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Erstmals ist ein gemeinsames Positionspapier zu Herzinsuffizienz und Diabetes erschienen.
Untersuchungen zeigen, dass bei fast einem Drittel aller Diabetespatienten eine Herzinsuffizienz vorliegt. Die Dunkelziffer ist hoch. Umgekehrt ist die Herzinsuffizienz mit einer schlechten Stoffwechsellage verbunden: In entsprechenden Studien haben 30 bis 40 % aller Herzpatienten bereits einen Prädiabetes oder manifesten Diabetes Typ 2. Um auf die Häufigkeit und das zuweilen tödliche Zusammenspiel dieser Erkrankungen ver- mehrt aufmerksam zu machen, haben die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ein erstes gemeinsames Positionspapier herausgegeben. Dieses soll Ärzte für die Krankheitsbilder sensibilisieren und auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, die Betroffenen beider Erkrankungen regelmäßigen Untersuchungen zu unterziehen und interdisziplinär zu therapieren.
Hochrisikopatienten frühzeitig identifizieren
„Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz gehen ein häufiges, oft unterschätztes und mitunter tödliches Wechselspiel ein“, sagt Univ.-Prof. Dr. Tho- mas Forst, 1. Vorsitzender der Arge „Diabetes & Herz“ der DDG. Die Sterblichkeit durch kardiovaskuläre Vorfälle ist um 50 bis 90 % erhöht. „Umso wichtiger ist es, diese Hochrisikopatienten frühzeitig zu identifizieren und ihre Lebenserwartung durch eine differenzierte Therapie zu verbessern“, so der Internist. Das erste gemeinsame Positionspapier der beiden Fachgesellschaften DDG und DGK fasst die wissenschaftlich aktuelle Datenla- ge zu beiden Erkrankungsbildern kompakt zusammen. Zudem gibt es Empfehlungen für behandelnde Kardiologen und Diabetologen, was bei Diagnose und Therapie zu beachten ist.
Patienten mit Diabetes mellitus sind bis zu fünfmal häufiger von Herzinsuffizienz betroffen als Stoffwechselgesunde – auch bereits in jüngerem Le- bensalter. Hinzu kommt, dass die sogenannte diastolische Herzinsuffizienz (HFpEF) meist klinisch unauffällig ist. „Es ist daher davon auszugehen, dass die Diagnose dieser Form der Herzinsuffizienz bei Menschen mit Diabetes viel zu selten gestellt wird und dass es eine hohe Dunkelziffer von bereits Betroffenen gibt“, erklärt die Erstautorin des Positionspapiers Priv.-Doz. Dr. Katharina Schütt, Sprecherin der DGK-Arbeitsgruppe „Herz und Diabetes“. „Wenn der oder die Betroffene symptomatisch ist, kann eine solche Dysfunktion mittels Echokardiografie ermittelt werden.“ Entspre- chend findet sich die Empfehlung im Positionspapier, bei Diabetespatienten regelmäßig nach den Symptomen einer Herzinsuffizienz zu fragen. Umgekehrt haben Herzinsuffizienz-Patienten ein signifikant erhöhtes Risiko, einen Diabetes mellitus Typ 2 zu entwickeln. „Auch hier empfehlen wir dringend regelmäßige Diabetes-Screenings, bei denen der Glukose- und HbA1c-Wert gemessen und gegebenenfalls noch der oGTT ermittelt wird“, so Univ.-Prof Dr. Dirk Müller-Wieland, Sprecher des fachübergreifenden DDG Ausschusses „Herz, Diabetes & Hormone der DDG, DGE & DGK“.
Der enge Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und Diabetes lässt sich durch eine Gesamtstörung des Stoffwechsels inklusive der Ver- schlechterung der arteriellen und koronaren Beschaffenheit erklären. So verstärkt ein dauerhaft zu hoher Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) chroni- sche Entzündungsprozesse in den Gefäßen. Zwar pumpt das Herz dann noch normal, aber die Gefäßwände werden steif und das Herz füllt sich nicht mehr mit ausreichend Blut, was eine Herzinsuffizienz auslöst. Umgekehrt werden durch eine Herzinsuffizienz diabetische Prozesse eingelei- tet, die den Glukosestoffwechsel erhöhen und eine Insulinresistenz bewirken. „Bei einer Herzinsuffizienz überlebt jeder fünfte Betroffene nach der ersten stationären Einweisung keine zwölf Monate. Wird es zu spät erkannt oder unterschätzt, endet es oft tödlich“, gibt Schütt zu bedenken.
Neben diagnostischen Empfehlungen gibt das Positionspapier auch Therapieratschläge. So sind bei einer Herzinsuffizienz aktuell SGLT-2-Inhibitoren die bevorzugte antidiabetische Stra- tegie. Sie verhindern häufiger unerwünschte kardiovaskuläre Vorfälle und damit verbundene Krankenhausaufenthalte und reduzieren somit auch das Sterberisiko. Gleichzeitig schützen sie vor Nierenschäden, die bei diesen Patienten ebenfalls häufig auftreten. „Um den Teufels- kreis zwischen Diabetes und Herzinsuffizienz zu unterbrechen, ist es besonders wichtig, den Stoffwechsel stabil bei einem HbA1c-Wert von 7 % zu halten“, so Forst.
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