FORTBILDUNG & KLINIK I Konfliktmanagement

FOTO: TRINERGY, ADOBE STOCK/ PHOTOGRAPHEE.EU

Frust in der Belegschaft:

Konflikte vermei- den und lösen

Viele äußere Einflüsse sorgen derzeit für Frust in medizinischen Teams: schlechte Ar- beitszeiten, ein Mangel an Fachpersonal und/oder die Auswirkungen der Pandemie. Auf individueller Belegschaftsebene sind diese Faktoren wohl nicht zu lösen.

AUTOR:

Dr. Roman Braun

Psychologe, Präsident der

European Community for NLP, LSB, team@trinergy.at

Für andere Frustpunkte gibt es aber Lösungsansätze, die zur Besserung beitragen können oder die dafür sorgen, dass sie im Vorfeld bereits ver- mieden werden könnten. Vor allem, wenn es sich bei diesen Problemen um zwischenmenschliche Konflikte innerhalb des Teams handelt. Um ein starkes Team zu etablieren, sind zunächst gewisse Rahmenbedingungen festzulegen. Wichtig ist, dass allen in der Belegschaft bewusst ist, an wel- chem gemeinsamen Ziel sie arbeiten und dieses auch als wertvoll erach-

ten. Nur so wird motiviert an einem Strang gezogen. Außerdem müssen für jeden Einzelnen klare Entwicklungsmöglichkeiten vorliegen.


Klares Ziel im Fokus

Nun ist es zwar so, dass ein höheres, der Gesellschaft dienliches Ziel in medizinischen Berufen zwar vorhanden ist: Care-Berufe gelten ja als direk- ter Gegensatz zu sogenannten „Bullshit-Jobs“, bei denen die Beschäftigten häufig keinen Sinn in ihrem Tun sehen. Dennoch führen ein großer Ver- waltungsaufwand oder bestimmte hierarchiebedingte Vorgaben manchmal dazu, dass dieses gemeinsame Ziel in den Hintergrund tritt. Die Folge sind Frust und Kündigungen. Daher ist es essenziell, den Nutzen der Arbeit regelmäßig und eindeutig zu kommunizieren.


Flow-Zustand anstreben

Darüber hinaus muss die Erreichung der Ziele groß genug dimensioniert sein. Die richtige Gratwanderung zwischen Überanstrengung und Unter- forderung ist entscheidend. Denn das Ziel muss herausfordernd und dennoch bewältigbar sein, um in einen idealen Flow-Zustand zu gelangen. Die optimalen Verhältnisse, um diesen Zustand zu erreichen, hängen allerdings individuell von den Fähigkeiten der jeweiligen Mitarbeiter ab. Was sich für eine Person als optimale Herausforderung anfühlt, kann bei einer anderen bereits zu einem Gefühl der Überforderung führen.


Rollen analysieren

Kommt es trotz Stärkung des Teams dennoch zu Konflikten, ist es sinnvoll, die Rollen der einzelnen Mitglieder kritisch zu betrachten. Generell wird zwischen A-, B- und C- Mitarbeitern unterschieden. Unter A-Mitarbeitern versteht man jene Personen, die aktiv an der Krisenbewältigung mithelfen und die sich für das gesamte Team einsetzen. B- Mitarbeiter sind jene Personen, die bei bestehenden Problemen und in Krisen zusätz- lich belastend agieren. Sie handeln meist rücksichtslos und sorgen zusätzlich für Dra- ma, indem sie beispielsweise über andere Leute lästern.

Die C-Mitarbeiter schaffen zwar nicht ergänzend erschwerte Bedingungen, sie leisten aber auch keinen relevanten Beitrag zur Konfliktbewältigung. Diese Einteilung sollte be- reits während des Recruiting-Prozesses beachtet werden. Das Erfolgsprinzip lautet: „Hire for attitude and train for skills“. Jene Personen, die lösungsorientiert und teamfo- kussiert an Aufgaben herantreten, sind wertvollere Teammitglieder als Menschen, die

zwar eine Top-Ausbildung vorweisen können, aber deren Arbeitsweise mit anderen nicht kompatibel ist.


Drama-Dreieck auflösen

Ein mögliches Erklärungsmodell, das für die Lösung von Konflikten genutzt werden kann, ist das sogenannte Drama-Dreieck. Es wird zwischen drei Rollen unterschieden: dem Täter, dem Retter und dem Opfer. Meist laufen diese Rollen automatisch ab. Der erste Schritt ist, diese Rollenbilder ins Bewusstsein zu bringen und festgefahrene Handlungsmuster zu brechen, denn das Dreieck ist nur dann stabil, wenn die Rollen aktiv bespielt werden: Das Opfer kann lernen, selbst aktiv zu werden und Probleme selbst zu lösen. Der Retter sollte das Opfer eher dazu ermächtigen und sich zurückhalten und die Täter sollten eigene Unzulänglichkeiten annehmen und sie nicht auf andere projizieren. Um mögliche Konflikte überhaupt zu vermeiden, gilt es in jedem Fall, den Mitarbeitern regelmäßig die Möglichkeit zu geben, aktuelle Konfliktherde innerhalb der Abteilung zu thematisieren.