MEDIZIN | Arthroskopie 

„Rising Star“

der Gelenkschirurgie

FOTOS: BOXQUADRAT, ISTOCKPHOTO/ EDWARDOLIVE

Die Arthroskopie macht mittlerweile über die Hälfte aller gelenkschirurgischen Eingriffe aus und trägt wesentlich zur Entdeckung und Behandlung neuar- tiger Gelenksverletzungen bei.

AUTOR: Dr. Roman C. Ostermann

Facharzt für Orthopädie und Traumatologie,

ärztlicher Leiter des Kompetenzzentrums für Sport- und Gelenksverletzungen „Die Praxis“ in Wien,

Kongresspräsident des Kongresses der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkschirurgie (AGA)

www.diepraxis-wien.at

Jeder Mensch kommt vermutlich im Laufe seines Lebens mit Gelenksbehandlungen in Berührung. Mithilfe der Arthroskopie können wir heute Ge- lenksverletzungen bereits sehr schonend und mit viel kürzeren Krankenhausaufenthalten behandeln. Mussten früher Patienten beispielsweise nach einem offenen, chirurgischen Eingriff beim Kreuzbandriss wochenlang im Krankenhaus mit Drainagen behandelt werden, kommen wir heute dank der Arthroskopie bei dieser Verletzung auch mit Tagesklinikaufenthalten aus. Zudem sind auch Orthobiologika, wie etwa Stammzellen, Blutplätt- chenkonzentrate und Hyaluronsäure, sehr stark im Kommen, um Heilungsprozesse zu beschleunigen.


Fortschritte in der Medizintechnik

50 bis 60 % der gelenkschirurgischen Eingriffe werden heute schon arthroskopisch durchgeführt. Das macht allein in Österreich an die 150 Arthro- skopien am Tag aus. Die „Klassiker“ sind Knie- und Schulteroperationen wie Kreuzbandrisse im Knie und Rotatorenmanschettenrupturen bei der Schulter. Versorgung von Verletzungen des Bizepssehnenankers sind überhaupt nur mit Arthroskopie möglich, da es keinen offenen chirurgischen Weg zu dieser Stelle gibt, der nicht mit erheblichem Gewebetrauma verbunden ist. Die Arthroskopie hat uns auch geholfen, neuartige Gelenksver- letzungen überhaupt zu entdecken und sie somit behandelbar zu machen. Auch die technischen Entwicklungen werden immer besser. So ist die Auflösung der Arthroskope, die dabei im Einsatz sind, mittlerweile so gut, dass wir die roten Blutkörperchen in den Gefäßen mit der Kamera dar- stellen können und die nächste Generation der Arthroskope ist schon so dünn und klein, dass einige Behandlungen mithilfe der Lokalanästhesie auch schon in Ordinationen durchgeführt werden können.


Gelenkschirurgie setzt auf Eigenmaterial

Ein weiterer Trend der Gelenkschirurgie ist, dass man versucht, möglichst auf Fremdmaterialien zu verzichten und, wo diese notwendig bleiben, Implantate zu entwickeln, bei denen so viel wie möglich Knochen- bzw. Gelenksmaterial erhalten bleiben kann. Durch eine spezielle chirurgische Kreuzbandtechnik kommen wir ohne Fremdmaterial aus, sodass auch die Knochen-zu-Knochen-Heilung nicht von dem Fremdmaterial beeinträch- tigt wird. Bei jungen Menschen, die durch Verletzung einen großen Teil des Meniskus verloren haben, arbeiten wir mit Meniskustransplantationen und im Bereich der Prothesen gibt es immer mehr Teilgelenksersatz-Operationen.


Orthobiologika auf dem Vormarsch

Nicht nur im chirurgischen Bereich, sondern auch bei konservativen Behandlungen gibt es große Fortschritte. Bei Überlastungsschäden werden so Stoßwellentherapien, Magnetpulstherapie und Orthobiologika eingesetzt. Orthobiologika sind Substanzen, die natürlich im Körper vorkommen und gezielt in hoher Anzahl gewonnen werden, um bei orthopädischen Verletzungen die Heilung besser und schneller anzuregen. So werden Stamm- zellen, Blutplättchen und andere zelluläre Stoffe zu den diversen Gelenken gespritzt, um dort die körpereigenen Heilungsprozesse anzustoßen. Wir stecken hier sicher noch in den Kinderschuhen, aber diese Orthobiologika sind eines der, wenn nicht das Zukunftsthema, das uns die nächsten Jahrzehnte in der Erforschung und Entwicklung beschäftigen wird.