THEMA | Demenz
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Früherkennung von Alzhei- mer-Demenz
Bei neuropsychologischen Untersuchungen wird mithilfe von Befragungen und psychologischen Tests beurteilt, ob es Hinweise auf einen kognitiven
Leistungsabbau gibt.
Die Alzheimer-Demenz (AD) ist die häufigste Demenzform, die zwei Drittel der Demenzen bei den über 65- Jährigen ausmacht. Sie ist eine schleichend progrediente Erkrankung, der schon viele Jahre bis Jahrzehnte davor Prä-Demenz-Stadien vorausgehen. Durch die Fortschritte in der Biomarker-basierten Früherkennung ist es möglich geworden, Patienten mit einem geringen und einem hohen Risiko für die Entwicklung einer späte- ren Demenz zu unterscheiden.
Nicht jeder will es wissen
„Die Entwicklung bildgebender Verfahren haben zur Entdeckung und Erforschung von Biomarkern geführt, die pathologische Veränderungen bis zu 20 Jahre vor einer klinischen Demenzdiagnose zulassen“, erklärt Psycho- loge Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr. Johann Lehrner von der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Wien. Diese pathologischen Veränderungen bedeuten nicht, dass bereits starke kognitive Einschränkungen vorliegen, dass von einer klassischen Demenz gesprochen werden kann, aber dass ein Risiko vorliegt, in den nächsten Jahren oder Jahrzehnen zu erkranken. „Wir beobachten, dass doch ein Teil der Bevölkerung sich auf eine derartige Lebensentwicklung gut vorbereiten will und daher diese frühe Abklärung und Vorhersage als große Unterstützung empfindet. So bleibt genug Zeit sich selbst und die Familie auf die bevorstehenden Ver- änderungen vorzubereiten, zum Beispiel finanzielle oder rechtliche Vorsorge zu treffen. Ein anderer Teil beur- teilt genau dieses Wissen als angstmachend und fühlt sich in der Lebensqualität sehr stark eingeschränkt“, beschreibt Lehrner die Erfahrungen aus der Praxis.
Positiver Einfluss auf den Verlauf
Seit der Psychologe vor rund 25 Jahren in diesem Bereich zu arbeiten begonnen hatte, ist nicht nur auf dem Gebiet der Früher- kennung und Diagnose viel geschehen: „Damals war AD eine Erkrankung, die Betroffene und Angehörige einfach akzeptieren mussten. Mittlerweile wissen wir, dass der Krankheitsverlauf durch frühzeitige Interventionen durchaus positiv beeinflusst werden kann. Damit wird die Primärprevention immer wichtiger.“ Der stärkste Prädiktor für AD ist die genetische Veranlagung. „Daneben gibt es weitere Modulatoren, wie Bewegungsaktivität, Depression, Übergewicht, Rauchen, Diabetes oder kognitive Aktivität, die Einfluss auf die Progredienz haben. Würde man diese Faktoren zu
100 % kontrollieren, hätten wir deutlich weniger Demenzpatienten“, fasst Lehrner zusammen.
Die Diagnose der AD wird durch eine neurologische/psychiatrische Untersuchung, eine neuropsychologische Untersuchung, eine Laboruntersuchung mit Blutbild sowie dem Einsatz bildgebender Verfahren gestellt. Wobei mittels neuer bildgebender Biomarker Methoden die neuropathologischen Veränderungen bei der AD sichtbar gemacht werden können. Im Rahmen einer neuropsycho- logischen Untersuchung sollten die kognitiven Domänen Aufmerksamkeit, Sprache Gedächtnis, Exekutive Funktionen, Perzepeti- ve Fähigkeiten und Soziale Kognition getestet werden. Die Zuweisung an die Gedächtnisambulanz im Wiener AKH erfolgt über einen Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie. Nach Diagnosestellung wird die medikamentöse und/oder nichtmedikamentöse Behandlung eingeleitet. Klinisch-psychologische Behandlung ist häufig indiziert. Eine jährliche Wiederholung ist zur Verlaufskon- trolle empfohlen.
So einfach wie Blutdruckmessen
Auch die neuropsychologische Untersuchung geht von Papier-Bleistift mehr und mehr zu digitalen Verfahren über. „Im Rahmen von Forschungsprojekten arbeiten wir an Tablet-basierten Testbatterien, sodass die Betroffenen selbst einen kognitiven Statu- scheck durchführen können“, gibt Lehrner Einblick in die aktuelle Forschung. Das Ziel für die Zukunft ist, dass das Monitieren der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit so einfach wie Blutdruckmessen werden soll. Unter www.psimistri.com kann man sich einen Überblick über die neuen Entwicklungen verschaffen. Und ähnlich wie beim Blutdruckmessen gilt: Mehr Vergleichswerte schaffen ein objektiveres Bild, denn auch hier können Nervosität oder Müdigkeit Testergebnisse verfälschen.
rh