MEDIZIN Homöopathie

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Homöopathie und banale Infekte

Winterzeit ist Erkältungszeit – vor allem bei Kindern.

Dr. Bettina Baltacis, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde mit eigener Praxis beim Mo- denapark in Wien, gibt Einblick in die Möglichkeit, mithilfe homöopathischer Arzneimittel Linderung zu erzielen.

?Wie setzen Sie homöopathische Arzneimittel ein, wenn bei Kindern banale Infekte vorliegen?

Ich setze homöopathische Arzneimittel sehr breit ein, gerade wenn es um winterliche Atemwegsinfekte geht. Eltern schätzen das, weil die Produkte gut verträglich sind, von Kindern gerne eingenommen werden und auch rasch Wirkung zeigen.

Wenn es sich um eine akute Erkrankung handelt, ist es wichtig, dass Veränderungen der Beschwerden genau beobachtet werden. Es braucht auch ein wenig Erfahrung, um die passende homöopathische Arzneispezialität auszuwählen.


?Das erfordert wohl viel Mitarbeit der Bezugspersonen?

Oft kommen Eltern, die schon sehr viel Vorerfahrung mit Homöopathie haben, oft sind es Neulinge. So wie bei jeder Anamnese ist es wichtig, mit den Eltern zu besprechen, wie sich die Erkrankung darstellt, zum Beispiel wie das Sekret beschaffen ist, unter welchen Umständen sich die Beschwerden bei Husten verändern oder ob Fieber mit Schwitzen oder Frösteln verbunden ist. Man kann hier mit ein paar gezielten Fragen auch schon die Auswahl der wichtigsten Mittel eingrenzen. Je häufiger Eltern homöopathische Arz- neimittel einsetzen, desto besser werden auch ihre Erfahrungen und wir kommen dann meist sehr rasch zum passenden Präparat.


?Welche Vorteile haben homöopathische Arzneimittel?

Gerade bei Kindern wird die Therapie gerne angenommen und die Compliance – auch von Elternseite – ist hoch. Man sieht auch rasch, ob die erhoffte Wirkung eintritt oder ein Wechsel erforderlich ist. Man kann so den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Sym- ptome werden gelindert, aber gleichzeitig werden auch die Infektursachen bekämpft und insgesamt wird die Dauer der Erkrankung reduziert. So kommt man häufig gar nicht in die Situation, Antibiotika zu verschreiben, daher hat die Therapie auch im Hinblick auf mögliche Resistenzen große Bedeutung.


?Werden homöopathische Arzneimittel zusätzlich zu klassischen Arzneimitteln oder anstelle von diesen verordnet?

Beides ist möglich. Das eine schließt das andere nicht aus. Wichtig ist, die Eltern aufzuklären, dass sie die Entwicklung der Erkrankung beobach- ten müssen und bei Unklarheit lieber einmal mehr als einmal zu wenig Kontakt mit mir aufzunehmen. Oft ist es natürlich so, dass ich gerade vor dem Wochenende sicherheitshalber noch weitere Produkte verordne, wie Fieberzäpfchen, schleimlösenden Hustensaft oder abschwellenden Na- senspray. Je erfahrener man ist, umso besser kann man an den unterschiedlichen Kreuzungspunkten reagieren und homöopathische Arzneimittel zusätzlich verschreiben oder weglassen.


?Wo sind Grenzen bei der Anwendung?

Alle akut bedrohlichen Zustände, wenn ein Kind kommt und obstruktive Bronchitis hat oder wenn aus dem Blutbild schon hervorgeht, dass es sich um einen bakteriellen Infekt handelt – da schreibe ich eine homöopathische Arznei nur begleitend auf. Man kann die Präparate sehr gut kombinieren.


?Wie sind grundsätzlich der Stand der Forschung und die Studienlage zu homöo- pathischen Arzneimitteln?

Wir haben zum Beispiel in Deutschland eine sehr große Datenbank (wisshom.de), die ver- schiedene Beobachtungsstudien und große und kleine Anwendungsstudien umfasst. Hier ist man sehr bemüht, an die klassische Schulmedizin anzuschließen. Es gibt sehr gute Studien, die Schwierigkeit dabei ist im- mer die Bewertung und die Gewichtung der Studien. Die meisten Studien scheitern am Anspruch des doppelt Verblindeten, weil das der individualisierten Verschreibung homöo- pathischer Arzneien nicht entspricht. Es gibt auch Studien, die zum Bespiel den Antibioti- ka-Verbrauch in homöopathischen Praxen sowie schulmedizinischen Praxen verglei- chen, und da sieht man durchwegs positive Signale in Richtung Homöopathie.


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