REHABILITATION | Stoffwechsel
Sowohl die Atherosklerose als auch die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD, „no- nalcoholic fatty liver disease“) sind eine Folge langjährig erhöhter Blutfette. Sie stellen einen gut dokumentierten, wesentlichen Risikofaktor dar.
Kardiovaskuläre Erkrankungen, hier insbesondere die koronare Herzerkrankung (KHK), sind weiterhin die führende Todesursache in den entwickelten Ländern.
In Europa beträgt die Häufigkeit der NAFLD in der Bevölkerung 20 – 30 % und ist somit als eine Volkserkrankung und als unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor anzusehen. Patien- ten mit nicht-alkoholischer Fettleber können eine nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) sowie eine Progression zur Fibrose und Zirrhose entwickeln. Die NASH-induzierte Leberzir- rhose (10 – 20 % der Leberzirrhosen) und das hepatozelluläre Karzinom (HCC) auf dem Bo- den einer NASH zeigen eine deutliche Zunahme. Adipositas ist ein gemeinsamer Risikofaktor für NAFLD und Typ-2-Diabetes. Alle drei Entitäten zeigen eine steigende Prävalenz. Der na- türliche Verlauf einer NAFLD wird durch den Lebensstil wie Ernährung und körperliche Aktivi- tät beeinflusst. Belegt ist, dass die Therapie der Hypercholesterinämie mit einer signifikanten Reduktion der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität einhergeht. Dementsprechend wur- den bei Risikopatienten Zielwerte empfohlen, die leider nicht alle Patienten im Alltag unter ei-
ner Therapie mit Statinen oder Ezetimib erreichen. Lediglich bei 25 – 30 % der Hochrisikopatienten gelingt es, den Zielwert für LDL-Cholesterin (LDL-C) von < 70 mg/dl bzw. für non-HDL-Cholesterin (non-HDL-C) von < 100 mg/dl zu erreichen. Das größte Problem in der Zielwerterreichung stellt die Compliance dar, aber auch Faktoren wie Ne- benwirkungen und unzureichende Wirkung einer Hochdosistherapie sind ursächlich.
Behandlung erhöhter Blutfette
Basis der kardiovaskulären Prävention ist die Beeinflussung von Risikofaktoren beziehungsweise die Behandlung von Krankheitsfolgen und von Funktionsausfällen, um Beeinträchtigungen in Alltag und Beruf entgegenzuwirken. Der Rehabilitationsprozess zielt auf die Initiierung alltagstauglicher stabiler Lebensstiländerungen der Patienten ab, die auf deren individuellen Voraussetzungen, Fähigkeiten und Möglichkeiten basieren. Dabei geht es um die Förde- rung des Selbstmanagements im Umgang mit Krankheit und deren Folgen, das Erlernen von Kompensationsmög- lichkeiten sowie die Adaptation der verbleibenden Fähigkeiten, um die Leistungsfähigkeit in Erwerbsleben und All- tag weitgehend zu erhalten oder wiederherzustellen.
Eine besonders hohe Bedeutung haben heute die Fettstoffwechselstörungen mit all den Begleit- und Folgeerkran- kungen. Hier ist die Rehabilitation gefordert, da in keinem anderen Versorgungsbereich die Möglichkeit besteht, Patienten über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen zu begleiten und klinisch zu beobachten. Den meisten Pati- enten ist das Vorhandensein von Risikofaktoren teilweise nicht bewusst oder nicht bekannt. Gerade in diesem Be- reich wären zusätzliche Nachsorgeprogramme sinnvoll.
Im Rahmen des letzten Updates der Leitlinien zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen wurde die kardiologi- sche Rehabilitation, die selbstverständlich auch den Lipidstoffwechsel beinhaltet, in die Empfehlungsklasse I auf- gewertet. Aber auch die Rehabilitation nach einem akuten kardiovaskulären Ereignis, Revaskularisation bzw. nach einem herzchirurgischen Eingriff stellt eine Klasse I-Indikation dar. Die Optimierung des Lipidstoffwechsels beinhal- tet folgende Elemente:
• Somatische Elemente: Training, medizinische Überwachung, medikamentöse Therapie
• Edukative Elemente: Handlungskompetenz, Wissen, Einstellung
• Psychosoziale Elemente: Krankheitsbewältigung, Stressmanagement, Motivation, berufliche und soziale Integration
Bei manifester Atherosklerose ist eine medikamentöse Therapie – bevorzugt durch die Gabe eines Statins – eine sinnvolle und oftmals notwendige Ergänzung zur Bewegungstherapie, weil bei stabiler koronarer Herzerkrankung sowohl die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität als auch die Gesamtmortalität gesenkt werden kann. Dies trifft auch für Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom und elektiver PCI oder nach aortokoronarer Bypassoperation zu. Die absolute Risikoreduktion hängt vom globalen Risiko eines Patienten ab.
Die effektivste Behandlung einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung besteht in einer Gewichtsreduktion und einer intensiven Lebensstilmodifikation mit Bewegungssteigerung, was die histologischen Befunde nachweislich verbessern kann.
Langfristig durchgeführt hat ein regelmäßiges körperliches Training, insbesondere aerobes Ausdauertraining, posi- tive Effekte auf bekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, Fettstoffwechsel- störungen, nicht-alkoholische Fettlebererkrankung und abdominelle Adipositas. Ergebnisse größerer epidemiologi- scher Studien zeigen zudem, dass eine hohe körperliche Fitness mit einer Reduktion sowohl der Gesamt- als auch der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität assoziiert ist. Krafttraining führt unabhängig von einer Veränderung des Körpergewichts und der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit ebenfalls zu einer Verbesserung der Insulinsensi- tivität. Körperliches Training beeinflusst die Höhe des LDL-C, die Zahl der kleinen/dichten LDL-Partikel wird ge- senkt. Aerobes Ausdauertraining führt zu einer signifikanten HDL-C-Zunahme und einer signifikanten Reduktion der Triglyzeride und ist ein wirksames Mittel zur Verhinderung von Übergewicht.
Nichtmedikamentöse Therapie
Zur Stabilisierung und Verbesserung der Fettwerte sollte eine Lebensstilmodifikation, bestehend aus einer fettar- men, mediterranen, vitamin- und ballaststoffreichen Ernährung durchgeführt werden. Parallel zu den diätetischen Empfehlungen ist die regelmäßige Durchführung eines Grundlagenausdauertrainings in Form von Laufen, Nordic Walking, Wandern, Golfen, Radfahren oder Schwimmen und Krafttraining von entscheidender Bedeutung. Das Min- destausmaß an Ausdauertraining soll 150 Minuten pro Woche betragen und mit einer moderaten Belastungsintensi- tät (60 – 80 % der maximalen Leistungsfähigkeit) durchgeführt werden. Sollte mit diesen den Lebensstil modifizie- renden Maßnahmen keine entscheidende Verbesserung der Fettstoffwechselsituation erreicht werden, so ist zu- sätzlich eine medikamentöse Einstellung unbedingt notwendig.
Medikamentöse Therapie
Bei Patienten ohne klinisch manifeste kardiovaskuläre Erkrankungen (Atherosklerose) oder mit einer nicht-alkoholi- schen Fettlebererkrankung ergibt sich die Indikationsstellung zur lipidsenkenden Therapie in Abhängigkeit vom in- dividuellen kardiovaskulären Risiko und den erreichten Zielen durch Gewichtsreduktion und einer intensiven Le- bensstilmodifikation mit Bewegungssteigerung.
Das Vorhandensein artherosklerotischer Erkrankungen (KHK, zerebrovaskuläre Ereignisse, symptomatische paVk, abdominelles Aortenaneurysma) oder einer heterozygoten familiären Hyperlipidämie qualifiziert zur Indikationsstel- lung für eine lipidsenkende medikamentöse Therapie mit einem Statin.
Erhöhte Triglyzeridwerte bedeuten ebenso ein großes Risiko für Gefäßkrankheiten. Bei Übergewichtigen und Diabe- tikern ist dies ein häufig auftretendes Problem vor allem in Verbindung mit erniedrigtem HDL-C. Die in der Leber synthetisierten Triglyzeride zirkulieren im Plasma als VLDL-C oder als deren Abbauprodukte IDL-C („intermediate- density“-Lipoprotein). Eine postprandiale (nicht nüchtern) Hypertriglyzeridämie ist in der Blutabnahme mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer KHK assoziiert. Die therapeutische Beeinflussung der Triglyzeride bzw. der triglyzeridreichen Lipoproteine und der Einfluss auf kardiovaskuläre Ereignisse hat wieder Bedeutung erlangt. Zu- sätzliche Folge der Hypertriglyzeridämie ist eine Fettleber. Auch die Prävention der Pankreatitis bei massiver Hy- pertriglyzeridämie ist eine Indikation zur medikamentösen Therapie.
PCSK9 Hemmer
PCSK9 Hemmer sind monoklonale Antikörper gegen PCSK9 (Evolocumab, Alirocumab) zur Senkung von LDL-C bei unzureichender Wirkung der Statine oder Statinunverträglichkeit. Eine Überprüfung der Indikation bzw. die Ent- scheidung zur PCSK9-Hemmertherapie kann während der drei- bis vierwöchigen Rehabilitation getroffen werden. Lipoprotein (LP)-Apherese
Extrakorporale Elimination vor allem ApoB-hältiger Lipoproteine. Bei Patienten mit er- höhten Lp(a)-Spiegeln und manifesten atherosklerotischen Erkrankungen kann eine Li- poproteinapherese indiziert sein. Bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko soll- te insbesondere bei Lp(a)-Erhöhung therapeutisch eine erhebliche Reduktion des LDL- C angestrebt werden.
Zentrum für Patienten mit Lipidstoffwechselstörungen
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Reduktion der Spezialambulanzen in den Kran- kenhäusern, der zunehmenden Reduktion der Ansprechpartner für Patienten und dem epidemiologisch großen Problem der Fettstoffwechselstörungen ist die HerzReha Bad Ischl das erste Zentrum, das sich speziell um Patienten mit Lipidstoffwechselstörungen annimmt. Ziele in einem Zentrum zur Rehabilitation von Fettstoffwechselstörungen zur Primär- und Sekundärprävention sind natürlich die frühzeitige Erfassung kardiovaskulä- rer Veränderungen und ihre Behandlung, Bewusstsein zu schaffen für die Erkrankung, die Einleitung und Überprüfung einer medikamentösen Therapie, die Steigerung der Aktivität und der Selbstverantwortung.
In der Indikationsstellung im Sinne einer Primärprävention spielt natürlich auch die hete- rozygote familiäre Hypercholesterinämie eine große Rolle, die in Österreich deutlich un- terdiagnostiziert ist. Diese ist gekennzeichnet durch frühzeitige Gefäßerkrankung mit positiver Familienanamnese bezüglich Herzinfarkt oder Schlaganfall und peripherer ar- terieller Verschlusskrankheit.
Als Zuweiser für eine entsprechende Lipidstoffwechselrehabilitation kommen alle niedergelassenen praktischen Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin und Neurologie infrage und auch die Gesundheitsvorsorgezentren der ein- zelnen Sozialversicherungsanstalten und die Krankenhäuser.
Damit existiert ein Zentrum zur Prävention und Vermeidung der Progression von kardiovaskulären Erkrankungen mit adäquater und kompetenter Betreuung, das sich unter anderem speziell der Fettstoffwechselstörungen annimmt. So kann langfristig eine Kosteneinsparung durch Primärprävention und adäquate Betreuung in der Sekundärprä- vention erzielt werden. ■