MEDIZIN | Neurodermitis

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Krankheitsgedächtnis der Haut

Bestimmte Gedächtniszellen in der Haut könnten die Ursache dafür sein, warum Neurodermitis im- mer wieder zurückkehrt.

Forscher der Meduni Wien und des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin GmbH konnten zeigen, dass sich bestimmte Populationen von Immunzellen in der Haut von Neurodermitis-Betroffenen festsetzen und auch nach einjähriger erfolgreicher Therapie noch vorhanden sind.


Neurodermitis und Allergien

Die atopische Dermatitis stellt derzeit die häufigste chronisch-entzündliche Hautkrankheit dar. Sie beginnt üblicherweise im frühen Kindesalter und kann mit Nahrungsmittelallergien, Heuschnupfen und allergischem Asthma einhergehen. Zwar verschwindet die Erkrankung bei vielen Betroffenen bereits wieder im späten Kindes- oder frühen Erwachsenenalter, ein nicht unbeträchtlicher Anteil jedoch leidet ein Leben lang an dieser stark ju- ckenden Hautkrankheit. Bei diesen Patienten gibt es zwar eine Reihe von Therapiemöglichkeiten, um die Hautsymptome zu lindern oder auch zur Abheilung zu bringen, jedoch kehrt die atopische Dermatitis üblicherweise sehr bald nach Therapieende wieder zurück.

Forscher der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien und des CeMM konnten zeigen, dass sich bestimmte Populationen von Immun- zellen in der Haut von Neurodermitikern festsetzen und diese auch nach einjähriger erfolgreicher Therapie nicht eliminiert werden. Diese Zellen, die zur Gruppe der dendritischen Zellen und T-Helferzellen gehören, sind durch die Produktion bestimmter Entzündungsbotenstoffe charakterisiert, wodurch die Aktivität der Neurodermitis befeuert wird.

In der im Journal Science Immunology veröffentlichten Studie untersuchten die Autoren Hautproben von Patienten, deren Hautveränderungen un- ter einer Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Dupilumab, der den Interleukin-4 Rezeptor blockiert, komplett abgeheilt waren. Trotz der er- folgreichen Therapie waren bestimmte Entzündungszellen, nämlich die genannten dendritischen und T-Helfer-Gedächtniszellen, noch immer nach- weisbar. Interessanterweise waren diese Zellen bei gesunden Probanden nicht zu finden.


Entzündungssignale nicht nur in der Haut

„Der Umstand, dass diese Zellen in gesunder Haut offenbar nicht vorkommen, macht diese zu einem attraktiven Ziel für neue Therapieansätze, die möglicherweise über die aktive Therapie hinaus zu einer längerfristigen Abheilung dieser Hautkrankheit führen könnten“, erklärt Assoc.-Prof. PD Patrick M. Brunner, MD, MSc. Besonders die sogenannten Th2A-Zellen, die auch bei Allergikern im Blut auftreten und nach erfolgreicher Immun- therapie verschwinden, sind hier von besonderem Interesse. Diese Zellen tragen bestimmte Rezeptoren an ihrer Oberfläche, die es ihnen ermögli- chen, rasch auf Entzündungsreize zu reagieren, die für Krankheiten des atopischen Formenkreises (atopische Dermatitis, Asthma, allergische Rhi- nitis) typisch sind. Diese Zellen könnten auch dazu beitragen, dass die atopische Dermatitis bei einem Teil der Patienten während der Adoleszenz spontan verschwindet, bei anderen jedoch ein Leben lang bestehen bleibt. Interessanterweise waren erhöhte Entzündungssignale nicht nur in der Haut, sondern auch im Blut von erfolgreich behandelten Patienten nachweisbar. „Dieses Resultat zeigt uns, dass Patienten mit schwerer Neuroder- mitis trotz Erscheinungsfreiheit aufgrund erfolgreicher Therapie auch eine systemische Beteiligung aufweisen“, ergänzt Dermatologin Dr. Christine Bangert.


rh