FORTBILDUNG & KLINIK I Ausbildung Chirurgie 

Prim. Assoc.-Prof. PD. Dr. Kambiz Sarahrudi, Prä-Präsident der ÖGU, Prim. Priv.-Doz.

Dr. Vinzenz Smekal, Präsident der ÖGU, Dr. Richard Maier, Bundesfachgruppenobmann und

Dr. Andreas Hartmann, Generalsekretär der ÖGU fordern die Bundesländer und

Spitalserhalter zu raschen Lösungen auf.

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FotoS: zvg, Ordensklinikum

Ausbildungsde- fizite in der Unfallchirurgie

Der Versorgung von Schwerverletzten in Österreich droht nach Ansicht der Öster- reichischen Gesellschaft für Unfallchirur- gie der Kollaps.

Menschen, deren Überleben nach Verkehrsunfällen, Sportunfällen oder Freizeitunfällen von hochspezialisierten und erfahrenen Unfallchirurgen ab- hängt, treffen auf kaum mehr haltbare Zustände in den Spitälern. „Wenn die Versorgung von Schwerverletzten nicht mehr funktioniert, werden Men- schenleben aufs Spiel gesetzt“, bringt es der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie, Prim. Priv.-Doz. Dr. Vinzenz Smekal, auf den Punkt und fordert Bundesländer und Spitalserhalter auf, sich des Mangels an Fachärzten, etwa bei Anästhesisten und Unfallchirurgen, an- zunehmen. „Wir haben eine drastische Reduktion der OP-Kapazitäten in der Unfallchirurgie. Mindestens ein Drittel aller österreichischen Spitäler ist davon betroffen“, berichtet der ÖGU-Präsident.

Er fordert eine dringende Attraktivierung des Spitalsarzt-Berufes. Kritische Personalstände, hoher Druck und das strenge Arbeitszeitgesetz drän- gen Ärzte immer mehr in den niedergelassenen Bereich, da ein Job in Ordinationen als einfacher und die Bezahlung als deutlich lukrativer emp- funden wird. Ein Umstand, der aus Sicht von Smekal vor allem auf das neue Sonderfach „Orthopädie und Traumatologie“ zutrifft.


Engpässe in der Versorgung von Schwerstverletzten

Bei der Einführung des neuen Sonderfaches „wurden unfallchirurgische Ausbildungsinhalte gekürzt und damit vor allem die Schwerstverletztenversorgung nicht ausreichend abgebil- det. Die ungenügende Entlohnung der extrem herausfordernden Arbeit rund um die Uhr in den Akutspitälern, gepaart mit schlechten Arbeitsbedingungen und einer Überlastung durch Personalknappheit, führt unweigerlich zu schwerwiegenden Engpässen in der Schwerstver- letztenversorgung. Eine Vertiefung der unfallchirurgischen Ausbildung und adäquate Entloh- nungs- und Dienstmodelle für die Akutversorgung schwerstverletzter Patienten könnten Ab- hilfe schaffen. „Die Unfallchirurgie muss für junge Kollegen vertieft erlernbar und mit lohnen- den Perspektiven ausgestattet werden“, fordert ÖGU-Präsident Assoc.-Prof. PD. Dr. Kambiz Sarahrudi.

In der Ausbildung zum Facharzt fehlen zentrale Elemente wie Polytrauma, Bauch- und Brustkorbtrauma oder das Schädel-Hirn-Trauma: Wissen, das in den Schockräumen Österreichs auch in Zukunft täglich gebraucht wird, um Menschenleben zu retten. „Ein konzeptioneller Vorschlag der ÖGU hinsichtlich einer Ausbildungsvertiefung in der Unfallchirurgie im Rahmen des neuen Sonderfaches Orthopädie und Traumatologie wurde bis heute weder von der Ärztekammer noch von der Politik aufgegriffen“, sagt Fachgruppenobmann Dr. Richard Maier.


Wo bleiben die Traumanetzwerke?

Im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) 2017 wurde die Grundstruktur der Traumaversorgung Österreichs im Rahmen von bundeslän- derübergreifenden Traumanetzwerken festgelegt. Nur vereinzelte Projekte konnten bisher realisiert werden. Allerdings fehlt nach wie vor eine über- geordnete, österreichweite politische Anstrengung zur flächendeckenden Umsetzung, abseits von Bundesländergrenzen.

Bei Traumanetzwerken werden durch die Abstimmung verschiedener Unfallabteilungen beziehungsweise Unfallkrankenhäuser entsprechend ihrer jeweiligen Kompetenzen Aufgabenbereiche zugeordnet und damit sichergestellt, dass jeder verunfallte Patient in der für die Behandlung seiner Verletzung optimal geeigneten Krankenanstalt versorgt wird. Durch die Abstufung der Aufgaben ist von der Basisversorgung bis hin zur Schwerst- verletztenbehandlung die optimale Nutzung von fachlicher Kompetenz, vorgehaltenem Personal, Ressourcen- und Kostenoptimierung sicherge- stellt. „Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Überlebensrate von Schwerstverletzten durch die Sicherstellung der Versorgung im bestgeeigneten Zentrum wesentlich steigt“, erklärt ÖGU-Generalsekretär Dr. Andreas Hartmann: „Als Arzt kann ich daher überhaupt nicht verstehen, warum die bundesländerübergreifenden Traumanetzwerke nicht längst flächendeckend Realität sind.“


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Forderungen der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie (ÖGU)


• Länder in der Pflicht: Die Landespolitik ist aufgerufen, korrigierend in die Entwicklungen in ihren Spitälern betreffend Personalaufstockung, OP-Kapazitäten und Attraktivierung des Spitalsarzt-Berufes einzugreifen. Die Unfallversorgung darf nicht kaputtgespart werden!


• Bundesminister Johannes Rauch ist zur Unterstützung aufgerufen: Die Voraussetzungen für die rasche Umsetzung einer Ausbildung in „Vertiefender Unfallchir- urgie“, insbesondere der Schwerstverletztenversorgung, sind im Rahmen des Sonderfaches Orthopädie und Traumatologie zu schaffen.


• ÖSG 2017 endlich umsetzen: Im Sinne einer optimalen Patientenversorgung sind die bereits seit sechs Jahren bestehenden verbindlichen Vorgaben der bun- desländerübergreifenden Traumanetzwerke umgehend zu erfüllen.


• Gefahr im Verzug: Die Politik ist aufgerufen, die unfallchirurgische Versorgung der Österreicher auf höchstem Niveau auch in Zukunft sicherzustellen.