Das Modell: Betreiber stellen Flächen für Praxen zur Verfügung, genauso aber Dienstleistungen wie Marketing oder IT-Be- treuung. Außerdem können Personal, Räume für ambulante Eingriffe oder Geräte gemeinsam genutzt werden. Zumeist mieten sich auch andere Fachleute wie Osteopathen, Physiotherapeuten oder Masseure ein und runden das Dienstleis- tungsangebot ab. Größere Objekte können sogar mit einem Fitnessstudio aufwarten. Gemanagte Ärztezentren haben den großen Vorteil, dass die Ärzte verschiedene Dienstleistungsangebote im Haus nutzen und sich damit voll auf die Arbeit mit den Patienten konzentrieren können. Im Idealfall wird durch die Ansiedlung mehrerer Kassenordinationen und/oder einer Apotheke an einem Standort eine klinikähnliche medizinische Versorgung möglich. Patienten vermeiden Mehrfach- besuche. Darüber hinaus können Rezepte gleich nach dem Arztbesuch in der Apotheke eingelöst werden. Die Patienten sparen Zeit und unnötige Wege. Für die Patienten hat es erhebliche Vorteile, wenn sie mehrere Ärzte und Gesundheits- dienstleister unter einem Dach vorfinden, insbesondere wenn sich diese ergänzen. Wer zum Beispiel beruflich oder privat unter Zeitdruck steht, erledigt verständlicherweise gerne mehrere Arzttermine an einem Nachmittag.
Nachfrage wird steigen
In den meisten Fällen sind es Ärzte, die ihre Immobilien zu Arzt- und Gesundheitszentren ausbauen. Im Vergleich zu Pfle- geheimen und Krankenhäusern beschäftigt sich heute nur eine äußerst geringe Anzahl professioneller Immobilieninves- toren mit dieser Form der Gesundheitsimmobilie. Es ist aber davon auszugehen, dass die Anzahl institutioneller Immobi- lieninvestoren in diesem Segment in den kommenden Jahren deutlich steigen wird. Seit einigen Jahren gibt es unter ande- rem in Nordamerika und Großbritannien börsennotierte Immobilienunternehmen, die in „Medical Office Buildings“ (MOB) investieren. Bleibt abzuwarten, ob dieser Trend auch nach Österreich kommt.
Einer der großen Anbieter ist die Medicent-Gruppe. Unter dem Markennamen Medicent werden in Österreich insgesamt vier Ärztezentren (Baden, Linz, Salzburg und Innsbruck) mit über 20.000 Quadratmeter und über 100 Ordinationen be- treut. Entwickelt wurden die Ärztezentren von der SIGNA Gruppe, die mittlerweile die Zentren an Investoren – darunter zum Beispiel die Luxemburger Investorengesellschaft Rubicon Europe Trust Group, die Medpark Immobilien GmbH bzw. die Wiener Städtische Versicherungs AG – verkauft hat. Die M’Management hat als Betreiberorganisation durch langfristi- ge Miet- und Managementverträge weiterhin die Betreuung der Immobilie inne. Vermietet werden die Ordinations- und Operationsräumlichkeiten durch die M’Management stunden- oder tageweise.
Administration beigestellt
Diese Dienstleistung spricht vor allem junge Ärzte an, die ihre eigene Ordination realisieren, ohne den enormen Aufwand der Standort- und Personalsuche sowie Planung und Einrichtung des gesamten Ordinationsmanagements auf sich neh- men zu wollen. In der Regel stehen Ordinationen in unterschiedlichen Größen, die – je nach Bedarf – halbtags oder ganz- tags an einem oder mehreren Tagen pro Woche gemietet werden können, zur Verfügung. Der Betreiber stellt die Grund- ausstattung der Ordinationen zur Verfügung und übernimmt das Patientenmanagement sowie alle organisatorischen Auf- gaben rund um den Patienten. Bei Bedarf wird auch die Honorarabrechnung übernommen.
Wie zum Beispiel in der „mozartpraxis“ Graz, die sich an Fachärzte der Fachrichtungen Innere Medizin, Pulmologie, Der- matologie, Kinder- und Jugendheilkunde und Sportmedizin sowie an Psychotherapeuten, Psychologen und Physiothera- peuten wendet. Modernste medizinische Diagnostikgeräte ersparen den Medizinern hohe Anschaffungskosten, Fachper- sonal unterstützt bei den Untersuchungen. Ein Ordinationsteam kümmert sich um alle organisatorischen Arbeiten. Auf Wunsch steht das Team auch bei allen Fragen zu behördlichen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Belangen zur Seite. Kein Wunder: Geschäftsführender Gesellschafter der Mozart Praxis Vermietungs GmbH ist der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Mag. Clemens Corti alle Catene (PKF Corti & Partner GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater).
Einen ganz anderen Weg geht man bei Mediclass. Mediclass bietet privaten Fachärzten und Therapeuten ein Rundum- Servicepaket an. Ordinationen, medizinische Ausstattung, Administration und Koordination von Terminen und diverse Serviceleistungen werden von Mediclass finanziert und organisiert. Dazu gehören die Abrechnungen der Patienten, Ter- minvereinbarung und -koordination, Betreuung der Patienten, Reinigung, Instandhaltung und Bestellwesen. Gleichzeitig kümmert sich das Unternehmen auch ganzjährig um PR und Marketingaktivitäten rund um das Zentrum.
Finanziert werden die Ordinationen durch die monatlichen „Clubbeiträge“ in Höhe von rund 30 Euro pro Monat der rund 9.500 Patienten, die den Mediclass-Service nutzen können. Der starke Zulauf ist schnell erklärt. Die Patienten zahlen hier, obwohl sie von Wahlärzten behandelt werden, nur den jeweiligen Kassentarif. Um die Verfügbarkeit der Ärzte sicherzu- stellen, werden mit den Ärzten fixe Ordinationszeiten vereinbart. „In der Praxis hat sich gezeigt, dass es ab einem Halbtag pro Woche für beide Sinn macht“, so Geschäftsführer Mag. Christof Sauermann.
Hinter Mediclass steht eine Reihe von Investoren, darunter auch Business Angel Dr. Johann Hansmann. Nach einem Ma- nagement Buy-out eines großen Pharmawerks in Spanien baute er mehrere Jahre lang sein eigenes Pharmaunternehmen auf, das er 2003 sehr erfolgreich verkaufte. Seit dieser Zeit ist er aktiver Investor und Business Angel – unter anderem im Pharma- und Gesundheitsbereich. Er hatte maßgeblichen Anteil am Erfolg des Wiener Start-ups mySugr, das erst vor Kur- zem zu 100 % an Roche Diabetics Care verkauft wurde, dem bis dato größten Deal im Digital-Health-Bereich.
Unkompliziert und flexibel
Worauf sollte man als Arzt achten, wenn man in ein Ärztezentrum einsteigen will? Die Anmietung sollte so unkompliziert und flexibel wie möglich sein. Natürlich hat diese Flexibilität ihren Preis. Je kurzfristiger die Anmietung, desto teurer kann es kommen. Anders als in der eigenen Ordination ist man in der Regel in einem Ordinationszentrum an Öffnungszeiten gebunden, wobei in den meisten Fällen Ordinationstermine außerhalb der angegebenen Zeiten – abends oder am Wo- chenende – nach Absprache möglich sind.
Preisvergleiche zu machen ist fast unmöglich, die Angebote sind durchaus unterschiedlich und vor allem lassen sich die Betreiber nur ungern in die Karten schauen. Auf Anfrage spricht man von marktüblichen Mieten. Begründet wird die dis- krete Zurückhaltung damit, dass man mit den bereits eingemieteten Ärzten Stillschweigen über die Konditionen verein- bart hätte. Ein Grund dürfte wohl in den sehr unterschiedlichen Vereinbarungen liegen. Wenn im Ärztezentrum ein Zahn- arzt oder ein Dermatologe fehlt, um für die Patienten ein umfassendes Dienstleistungsangebot bieten zu können, wird das Management sich wohl oder übel bei den Mieten bewegen müssen und vielleicht sogar das eine oder andere Incenti- ve „springen“ lassen müssen. Die meisten Zentren bieten auch einmalige „Spontananmietungen“ an. Dass hier zumeist auch Aufschläge verrechnet werden, versteht sich von selbst. Wie immer gilt: Wer länger mietet, bekommt Rabatt. Es heißt also rechnen. Ein Beispiel gefällig? In einem Angebot liest sich das so: Standardraum: 50 Euro für die erste Stunde, jede nächste Stunde um 10 Euro reduziert bis minimal 15 Euro – gedeckelt mit 430 Euro pro Monat und pro Halbwochentag (entweder 8 bis 13 oder 14 bis 20 Uhr.) Exklusivraum: 60 Euro für die erste Stunde, jede nächste Stunde um 10 Euro redu- ziert bis minimal 15 Euro, gedeckelt mit 645 Euro pro Monat und pro Halbwochentag (entweder 8 bis 13 oder 14 bis 20 Uhr). Für Vormittagsmieter (8 bis 13 Uhr) gibt es zusätzlich einen Rabatt von 10 %. Im Preis inkludiert sind moderne, komplett ausgestattete Ordinations- und Warteräume, Internetzugang, Empfang und Sekretariat. Einfach Laptop mit den Patientendaten mitnehmen – und schon kann es losgehen.