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Volkskrankheit Nierenschwäche
Rund 900.000 Menschen in Österreich leiden an Nie- reninsuffizienz, doch die Dunkelziffer ist nach Anga- ben von Experten weitaus höher. Neun von zehn Men- schen wissen nichts von ihrer Erkrankung.
Die „Global Burden of Disease Study“ zeigte 2020 das Ausmaß der Zunahme von chronischen Nierenerkrankungen vor al- lem in Ländern mit hoher Diabetes-Inzidenz1. Im Verlauf der letzten 20 Jahre hat sich die Prävalenz um 29 % erhöht, der al- tersadjustierte Wert blieb allerdings gleich, was bedeutet, dass chronische Nierenerkrankungen hauptsächlich der älter werdenden Bevölkerung mit Diabetes und Hypertonie als Risikofaktoren geschuldet sind. Die altersstandardisierte Inzidenz der Nierenersatztherapie ist global um 43 % für Dialyse und 34 % für Transplantation gestiegen. In Österreich liegt die Prä- valenz von Diabetes altersabhängig und regional zwischen 4 % und 10 %2. „Die Inzidenz von CNI, vor allem Stadium 3 und 4, ist aller Voraussicht nach noch die nächsten Jahre im Steigen begriffen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer, Vorstand der klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse, MedUni Wien.
Späte Diagnose
Unbehandelt kann eine Nierenschwäche schwerwiegende Auswirkungen haben. So ist die durch chronisches Nierenversa- gen verursachte Sterblichkeit in den letzten Jahrzehnten pro Jahr um zumindest 4 % gestiegen.3 Charakteristisch für eine chronische Nierenschwäche ist, dass diese länger als drei Monate andauert. Risikofaktoren sind Diabetes, Bluthochdruck und familiär bedingte Nierenerkrankungen. Tückisch an der Erkrankung ist, dass diese im Frühstadium nur unspezifische Symptome zeigt und somit erst spät diagnostiziert wird. Jedoch steigt auch schon im Frühstadium einer Erkrankung der Druck in der Niere an, der wiederum die Gefäßwände schädigen kann. Wird die Erkrankung nicht rechtzeitig behandelt, entsteht daraus eine Nierenfunktionsstörung und die Niere kommt nicht mehr ihrer Aufgabe nach, das Blut zu reinigen. In der schwersten Ausprägung, einem Nierenversagen, haben die Nieren die Funktion ganz eingestellt, sodass eine Dialyse oder eine Nierentransplantation der einzige Ausweg sind. Umso wichtiger ist es, die Erkrankung rasch und frühzeitig zu diagnostizieren.
Aufnahme in Screeningprogramme
Die Österreichische Gesellschaft für Nephrologie (ÖGN) fordert daher schon seit Jahren, die Nierenparameter bei Risikopa- tienten regelmäßig zu screenen und in die Vorsorgeuntersuchung aufzunehmen. Diabetes mellitus stellt eine der häufigsten Ursachen für Nierenversagen, die Folge einer spät oder nicht behandelten chronischen Nierenschwäche, dar. „Laut öster- reichischem Dialyse- und Transplantationsregister (OEDTR) waren 23 % der Menschen, die eine Dialyse benötigten, Men- schen mit Typ-2-Diabetes. Erkrankungen, die Sterblichkeit sowie die Kosten im Gesundheitssystem könnten mit Screenings deutlich gesenkt werden“, ist Prim. Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Marcus Säemann, Vorsitzender der Österreichischen Gesell- schaft für Nephrologie; Abteilungsvorstand 6. Medizinische Abteilung mit Nephrologie und Dialyse mit Ambulanzen, Klinik Ottakring, überzeugt.
rh