sind. Daher müssen wir die Risiken gemeinsam abwägen und auch manchmal entscheiden, dass es besser für das Kind ist, das Leiden nicht zu verlängern. Das geht nur als Team.


?Wie steht es generell um die medizinische Forschung in Österreich? Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen?

Ich möchte mich hier auf die patientengebundene Forschung beschränken. Gerade mit seltenen Erkrankungen sollten die Patienten in einem Zentrum behandelt werden. Stark sind wir dort, wo wir regionale, nationale und internationale Expertise bündeln, um Spitzenforschung zu er- möglichen. Das heißt aber nicht, dass die Patienten dann ständig stundenlang in dieses Zentrum reisen sollen, sondern, dass es eine gute Zu- sammenarbeit und regelmäßigen Austausch mit dem wohnortnahen Behandlungsteam braucht.


?Wie steht die medizinische Forschung im internationalen Vergleich da?

Am Uniklinikum Salzburg bestehen bereits drei Expertisezentren für seltene Erkrankungen mit pädiatrischer Beteiligung: Uniklinik für Neurologie als Expertisezentrum für seltene Epilepsien, Dermatologie und das EB-Haus Austria, für seltene, genetisch bedingte Hauterkrankungen mit Schwerpunkt Epidermolysis bullosa, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie für kraniofaziale Fehlbildungen. Demnächst werden wir als Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde im Verbund mit Partnern zum Expertisezentrum für seltene Stoffwechselerkrankungen ernannt. Das meine ich mit Stärken bündeln: Hier ziehen international renommierte Ärzte und Forscher gemeinsam an einem Strang.


?Was würden Sie sich für die medizinische Forschung in Österreich wünschen?

Mehr Aufmerksamkeit, auch in der Allgemeinbevölkerung und mehr Menschen, die sich dafür engagieren. Und natürlich Forschungsgeld, um diesen Forschern auch einen festen Job mit Zukunftsaussichten und attraktiven Rahmenbedingungen zu bieten.


?Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

In Salzburg werden wir die Forschung für Kin- der in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Dieses gemeinsame Forschungsprogramm al- ler Fachdisziplinen am Kinderzentrum für Kin- der mit Stoffwechselerkrankungen, Ernährungs- und Entwicklungsstörungen soll alle Anstren- gungen bündeln, sichtbar machen und verstär- ken. So bieten wir Hoffnung, Fürsorge und Be- handlung für betroffene Kinder und ihre Famili- en.


bw