Ordinationsmanagement | Kostenplanung

Den richtigen Standort finden

Eine Ordination lebt von den Patienten, die sie aufsuchen. Doch auch die Anzahl der Mitbewerber ist ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg.

Das Erfassen der Mitbewerber ist nicht weiter schwierig. Die Adressen finden sich ohne große Mühe im Internet. Anders verhält es sich mit den potenziellen Patienten. Die Bevölkerung ist unregelmäßig verteilt und weist auch eine ungleichmäßi- ge Struktur auf. Es gibt Bezirke mit überdurchschnittlich junger und Bezirke mit überdurchschnittlich alter Bevölkerung. Das bedeutet, die Zahl der Einwohner, die innerhalb eines Gebietes das gleiche Merkmal besitzen, wie zum Beispiel Alter, Ge- schlecht, Nationalität, Einkommen oder Familienstand, variiert von Gebiet zu Gebiet. Die Konsequenzen, die sich daraus ableiten lassen, sind teilweise erheblich. Für einen Kinderarzt ist zum Beispiel wesentlich, dass in einem Gebiet eine hohe Zahl von Einwohnern unter 18 Jahren vorhanden ist, wohingegen die Zahl der Pensionisten weniger wichtig ist. Mit der Be- rücksichtigung der Bevölkerungsstruktur sind jedoch noch immer nicht alle Probleme gelöst. Die Bevölkerung verändert sich im Zeitverlauf dynamisch. Es gibt Zu- und Abwanderungen, die Anzahl von Geburten und Todesfällen und die wirt- schaftliche Lage verändern sich – all das hat Einfluss auf den langfristigen, nachhaltigen und wirtschaftlichen Erfolg einer Praxis.


Kaufkraft und Mietpreise

Ein wesentlicher Faktor ist die Kaufkraft. Inwieweit sind die Patienten in der Lage, Leistungen, die nicht von der Kranken- kasse erstattet werden, zu finanzieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der Kaufkraft nicht zwangsläufig auf die Höhe der Ausgaben für Leistungen schließen lässt, sondern lediglich einen Hinweis auf die Möglichkeiten der Bevölke- rung gibt, überhaupt solche Leistungen in Anspruch nehmen zu können.

Der Faktor „Kaufkraft“ kann auch gleichzeitig als Indikator für die für eine Ordination zu bezahlende Miete herangezogen werden. In den „guten“ Bezirken in Wien  mit einer älteren, kaufkräftigeren Klientel sind auch die Mieten bzw. die Preise für Eigentumswohnungen deutlich höher als in aufstrebenden Bezirken. Zu den aufstrebenden Bezirken zählen zum Beispiel Floridsdorf und Donaustadt. Etwa ein Viertel aller Neubau-Wohnungsprojekte in Wien werden in den beiden östlich der Do- nau gelegenen Bezirken realisiert, was einem Volumen von 4.963 neuen Wohneinheiten entspricht. Mit Ausnahme von Meidling belegen bei der Anzahl der Projekte ausschließlich Außenbezirke wie Liesing, Penzing oder Favoriten die folgen- den Plätze. Das besonders starke Bevölkerungswachstum in den Wiener Außenbezirken sorgt für eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum. Dementsprechend wird in den Randbezirken bereits seit Jahren besonders intensiv gebaut. Hots-Spots, die junge Ärzte, die von der eigenen (leistbaren) Ordination träumen, im Auge behalten sollten.


Wechselbereite Patienten

„Die Lage einer Ordination muss nicht perfekt sein“, erzählt Harald Z., ein älterer praktischer Arzt, der knapp vor seinem Ruhestand steht. „Ist der Arzt gut – dann kommen die Patienten auch zu ihm. Die beste Lage nützt einem weniger belieb- ten Arzt nicht, seine Patienten zu behalten“, ist er überzeugt. Dasselbe treffe auch auf die Konkurrenzsituation zu anderen Kollegen zu. „Die meisten Patienten bleiben auch beim Wechsel ihres Arztes in der Region. Weil sie hier wohnen oder hier arbeiten. Sind viele Ärzte in der näheren Umgebung, haben die guten davon die Chance, unzufriedene Patienten zum Wechseln zu bewegen“, so Z., der trotz großem Selbstbewusstsein seinen Namen nicht abgedruckt finden möchte.

Zahlt es sich für einen Arzt aus, mit seiner Ordination in eine Top-Frequenz-Lage in eine Top-Location wie den DC-Tower zu gehen? „Manche Patienten erwarten sich die speziellen Locations – das ist aber die Ausnahme. Das sind Ausreißer“, weiß Immobilienmakler Mag. Thilo Börner aus der Praxis zu berichten. Interessanter hingegen sind Einkaufsstraßen, wie zum Beispiel die Wiener Mariahilfer Straße. Diese steht bei Ärzten hoch im Kurs nicht nur wegen der hohen Frequenz gefragt, sondern auch weil hier mehrere Ambulatorien der GKK ihren Sitz haben.

Arzt als „Umsatzsteuerschädling“

Bei Ordinationen in Lagen mit hoher Frequenz könne man sich bei den Mieten an den üblichen Büromieten orientie- ren. Teurer kommt es, wenn Ärzte die Nähe von Spitälern suchen, sei es, dass sie in diesen Spitälern arbeiten oder auf Überweisungen von den in den Spitälern arbeitenden Kollegen hoffen. „Da klettern die Mieten ganz schnell nach oben, wenn ein Arzt Interesse an einem Objekt bekundet, um dort seine Ordination einzurichten“, so Börner. „In der Regel sind das 20 Prozent plus und mehr zu den inserierten Konditionen. Eher sogar mehr.“ Denn Ärzte gel- ten – und da ist es egal, ob man in der Nähe einer Klinik, in einer Top-Geschäftsstraße oder in einem Neubaugebiet anmietet – als Umsatzsteuerschädling. Der Vermieter muss seit 1. September 2012 bei neuen Mietverträgen für Arztpraxen die Miete netto, also ohne 20 Prozent Umsatzsteuer, ausweisen. In der Regel versucht nun der Vermie- ter, im Gegenzug den Kostennachteil durch den Verlust des Vorsteuerabzuges auf die Miete aufzuschlagen. „Ärz- ten zahlen nun die ehemaligen Brutto-Mieten als umsatzsteuerfreie Netto-Mieten. Dazu kommt dann noch der Lage- zuschlag ‚Krankenhaus‘.“ Rund um das Wiener AKH hatten die Preise bereits vor der Inbetriebnahme angezogen, dasselbe Phänomen sei jetzt auch beim noch nicht einmal fertiggestellten Krankenhaus-Nord zu beobachten. mn 


Standortanalyse


Die richtige Stadt/Gemeinde: Warum in Mitbewerb mit Dutzenden Kollegen treten? Wie sieht es mit der Ärzteversorgung im Bezirk, im Grätzel aus?

Wie ist die Ordination erreichbar? Wie kommen Ihre Mitarbeiter und Ihre Patienten zu Ihrer Ordi- nation? Gibt es genügend Parkplätze in fußläufiger Entfernung?

Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr: Wie weit sind Bus- oder Bahnhaltestelle entfernt?

Umfeld: Welcher Patient geht schon gerne zum Arzt? Lässt sich ein Besuch in Ihrer Ordination mit einem Einkauf verbinden? Ist zum Beispiel eine Einkaufsstraße, ein Shoppingcenter oder eine Bankfi- liale in der näheren Umgebung?

Attraktive Lage mit hoher Frequenz: Denken Sie an Ihr Arztschild im Eingangsbereich. Wie viele Personen pro Tag kommen daran auf ihrem Weg zum Arbeitsplatz oder beim Shoppen vorbei? Das kann unter Umständen für einen regen Zulauf sorgen.

Repräsentativität: Wie stark legen Ihre Patienten auf eine repräsentative Immobilie Wert, in der sich die Ordination befindet? Muss es unbedingt ein Jugendstilhaus oder ein Gründerzeithaus mit Stuck ohne Ende sein – oder darf es auch ein Neubau sein?

Flächeneffizienz: Rechnen Sie einmal aus, wie viele Quadratmeter der Gesamtfläche wirklich für Empfang, Wartezimmer und Behandlungsraum zur Verfügung stehen und was für Vorzimmer, Teekü- che & Co an Fläche verlorengeht.

Flexible Raumkonzepte: Gibt es genug Reserveflächen – zum Beispiel für einen Kollegen? Wie fle- xibel lässt sich der Ordinationsquerschnitt gestalten, um mehr Flächeneffizienz zu erreichen?

Barrierefreie Zugänglichkeit: Wie sieht es mit dem barrierefreien Zugang aus?

Energieeffizienz: Wie alt sind Heizungskessel und -pumpen in dem Gebäude? Wie gut sind die Fenster? Stammen diese noch aus den 1970ern oder sind sie gar noch älter? Dann sollten Sie die An- lage zumindest überprüfen und optimal einstellen lassen. Sind Sie bereit, in neue Heiztechnik zu in- vestieren? Anlagen, die erneuerbare Energien nutzen, werden staatlich gefördert. Das bringt Ihnen eine zusätzliche Ersparnis.

Konkurrenzsituation: Wie viele Ärzte sind im Umfeld tätig (Ärztedichte)? Gibt es Gruppenpraxen? Wie sieht es mit der Spezialisierung, den Fachgebieten, der Kollegen aus? Welcher Altersgruppe ge- hören diese Ärzte an? Stehen Neueröffnungen an?

Zuweiser und Partner: Welche Spitäler, Laboratorien, Röntgeninstitute oder Apotheken sind im Umfeld?