MEDIZIN | Gefäßerkrankungen



Die Studienautoren Dr. Taras Afonyushkin (li.) und Georg Obermayer (re.)

mit Gruppenleiter Univ.-Prof. DDr. Christoph Binder (mitte).

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FotoS: Laura Alvarez/CeMM., istockphoto/ iLexx

Mikrovesikel ge- zielt beeinflussen

Eine aktuelle Studie geht der Frage nach,

wie Antikörper des Typs Immunglobulin-M (IgM) Thrombosen verhindern

können.

Der thrombotische Verschluss von Blutgefäßen führt zu Herzinfarkten, Schlaganfällen und venösen Thromboembolien und stellt die Hauptursache für frühzeitige Todesfälle weltweit dar. Eine Studie der Forschungsgruppe um Univ.-Prof. DDr. Christoph Binder von der Klinischen Abteilung für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Medizinischen Universität Wien erklärt nun, wie Antikörper des Typs Immunglobulin-M (IgM) Thrombosen verhindern können. Diese können sogenannte Mikrovesikel, Membranabschnürungen, die von Zellen freigesetzt werden und thrombo- sefördernd wirken, identifizieren, binden und so einen schützenden Effekt erzielen. Die Ergebnisse liefern damit einen neuen Ansatzpunkt zur Re- duktion des Thromboserisikos durch IgM-Antikörper.


IgM-Antikörper binden gerinnungsfördernde Mikrovesikel

Im Kontext von Thrombosen belegten frühere Studien, dass Menschen mit einer niedrigen Zahl an IgM-Antikörpern ein erhöhtes Risiko für venöse Thrombosen aufweisen. Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Binder konnte bereits in einer 2009 publizierten Studie zeigen, dass ein gro- ßer Anteil aller natürlichen IgM-Antikörper sogenannte oxidationsspezifische Epitope bindet, jene molekularen Strukturen, die dafür sorgen, dass absterbende Zellen vom Immunsystem erkannt und abtransportiert werden können. In der aktuellen Studie identifizierte Binders Forschungsgrup- pe jene Mechanismen, die der antithrombotischen Wirkung von IgM-Antikörpern zugrunde liegen.

Mikrovesikel spielen eine wichtige Rolle in der Blutgerinnung und bei Thrombosen. Die Studienautoren konnten nun zeigen, dass natürliche IgM-

Antikörper, die oxidationsspezifische Epitope binden, die Blutgerinnung in humanen Proben und Thrombosen in Mäusen verhindern können, die durch Mikrovesikel verursacht werden. „Wir gehen davon aus, dass genau diese spezifischen Mikrovesikel besonders entzündungs- und gerinnungsfördernd sind“, so die Wissenschaftler. Sowohl bei Versuchen am Mausmodell als auch direkt an menschlichen Blutproben konnten die Wissenschaftler zei- gen, dass durch das Hinzufügen von IgM-Antikörpern die durch spezifische Mikrovesikel verursachte Blutgerinnung gehemmt wird. Umgekehrt zeigte sich auch, dass sich durch Depletion der IgM-Antikörper die Blutgerinnung und Thrombose verstärkte.


Möglicher Ansatzpunkt für zukünftige Therapien

Die Studienautoren erklären: „Die Studie lässt uns erstmals verstehen, warum Menschen mit einer niedrigen Zahl an natürlichen IgM-Antikörpern ein erhöhtes Thromboserisiko aufweisen.“ Projektleiter Binder ergänzt: „Die Ergebnisse bieten hohes Potenzial für neue Behandlungen zur Sen- kung des Thromboserisikos. Die Beeinflussung des IgM-Antikörper-Spiegels bei Risikopatienten könnte eine sinnvolle Ergänzung zur bisher eta- blierten Blutverdünnung darstellen, da diese bekanntermaßen auch mit Nebenwirkungen wie verstärkter Blutungsneigung bei Verletzungen einher-

geht.“ Zudem leistet die Studie einen wichtigen Beitrag für die Wis- senschaft. „Mikrovesikel wurden als Bestandteil der Blutgerinnung auf wissenschaftlicher Seite in den vergangenen Jahren zunehmend als wichtig anerkannt. Die Studie schaffte allerdings erstmals die Mög- lichkeit, sie therapeutisch zu beeinflussen“, so Binder.


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