ILLU: NIKLAS ELMEHED © NOBEL PRIZE OUTREACH
Es sind die Amerikaner Prof. David Juli- us, PhD, und Prof. Ardem Patapoutian, PhD, die für ihre Arbeit als Gen-Sinnes- forscher den diesjährigen Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhalten. Dank ihnen wissen wir heute, wie Temperatur- und Druckreize über Rezeptoren in elek- trische Signale umgeleitet werden können.
Prof. David Julius, PhD, ist an der University of California in San Francisco (UCSF) als Sin- nesphysiologe tätig und leitet dort die Abteilung für Physiologie. Der 1955 geborene Amerikaner erhielt 1977 seinen Bachelor in Biowissenschaf- ten am MIT in Cambridge, Massachusetts. Sei- nen PhD in Biochemie erwarb er bei Jeremy Thorner und dem späteren Nobelpreisträger Randy Schekman an der University of California in Berkeley. Als Postdoktorand kam er schließ- lich an die Columbia University in New York City, wo er mit Richard Axel zusammenarbeitete.
Prof. Ardem Patapoutian, PhD, ist Molekularbio- loge und Neurowissenschaftler bei Scripps Rese- arch in La Jolla, Kalifornien, und wurde 1967 in Beirut im Libanon geboren. Er besuchte zunächst die American University of Beirut, emigrierte aber 1986 in die Vereinigten Staaten. Seinen Bachelor in Zellund Entwicklungsbiologie erhielt er an der University of California in L.A. und seinen PhD in Biologie am California Institute of Technology. 2000 erhielt er eine Professur am Scripps Rese- arch Institute, an dem er zuvor als Postdoktorand gearbeitet hatte. Zurzeit forscht er parallel auch für das Howard Hughes Medical Institute.
Hitze, Kälte und Berührungen sind für den Menschen selbstverständliche, alltägliche Empfindungen. Sie können als angenehm oder sogar als Schmerzen empfunden werden und doch war lange Zeit unklar, über welchen Weg der Körper Druck und Temperatur wahrnimmt, genauer ge- sagt, welche Sensoren für die Wahrnehmung verantwortlich sind. Ein Reiz, egal ob unangenehm oder nicht, wird im Körper zunächst von Rezepto- ren erkannt und anschließend in ein elektrisches Signal umgewandelt. Über Nervenzellen geht es dann weiter ins Gehirn, wo die Empfindung schließlich bewertet wird. Während David Julius den Nobelpreis für die Identifizierung von Temperaturrezeptoren erhielt, bekam Ardem Patapouti- an die Auszeichnungen für die Identifizierung von Drucksensoren.
Genanalysen und Ausschlussverfahren
Der US-Forscher Julius erkannte bereits in den 1990er-Jahren, dass Capsaicin, ein Stoff, der auch in Chili-Schoten vorkommt, das letzte Puzzleteil zum Verständnis der Temperaturwahrnehmung war. Nach vielen Jahren Arbeit schafften Julius und sein Team es durch mühsame Genanalysen endlich, das ein Protein zu identifizieren, das den Capsaicin-Rezeptor bildet. Der Rezeptor reagiert auf Hitze und erhielt den Namen TRPV1. Die Identifizierung vieler weiterer temperatursensitiver Proteine folgte. Über die chemische Substanz Menthol war es Julius und Patapoutian anschlie- ßend unabhängig voneinander möglich, den Kälterezeptor TRPM8 zu entdecken. Der im Libanon geborene Ardem Patapoutian beschäftigte sich außerdem mit den Genen von drucksensiblen Zellen. Auch er schaffte es im Ausschlussverfahren, den Rezeptor zu identifizieren, der für die Reak- tion auf Druck verantwortlich ist. Der Sensor erhielt den Namen Piezo1, nach dem griechischen Wort für Druck. Später entdeckte Patapoutian so- gar noch einen weiteren Ionenkanal, Piezo2. Da Druckrezeptoren nicht nur mechanische Reize, sondern auch propriozeptive erkennen, sind sie auch für die Wahrnehmung der Körperposition im Raum zuständig. Piezo1 und Piezo2 sind im Körper außerdem aktiv, wenn es um physiologische Prozesse geht, die mit Druck in Verbindung stehen, also beispielsweise Blutdruck, Atmung oder die Kontrolle der Harnblase. Die Entdeckungen der beiden Forscher sollen die Entwicklung neuer Schmerztherapien und Medikamente möglich machen, so die Nobelversammlung. Wie alltägli- che und doch überlebenswichtige Sinnesempfindungen funktionieren, war bisher nicht bekannt. Nun könnten beispielsweise ganz neue Wege in der Behandlung von chronischen Schmerzen oder Bluthochdruck eingeschlagen werden.
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