Praxis | Finanzierung 

Finanzplanung

in der Ordination

FOTOS: ZVG, ISTOCKPHOTO/ XP3RT5

Die Gründung und der spätere erfolgreiche Betrieb einer Arztpraxis setzen eine detaillierte Finanzierungsplanung voraus.

AUTORIN:

Mag. Iris Kraft-Kinz

Steuerberaterin, Unternehmensberaterin MEDplan

iris.kraft-kinz@medplan.at

www.medplan.at

Wer wäre nicht gerne sein eigener Chef? So verlockend das auch klingen mag, damit sind auch etliche Herausforderungen verbunden. Schließlich sollte ein selbstständiger Arzt neben medizinischer Expertise auch über betriebswirtschaftliches Know-how verfügen.


Wie viel Kapital wird benötigt?

Eine der ersten Überlegungen in Richtung Selbstständigkeit sollte die Erhebung des Kapitalbedarfs sein. Dabei sollte man sich die folgenden Fra- gen stellen:

• Was soll gegründet werden, eine Wahlarzt- oder Kassenordination?

• Wie hoch ist die Ablöse, die bezahlt werden muss?

• Werden Ordinationsräume angemietet oder soll eine Immobilie gekauft werden?

• Welche medizinischen Geräte werden benötigt?

• Welche Hard- und Software ist für den Ordinationsbetrieb erforderlich?

• Wie hoch soll der finanzielle Puffer auf der Seite sein?


Wie wird der Kapitalbedarf gedeckt?

Der konkrete Kapitalbedarf ist der Grundstein für alle künftigen Überlegungen. In ei- nem ersten Schritt gilt es zu überlegen, wie dieser gedeckt werden kann. Ist etwa ausreichend Eigenkapital vorhanden? Dazu zählen Bar- und Sachvermögen, Bank- guthaben, Wertpapierstände oder Schenkungen.


Förderungen evaluieren

Da auch Förderungen zum Eigenmittelstand gehören können, lohnt sich die Ausein- andersetzung mit diesem Thema ganz besonders. Von großem Interesse sind hier Standortförderungen, die etwa von der Gebietskrankenkasse erteilt werden. Infor- mationen finden sich hier auf der Website der Ärztekammer. Spezielle Fördermodel- le bieten auch Gemeinden an. Informationen hierzu liefern ebenfalls die zuständige Ärztekammer oder die jeweilige Gemeinde. Neben diesen Fördermaßnahmen kom- men für Sie aktuell noch weitere Programme in Betracht:

• Digitalisierungsförderung für Digitalisierungsprojekte wie Software

• Förderung für Barrierefreiheit

• „Geschäftsbelebung Jetzt!“ – damit werden Unternehmen unterstützt, die in leer- stehende Erdgeschoß-Geschäftslokale ziehen.


Finanzierungsbedarf

Ziehen Sie nun Ihre Eigenmittel vom Kapitalbedarf ab, um Ihren Finanzierungsbe- darf – also die konkrete Höhe an Fremdmitteln, die Sie bei der Bank aufnehmen müssen, zu ermitteln. Bei einer Fremdfinanzierung sollte darauf geachtet werden,

dass langfristige Investitionen auch durch langfristige Kredite gedeckt werden und nicht über das Kontokorrentkonto. Kontokorrentkredite dienen primär zur Deckung des laufenden Betriebsmittelbedarfs, zum Beispiel für Steuer- und Gehaltszahlungen. Die Höhe des Rahmens sollte jedenfalls sorgfältig gewählt werden, da die Banken nicht nur Zinsen für die tatsächliche Inanspruchnahme des Kredites berechnen, sondern auch für die Bereitstellung Gebühren verlangen.


Finanzierungsplan

Beim Vergleich von konkreten Kreditangeboten sind die Kreditlaufzeit und der Zinssatz die we- sentlichen Vertragspunkte. Dabei muss berücksichtigt werden, dass eine längere Kreditlaufzeit zwar die laufende Belastung verringert, allerdings dazu führt, dass sowohl der Zinsanteil als auch die Gesamtbelastung steigen. Die Verzinsung stellt den Preis des Kredites dar. Freilich müssen hier auch Spesen und Gebühren, Bereitstellungsprovisionen, Buchungsgebühren etc. berücksichtigt werden. Zielführend ist es, die Effektivverzinsung, das sind die Zinsen inklusive Nebengebühren, zu ermitteln, um Kreditkonditionen aussagekräftig miteinander vergleichen zu können.


Businessplan als Voraussetzung

Unabdingbar für das Gespräch mit einer Bank ist ein Businessplan. Dabei handelt es sich um ein Management-Tool, mit dem Unternehmensgründer, und damit auch angehende niedergelas- sene Ärzte, ihre Vorhaben für sich und andere zu Papier bringen bzw. konkret in Zahlen gießen. Gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten fordern Banken auch von Ärzten ein hieb- und stich- festes Ideen- und Umsetzungskonzept. Schließlich wollen sie evaluieren, ob mit der Praxis genü- gend Geld erwirtschaftet werden kann, um ein Darlehen zu bedienen. Mehr denn je erkundigen

sich die Banken auch nach zusätzlichen Sicherhei- ten. Unter Abwägung aller Chancen und Risiken listet ein Businessplan die zu erwartenden Einnah- men sowie die Kosten des laufenden Betriebs und die notwendigen Investitionsaufwendungen auf.

Businesspläne helfen nicht nur dem Geldinstitut, seine Kreditkunden besser einzuschätzen und ein positives Rating zu erstellen. Sie helfen auch Ärz- ten, bestehende Risiken zu erkennen und auszuschließen.


Immer gut bei Kasse: der Liquiditäts- und Er- folgsplan

Steht die Finanzierung, dann empfiehlt es sich, ge- rade in der Startphase der Ordination Erträge, Kos- ten und Liquidität noch detaillierter zu planen, um nicht in finanzielle Bedrängnis zu geraten. Kassen- ärzte müssen beispielsweise berücksichtigen, dass die Gesundheitskasse mit einem Quartal Ver- zögerung zahlt – diesen Zeitraum gilt es finanziell zu überbrücken.

Auch mit der Steuer- und Sozialversicherungspla- nung sollte sich ein niedergelassener Arzt be- schäftigen. Schließlich beeinflusst das Zahlen von Steuern (Voraus- und Nachzahlungen) und Sozial- versicherungsbeiträgen die Liquidität maßgeblich. Und einer kostspieligen Überziehung des verein- barten Kontokorrentrahmens ist abzuraten.

Fest steht jedenfalls: Je genauer und engmaschi- ger die Finanzierung der Ordination geplant wird, desto mehr Sicherheit haben Sie. Außerdem kann so die Verhandlungsposition gegenüber den Ban- ken entscheidend verbessert werden. Wir empfeh- len jedenfalls, das Thema Finanzierung mit einem Berater des Vertrauens strategisch anzugehen – um sich so die besten Voraussetzungen für einen gelungenen Start in die Selbstständigkeit zu schaffen.