Kardiologie | Risikofaktoren Herzinfarkt
FotoS: Hansi Weissensteiner, kronenberg
Häufige Lp(a)- Genmutation
reduziert Herzinfarktrisiko
In einer schwer sequenzierbaren Region des LPA-Gens konnte eine häufige Mutation ent- deckt werden, die bereits 10 % der Lp(a)-Kon- zentrationen erklärt und vor kardiovaskulären Erkrankungen schützt. Sie ist die Mutation mit dem wahrscheinlich größten Einfluss auf Lipo- protein(a) in der Bevölkerung.
Lipoprotein(a) ist ein Bestandteil der Blutfette, hohe Konzentrationen davon wer- den fast ausschließlich durch ein einziges Gen namens LPA kontrolliert und zählen zu den wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren. Die Kausalität dieses Zusam- menhanges wurde erstmals in den 90er-Jahren vom Innsbrucker Humangenetiker und Pionier der Lp(a)-Forschung, Univ.-Prof. Dr. Gerd Utermann, nachgewiesen. Rund 20 % der Bevölkerung weisen Lp(a)-Spiegel auf, die mit einem erhöhten In- farktrisiko einhergehen.
An der Sektion für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Inns- bruck konnte nun eine Mutation im LPA-Gen entdeckt werden, die durch einen
Splice-Defekt zur Senkung der Lp(a)-Konzentration führt und damit vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützt. Die neu entdeckte genetische Mutati- on, ein sogenannter SNP (Single Nucleotide Polymorphism), konnte dank innovativer Technologien in einer schwer zugänglichen Genomregion identifiziert werden. Mit genetischen Daten von fast einer halben Million Teilnehmern belegten die Forscher zudem, dass die Lp(a)-senkende Muta- tion das kardiovaskuläre Risiko in der Bevölkerung maßgeblich mitbestimmt und in der Tat bei knapp 40 % der Bevölkerung vorkommt. Bisher war die Mutation aufgrund ihrer schwer zugänglichen Lage übersehen worden.
Große Schwankungen möglich
LPA ist eine typische „Dark Region“ in der Genomforschung: 60 bis 70 % des Gens befinden sich in einem Abschnitt – KIV-2 Repeat –, der in einer Person einmal und in einer anderen Person bis zu 40-mal vorhanden sein kann. Solche, in ihrer Kopienanzahl variablen Sequenzen sind mit her- kömmlichen Methoden nur schwer bis gar nicht im großen Maßstab untersuchbar. Auch 20 Jahre nach der ersten Genom-Sequenzierung bleiben also noch immer viele weiße Flecken auf der genetischen Landkarte. Das Spannende dabei ist, dass Lp(a)-Werte zwischen Personen trotz gleicher Kopienanzahl um mehr als das 200-Fache schwanken können. Das ist größtenteils genetisch durch das LPA-Gen bedingt, die genauen Ursachen dafür kennen die Forscher jedoch nicht.
Die neue, auf „KIV-2 4733 G>A“ getaufte genetische Variante wurde mittels angepasster Hochdurchsatz-Technologie typisiert und analysiert. Die Variante erklärt für sich schon rund 10 % der Lp(a)-Varianz in der Bevölkerung, was für einen einzelnen SNP ein wirklich beträchtlicher Wert ist. Mit der Adaptierung diverser Sequenzierungs- und Genotypisierungsansätze konnte vor wenigen Jahren erstmals die Untersuchung von Mutationen in der KIV-2-Region in großen Populationen ermöglicht werden, sodass bereits 2017 eine Mutation in dieser Region gefunden werden konnte, die eine Senkung des Lp(a)-Spiegels bewirkt.
Wichtiger Schritt zur Risikominimierung
Analysen ergaben, dass die durch diese Mutation bedingte, insgesamt doch noch recht moderate Lp(a)-Senkung um etwa 14 mg/dL bereits aus- reicht, um das kardiovaskuläre Risiko um 9 % herabzusetzen. Dies untermauert den starken Einfluss von Lp(a) auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Er- krankungen. Spezifische Medikamente, die das Blutfett Lp(a) senken, werden derzeit bereits in Phase III-Studien getestet, das ideale Ausmaß der Lp(a)-Senkung wird allerdings noch immer kontrovers diskutiert.