Das perfekte Zuhause bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Für den einen ist die gestylte Dachwohnung mit Blick über die Stadt das Non-Plus-Ultra, für den anderen ein altes Bauernhaus am Land oder die Stadtvilla mit parkähnlichem Garten.
Für viele Städter übt ein kleiner eigener Nutzgarten den ganz besonders großen Reiz aus – ein Trend, der schon seit eini- ger Zeit zu beobachten ist. Kein Wunder also, dass neben Mansarden- oder Penthouse-Garten-Wohnungen mittlerweile auch Wohnungen im Parterre mit Garten zu den Filetstücken jeder Immobilie zählen. Wegen der hohen Nachfrage ziehen die Preise an. Wo immer es geht, werden bei Neubauprojekten oder großen Sanierungsprojekten Wohnungen mit Eigen- gärten errichtet, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich dabei um Projekte für Investoren oder für Eigennutzer handelt.
Sei es beim BUWOG-Projekt Pfarrwiesengasse im 19. Bezirk oder beim Projekt Carré Schaumburg von Breiteneder Immo- bilien im 4. Bezirk nahe der Wiedner Hauptstraße – mit Eigengärten lassen sich auch weniger gute Lagen aufwerten, wo- bei das gesamt Haus davon profitiert. Bei Sanierungsprojekten werden, um Platz für Gärten oder Stadtvillen zu schaffen, die Hinterhäuser abgerissen. Für die stehenbleibende Alt-Substanz bedeutet dies bessere Lichtverhältnisse.
Was das Grün kostet
Doch wie sieht es mit den Kosten aus? „Als Faustregel gilt: Ein Quadratmeter Terrasse kostet um die Hälfte weniger als Wohnraum. Dieser Ansatz gilt auch für den Garten, sofern die Wohnung ebenerdig ist und eine Straßenfront hat. Bei Gar- tenwohnungen im Innenhof ohne den Nachteil einer Straßenfront steigen die Preise um rund fünf bis zehn Prozent“, weiß Immobilienmakler Mag. Thilo Börner aus der Praxis zu berichten. Börner bringt einen weiteren Vorteil ins Treffen. „Durch die Anlage eines Gartens verbessert sich auch das Mikroklima. In der Regel wird eine zubetonierte, staubige Fläche durch Rasen ersetzt. Gleichzeitig werden allgemeine Flächen zu einer der Wohnung zugeordneten Fläche. Das heißt, die Be- triebskosten für alle Eigentümer bzw. Mieter werden gesenkt.“
Der reine Ziergarten scheint passé. Der Hit sind aktuell möglichst harmonisch integrierte kleine Gemüsegärten. Mediterra- ne Kräuter in Terrassennähe liefern griffbereit Zutaten für Küchenkreationen und verbreiten guten Duft. Die Freude, Früchte beim Wachsen und Reifen zu beobachten, steht dabei im Mittelpunkt. Familien mit Kindern zeigen ihrem Nachwuchs ganz nebenbei, dass ein Salatkopf in der Erde und nicht im Supermarktregal wächst – zudem ist er bei entsprechender Farb- wahl auch noch dekorativ. Für die einen ist die Gartenarbeit eine liebgewonnene Freizeitbeschäftigung, die anderen trauen der Lebensmittelindustrie nicht mehr und werden daher zu Selbstversorgern. Kartoffeln, Salat, Tomaten, Erdbeeren, Äpfel und Kräuter werden im eigenen Garten angebaut. Urban Gardening ist der Trend in Metropolen auf der ganzen Welt: Er beschreibt das Gärtnern in der Stadt, sei es auf dem eigenen Balkon, im eigenen kleinen Garten oder in Gemeinschafts- gärten.
Renaissance des Schrebergartens
Das österreichische „Urban Gardening“ heißt Schrebergarten – heute würde man ihn wohl modern als „Gated Community“ bezeichnen. Lange Inbegriff der Spießigkeit, hat er in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Die Erbengeneration hat das Zepter übernommen. Die Folge: Das Durchschnittsalter der Pächter in Kleingartenanlagen sinkt. Inzwischen gibt es vielfach lange Wartelisten für die Parzellen, die vor allem bei jungen Familien mit Kindern auf wachsende Begeisterung sto- ßen. Dieser Run auf Parzellen in Kleingartenanlagen – mitunter haben diese Parzellen durchaus respektable Größen und Preise – hat vielen Anlagen nicht gutgetan. Viele der kleinen Schrebergartenhütten mussten gesichtslosen, den Bauraum optimal ausnützenden Zweckbauten weichen.
Auch wenn das Wohnen im Erdgeschoß nicht nur Vorteile bietet – und nicht jedermanns Sache ist: Keine Treppen – das ist zweifellos das große Plus. Familien mit kleinen Kindern, Haustierbesitzer und Senioren wissen das zu schätzen. Selbst wenn noch ein paar Stufen zur Wohnung zu überwinden sind, lässt sich in der Regel mit wenig Aufwand ein vollkommen barrierefreier Zugang schaffen, der sogar für Rollstuhlfahrer geeignet ist. Aufgrund der demografischen Entwicklung kann man verstärkt damit rechnen, dass sich Käufer und Mieter zukünftig verstärkt für Erdgeschoßwohnungen interessieren wer- den.
Leben im Freien
Wo viel Licht ist, ist viel Schatten. Tatsächlich muss man im Erdgeschoß – vor allem in Altbauten – mit höheren Heizkosten rechnen, wenn der Fußboden zum Keller nicht genügend gedämmt ist. Die direkte Straßenlage kann den Wohnwert min- dern, weil sie Lärm und eingeschränkte Privatsphäre mit sich bringt, wird aber durch das Plus des Gartens mehr als wett- gemacht. Denn der Garten lässt Nutzungen zu, die mit einer normalen Wohnung nicht zu erzielen sind: Grillen, Kochen und Essen unter freiem Himmel zum Beispiel, ein Trend, der bereits mehrere Jahre anhält und im eigenen Garten jederzeit problemlos möglich ist. In geselliger Runde das gemeinsame Essen an der frischen Luft zuzubereiten und bis in die spä- ten Abendstunden gemütlich zusammenzusitzen ist Erholung pur. Mit individuellen, auf die Bedürfnisse des Gartenbesit- zers ausgerichteten Kochgelegenheiten verlagert sich das Leben während der warmen Gartensaison nach draußen. Dies haben die Küchenhersteller längst erkannt und haben immer größere und ausgereiftere Grills in ihrem Angebot. In wirklich großen Gärten hat dann auch schon einmal eine hochwertige Outdoor-Küche Platz.
Es stimmt auch, dass etwas weniger Licht in die Wohnung gelangt als in den oberen Stockwerken. Falsch ist jedoch, dass Parterrewohnungen grundsätzlich stärker von Einbruch bedroht sind als andere Wohnungen. Unbeobachtete Wohnungstü- ren in höheren Stockwerken werden sogar öfter aufgebrochen. Wer sich allerdings für ein Mietobjekt entscheidet, sollte be- denken, dass die Gartenfläche nicht in ihrer Größe verändert und nach eigenen Vorstellungen gestaltet werden kann. Mie- ter sollten zudem auf die Regelungen zur Gartenpflege im Mietvertrag achten – hier ist festgehalten, welche Tätigkeiten der Mieter auszuführen hat. mn ■