MEDIZINPRODUKTE | Point-of-Care 

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Point-of-Care- Technologien in CED

Von den laborchemischen Analysen bis zu bildgebenden Verfahren hat Point-of-Care (POCT) in den letzten Jahren eine zuneh- mende Bedeutung in der medizinischen

Versorgung gewonnen.

AUTOREN:

Dr. Marco Franzoi,

Prim. Dr. Hans Peter Gröchenig

Abteilung für Innere Medizin

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder

St. Veit/Glan

www.barmherzige-brueder.at

Point-of-Care-Technologien stellen sich nicht nur als Eck- pfeiler der Erstdiagnose, sondern auch in der kontinuierli- chen Kontrolle und Anpassung der Therapien dar, wo- durch eine bessere Kontrolle der Krankheitsaktivität er- zielt werden kann.

POCT kommen auch im Bereich von chronisch entzündli- chen Darmerkrankungen immer häufiger zum Einsatz,

um zum Beispiel die Krankheitsaktivität im Verlauf zu kontrollieren. Die engmaschige Überwachung, auch „Tight Control“ genannt, ist von zuneh- mender Bedeutung. Eine fehlende regelmäßige und gezielte Therapiekontrolle und Anpassung würde im Rahmen des progressiven Verlaufs dieser Erkrankungen zu irreversiblen Langzeitkomplikationen führen.


C-reaktives-Protein (CRP)

CRP gilt als eines der wichtigsten Proteine bei akuter Entzündung und stellt einen der wichtigsten Laborparameter in der Alltagspraxis dar, nicht zuletzt wegen seiner geringen Kosten, guten Korrelation mit der Krankheitsaktivität und Verfügbarkeit. Obwohl CRP kein spezifischer Marker für Darmerkrankungen ist, kann dieser Parameter als Spiegel des Schwergrades und der Aktivität während des gesamten Krankheitsverlaufs gemes- sen werden.

Der Zusammenhang zwischen CRP-Spiegel und Krankheitsverlauf korreliert nicht nur mit der Diagnose und dem Schwergrad der Erkrankung. In einer Post-hoc-Analyse der ACCENT1-Studie1 konnte gezeigt werden, dass Patienten mit CRP-Spiegeln unter 5 mg/dL in Woche 14 eher in der Lage waren, eine langfristige Entzündungskontrolle aufrechtzuerhalten, im Vergleich zu Patienten mit Werten über 5 mg/dL. CRP wurde auch ver- wendet, um das Risiko eines Rückfalls nach dem Absetzen der Behandlung vorherzusagen.

Aus Sicht der Point-of-Care-Technologie gibt es immer mehr Möglichkeiten, den CRP-Wert nun auch in Selbstmessungen zu Hause (ähnlich wie bei Blutzuckermessungen) zu dokumentieren und somit eine engmaschigere Kontrolle der Entzündungsprozesse zu ermöglichen. Ein Eingang in die breite klinische Routine steht knapp bevor.


Fäkales Calprotectin

Das fäkale Calprotectin (FC) ist ein Calcium-bindendes Protein, das ursprünglich 1980 aus Granulozyten isoliert wurde. Dieses Protein ist gegen bakteriellen Abbau resistent und bleibt bis zu einer Woche bei Raumtemperatur in Stuhlproben stabil. Da die Stuhlprobenbestimmung nicht invasiv ist, stellt die Detektion von Calprotectin eine äußerst wertvolle Methode dar, um Entzündungsprozesse im Verdauungstrakt zu analysieren.

Eine Metaanalyse von Freeman et al.2 untersuchte den Einsatz von fäkalem Calprotectin zur Diagnose von chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen durch verschiedene Messmethoden: ELISA, Fluoreszenz-Enzymimmunoassay und Quantum-Blue-Point-of-Care-Test (POCT). Die Empfind- lichkeit der verschiedenen Tests lag zwischen 85 % und 94 %, die Spezifität zwischen 67 % und 88 %.

In neuerer Zeit sind FC-Tests für zu Hause erhältlich, die es Patienten ermöglichen, ihre FC-Werte selbstständig zu messen und die Ergebnisse digital an den betreuenden Arzt zu übermitteln. Hierbei sammeln Patienten Stuhlproben und extrahieren Calprotectin mit ei- nem Extraktionskit und einer herstellerspezifischen Testkassette. Mittels eines Smartpho- nes und einer speziellen App können Patienten dann unmittelbar nach der Stuhlentnahme semiquantitative FC-Messungen zu Hause durchführen, indem sie den Teststreifen fotogra- fieren. Dies bietet signifikante Vorteile für die Fernüberwachung und kann die Abneigung der Patienten gegenüber Stuhltests überwinden. Mehrere verfügbare Heimtests zeigen eine vergleichbare und akzeptable Übereinstimmung mit dem begleitenden ELISA für FC- Werte <500 mg/g, die in der klinischen Praxis als ausreichend zur Erkennung einer aktiven Krankheit gelten. Allerdings gibt es eine hohe Variabilität zwischen den verfügbaren Heim- tests. Daher ist es entscheidend, denselben Hersteller für den Heimtest und den begleiten- den ELISA zu verwenden, um falsche Interpretationen von FC-Änderungen zu vermeiden.


Medikamentenspiegel

In den letzten beiden Jahrzehnten haben moderne Antikörpertherapien die Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) revolutioniert. Monoklonale Antikörper gegen Tumornekrosefaktor (TNF) wie Infliximab, Adalimumab und Golimumab wurden weltweit zur Behandlung der Induk- tion und Aufrechterhaltung von mäßig bis schwer aktivem Morbus Crohn und bei Colitis ulcerosa zugelassen. Viele Studienergebnisse deuten dar- auf hin, dass höhere Serumkonzentrationen von Anti-TNF-Antikörpern bei Patienten mit IBD mit erhöhten Ansprechraten auf die Behandlung und endoskopischer Heilung (früher als „mukosale Heilung“ bezeichnet), reduzierten Rückfallraten, Hospitalisierungen und Operationen, verbesserter Lebensqualität und einem verringerten Komplikationsrisiko assoziiert sind.

Etwa ein Drittel der Patienten mit IBD spricht jedoch nicht auf Anti-TNF-Therapien während der Induktionsphase (acht bis zwölf Wochen) an und zusätzlich verlieren 20 bis 40 % der anfänglichen Ansprecher im Laufe der Zeit ihre Wirkung. Auf diesen Grund stellt das moderne Medikamenten- monitoring eine wichtige Zusatznutzen dar. Dieses ermöglicht durch den Einsatz von POCT die Identifizierung von Patienten, die von einer Anpas- sung der Antikörperdosis profitieren könnten, im Vergleich zu denen, die zu einem anderen Medikament innerhalb oder außerhalb der Klasse wechseln müssen.

Zwei prospektive klinische Studien (TAILORIX und TAXIT)3,4 untersuchten die proaktive Wirkspiegelbestimmung von Infliximab bei Morbus Crohn während der Erhaltungstherapie. Die Ergebnisse führten zu einem signifikant höheren Anteil von Patienten mit Remission bei Morbus Crohn als vor der Dosiserhöhung (88 % gegenüber 65 %) und einer signifikanten Abnahme der medianen Konzentration von C-reaktivem Protein (CRP) im Serum.

Punktuelle Tests, die in der klinischen Umgebung oder zu Hause durchgeführt werden, er- möglichen den Patienten eine größere Bequemlichkeit und eine potenziell schnelle Ent- scheidungsfindung. Die Technologie in diesem Bereich entwickelt sich rasch weiter. Wäh- rend die ersten Point-of-Care-Tests eine Separation von Serum erforderten (und daher eine Probenvorbereitung notwendig machten), können aktuelle Tests ganze Blutproben verar- beiten. Eine kürzlich durchgeführte Studie beschrieb den Einsatz von Heimtests für ver- schiedene Medikamente wie Adalimumab, Infliximab, Ustekinumab und Vedolizumab.5


Darmultraschall

Ultraschall wird als kostengünstige Methode betrachtet. Die Darmsonografie ermöglicht die Erkennung von Komplikationen mit einer insgesamt ähnlichen Genauigkeit wie die Computertomografie und die Magnetresonanzenterografie. Strikturen werden in der Regel als Verengung des Lumens mit prästenotischer Dilatation definiert. Abszesse und entzünd- liche Massen stellen sich als lokale hypoechogene Massen mit oder ohne gasförmigem In-

halt dar. Zusätzlich ist die intravenöse kontrastverstärkte Ultraschalluntersuchung mit Mikrobläschen eine kostengünstige und sichere Technik, um entzündliche Darmabschnitte von Abszessen zu unterscheiden.

Obwohl der Darmultraschall als patientenfreundliches, rasch verfügbares, kostengünstiges, zuverlässiges, und nicht-ionisierendes Verfahren be- trachtet wird, hängt die Qualität der Untersuchung stark von der Erfahrung des Untersuchers ab.


Conclusio

Die Symptome von CED können von Patienten zu Patienten sehr unterschiedlich sein und von milden Bauchschmerzen und Durchfall bis hin zu schweren Komplikationen wie Darm- verschluss oder Blutungen reichen. Da die Symptome von CED-Patienten variieren kön- nen, ist es wichtig, ihre Behandlung und Fortschritte genau zu überwachen, um sicherzu- stellen, dass sie optimal betreut werden.

Traditionell wurden CED-Patienten regelmäßig in Kliniken und Labors überwacht, was oft zeitaufwendig und kostspielig ist. Point-of-Care-Analysen haben diese Überwachung je- doch revolutioniert, indem sie Ärzten ermöglichen, medizinische Tests direkt in der Praxis durchzuführen bzw. diese auch bereits selbstständig vom Patienten im Heimtest (CRP, Cal- protectin) erfolgen können. Ein wichtiger Vorteil von Point-of-Care-Analysen ist, dass sie in der Lage sind, Ergebnisse in Echtzeit zu liefern, was Ärzten hilft, schnellere Entscheidun-

gen über die Behandlung ihrer Patienten zu treffen. Darüber hinaus sind Point-of-Care-Tests in der Regel einfach zu bedienen und erfordern nur minimale Schulungen, was sie zu einer praktischen und effektiven Option für die Überwachung von CED-Patienten macht.

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QUELLEN:

1. Reinisch W, Wang Y, Oddens BJ, Link R. C-reactive protein, an indicator for maintained response or remission to infliximab in patients with Crohn’s disease: a post-hoc analysis from ACCENT I. Aliment Pharmacol Ther. 2012 Mar;35(5):568–76.

2. Freeman K, Willis BH, Fraser H, Taylor-Phillips S, Clarke A. Faecal calprotectin to detect inflammatory bowel disease: a systematic review and exploratory meta-analysis of test accuracy. BMJ Open. 2019 Mar 8;9(3):e027428.

3. Vande Casteele N, Ferrante M, Van Assche G, Ballet V, Compernolle G, Van Steen K, et al. Trough Concentrations of Infliximab Guide Dosing for Patients With Inflammatory Bowel Disease. Gastroenterology. 2015 Jun;148(7):1320-1329.e3.

4. D’Haens G, Vermeire S, Lambrecht G, Baert F, Bossuyt P, Pariente B, et al. Increasing Infliximab Dose Based on Symptoms, Biomarkers, and Serum Drug Concentrations Does Not Increase Clinical, Endoscopic, and Corticosteroid-Free Remission in Patients With Active Luminal Crohn’s Disease. Gastroenterology. 2018 Apr;154(5):1343-1351.e1.

5. Chee D, Nice R, Hamilton B, Jones E, Hawkins S, Redstone C, et al. Patient-led Remote IntraCapillary pharmacoKinetic Sampling (finger- PRICKS) for Therapeutic Drug Monitoring in patients with Inflammatory Bowel Disease. J Crohns Colitis. 2022 Feb 23;16(2):190–8.