THEMA | Rehabilitation

FotoS: pro mente

Ambulante psychosoziale Rehabilitation:

Ein nachhaltiges

therapeutisches Konzept

Der tägliche Abgleich mit dem gewohnten Umfeld mag zwar in der ambulanten Rehabilitation herausfordernd sein, therapeutische Impulse können aber sofort und mit- unter sehr nachhaltig umgesetzt werden.

Weltweit sind 4,7 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert, ca. 315.000 Menschen daran verstorben (Johns Hopkins Corona Virus Resource, Stand 17.05.2020), die persönlichen Freiheiten wurden eingeschränkt, die Wirtschaft wird noch lange an den Folgen zu leiden haben. Es gibt kaum Menschen, die nicht in ir- gendeiner Form davon betroffen, besorgt und ängstlich sind. Umso schwerer trifft es Personen, die durch eine psychische Erkrankung bereits zuvor geschwächt wa- ren. Betroffene können ihren Platz in der Familie, im Bekannten- und Freundeskreis und auch im Beruf oft lange Zeit nicht einnehmen, was soziale und wirtschaftliche Folgen potenzieren kann. Zudem steht zu befürchten, dass auch bisher gesunde

Menschen durch nicht mehr bewältigbare Herausforderungen an die Grenzen ihrer psychischen Belastbarkeit gelangen.


Multimodales Therapieprogramm

Rehabilitation hat die Aufgabe, Krankheitsfolgen zu reduzieren und Aktivitäten und Teilhabe in verschiedensten Lebensbereichen zu fördern. Seit 17 Jahren bietet pro mente Reha in Österreich psychiatrische Rehabilitation an und ist damit ein wichtiger Ver- tragspartner der Sozialversicherungen, die für Rehabilitation aufkommen. Psychosoziale Rehabilitation in ambulantem, also tages- klinischem Setting ist ein besonders nachhaltiges Konzept und wird seit fünf Jahren in der APR Graz und APR Salzburg angebo- ten. Den Patienten wird ein multimodales Therapieprogramm angeboten, das verschiedene therapeutische Zugänge unter fach- ärztlicher Führung vereint. Dessen Rahmenbedingungen entspringen einer Vereinbarung zwischen Sozialversicherungen und Rehabilitationsträgern.

Psychosoziale Rehabilitation bietet ein hoch qualifiziertes multiprofessionales Angebot unter fachärztlicher Führung, das vorwie- gend im Gruppensetting stattfindet. Psychologische und psychotherapeutische Maßnahmen beinhalten Gruppen, die besonders mit der entstehenden Dynamik arbeiten, aber auch ganz spezifische Therapien wie Entspannung und Achtsamkeitsübungen, Resilienztraining, Stressmanagement und Verbesserung sozialer Kompetenzen. Wöchentlich findet auch ein psychotherapeuti- sches Einzelgespräch statt. Zudem finden für spezifische Erkrankungen, wie etwa dem Umgang mit Angst, Schmerz oder emotio- naler Instabilität zusätzlich Gruppen statt, in die auch andere Berufssparten eingebunden sind. Gestaltungs- und kreativtherapeu- tische Angebote beinhalten Ergotherapie im klassischen Sinn, aber auch Wahrnehmungs- und Genusstraining, kreative Therapien wie Mal-, Musik- und Tanztherapie, kognitives Training oder Alltagstraining.

Sport- und Bewegungstherapie orientiert sich an den örtlichen Möglichkeiten, im Vordergrund steht immer, den Bezug zum Alltag und den Möglichkeiten der Patienten herzustellen. Einzel-Physiotherapie findet in sehr geringem Ausmaß nach ärztlicher Indikati- on statt. Sozialarbeit ist für viele Betroffene eine notwendige Maßnahme, da ja häufig finanzielle, berufliche und soziale Einschrän- kungen bestehen. Zudem wird in der Sozialarbeit ein Programm zur Förderung beruflicher Motivation und zum Setzen beruflicher Ziele angeboten (ZAZO).


Breite Unterstützung

Die fachärztliche Betreuung wird unter anderem in regelmäßigen Visiten durchgeführt, die natürlich die Beaufsichtigung, eventuelle Neueinstellung und Anpassung einer medika- mentösen Therapie betreffen, aber auch den Einsatz weiterer therapeutischer Maßnah- men veranlassen. Dies kann zum Beispiel die intensivere Einbindung der Sozialarbeit oder Ernährungsberatung sein, aber auch die Vernetzung mit niedergelassenen Ärzten oder die Organisation von abklärenden Untersuchungen und viele andere Maßnahmen betreffen. Natürlich steht das ärztlich-therapeutische Gespräch im Mittelpunkt, alle Ärzte sind auch psychotherapeutisch ausgebildet. Psychiatrische Pflege und Diätologie unter- stützen ärztliche Maßnahmen.

Patienten erhalten während des Aufenthaltes regelmäßig Informationen zu ihren Erkrankungen und deren Behandlung, vor allem aber zu gesundheitsförderndem Verhal- ten. Dies kann Ernährungsberatung, Rückenschule, Informationen zum Umgang mit Angst oder Schmerz, zu medikamentöser Therapie, zu Schlafförderung, aber auch zu fi- nanziellen oder beruflichen Unterstützungsmöglichkeiten, zu Umschulung, beruflicher Wiedereingliederung oder Zeitmanagement und natürlich vieles andere betreffen.


Vorteile ambulanter Rehabilitation

Es heißt, Betroffene können in ihrer gewohnten Umgebung bleiben, was aus sozialpsy- chiatrischer Sicht prinzipiell vorzuziehen ist, wenn keine Gegenargumente vorliegen. Der tägliche Abgleich mit dem gewohnten Umfeld mag zwar anfangs schwierig sein, therapeutische Impulse können aber sofort und nachhaltig umgesetzt werden, sind – wie etwa exponierende Verfahren bei bestimmten Angsterkrankungen – in den täglichen Routinen und Wegen integriert.

Betroffene Personen können diverse Gründe haben, die gegen einen langen sta- tionären Aufenthalt sprechen, dies mag die Sorge für Angehörige sein, aber auch für Haustiere, der Verbleib in sozialen Gruppen oder Vereinen oder einfach nur das tägliche Training der Einhaltung von Strukturen und Wegefähigkeit.

Aus gesundheitspolitischer Sicht ist ein ambulantes Konzept, wenn medizinisch-thera- peutisch möglich, natürlich vorzuziehen. Die Kosten unseres Gesundheitssystems ex- plodieren, im internationalen Vergleich betreibt Österreich ein sehr bettenlastiges und damit teures System. Mit ambulanten Angeboten können nicht nur Kosten reduziert werden, auch die Verantwortungsübernahme und die Fähigkeit zu Selbstmanagement, das Empowerment der Betroffenen nimmt zu.

Natürlich werden die derzeit bestehenden gesetzlichen und medizinischen Vorsichts- maßnahmen bezüglich Covid-19 – wie in allen Einrichtungen – umgesetzt. Ambulante psychiatrische/psychosoziale Rehabilitation ist damit ein effizientes, kostenreduzieren- des und therapeutisch nachhaltiges Konzept. Wünschenswert ist der flächendeckende Ausbau dieses rehabilitativen Angebotes.