Medizin | Herzinfarkt

Immunantworten verstehen

Trotz großer Fortschritte in der Behandlung von Herzinfarkt ist noch immer wenig über die

molekularen Prozesse bekannt, die der Heilung des Herzens nach einem Infarkt zu Grunde

liegen. Daher ist es oft nicht möglich vorherzusagen, ob sich die Herzfunktion nach einem

Infarkt kritisch verändert.

Forscher der Med Uni Graz haben sich mit Kollegen aus Deutschland und Frankreich zum Ziel gesetzt, die molekularen Reparaturprozesse im Herzen nach einem Infarkt grundlegend zu untersuchen, um daraus neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten ableiten zu können. Rund 34.000 Menschen erleiden in Österreich jährlich einen Herzinfarkt. Die Rehabilitation besteht aus mehreren Stufen und nimmt einen län- geren Zeitraum in Anspruch.


Immunbasierte Prognosewerkzeuge

„Obwohl es in der Therapie große Fortschritte gibt, ist bis dato noch wenig über die molekularen Reparaturprozesse im Herzen nach einem Infarkt bekannt“, erklärt Assoz.- Prof. PD DDr. Peter Rainer von der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Medizini- schen Universität Graz. Gemeinsam mit Kollegen vom Diagnostik- und Forschungsin- stitut für Pathologie der Med Uni Graz, des Universitätsklinikums Würzburg und der Sorbonne Université Paris forscht er als Projektleiter an der Entschlüsselung dieser mo- lekularen Vorgänge. Warum das Wissen darüber so wichtig ist, erklärt Rainer so: „Bei einem Herzinfarkt stirbt Herzmuskelgewebe ab, vernarbt und wird durch Bindegewebe ersetzt. Dieses Bindegewebe ist starr und trägt in der Folge nicht mehr zur Pumpfunkti- on des Herzens bei. Daher ist es besonders wichtig, dass das verbleibende noch funk- tionsfähige Herzgewebe sich möglichst vollständig erholt und so eine adäquate Pump- leistung möglich ist und es nicht zu chronischem Herzversagen kommt. Dies gilt es mit geeigneten diagnostischen Methoden zu überwachen.“

Noch sind die Reparaturprozesse im Herzen wenig erforscht. Daher ist es nicht immer möglich Patienten rechtzeitig zu therapieren, wenn sich die Herzfunktion im heilenden Gewebe verschlechtert und unzureichend wird. In ihrer Arbeit nutzen die Wissen-

schaftler nun modernste Methoden, um die Reparaturvorgänge im Herzen zu verstehen und daraus neue Therapiemöglichkeiten abzuleiten. Entzündliche Prozesse sind dabei im Fokus der Forschung. „Nach einem Herzinfarkt muss das Immunsystem schnell reagieren, um den Hei- lungsprozess in Gang zu setzen“, sagt Rainer. Spezialisierte T-Zellen – Helferzellen des Immunsystems – wandern dabei zu den geschädigten Stellen und regulieren dort einen entzündlichen Prozess, bei welchem das beschädigte Gewebe abgebaut wird. Überbordende Immunreaktio- nen sind aber schädlich und vergrößern den Schaden. Diesen molekularen Prozess gilt es nun zu untersuchen und zu beschreiben.


Innovative Behandlungskonzepte

Dazu beobachten die Wissenschaftler die T-Zell-Antworten bei Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten haben, mit Hilfe von Next Generation Se- quencing und korrelieren diese mit klinischen Ergebnissen. „In einem nächsten Schritt kombinieren wir die gewonnenen Daten mit Daten, die aus präklinischen Krankheitsmodellen stammen“, beschreibt Rainer. Aus den Ergebnissen ihrer Forschung erhoffen sich die Forscher neue im- munbasierte Prognosewerkzeuge und innovative Behandlungskonzepte für Patienten mit Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit.

Das Forschungsprojekt ist Teil des ERA-CVD – einem Netzwerk zur Erforschung kardiovaskulärer Erkrankungen innerhalb des Europäischen Forschungsraums mit insgesamt 24 Partnern aus 19 Ländern im Rahmen des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizon 2020“.


rh