MEDIZIN & RECHT | Social Media
Im Rahmen einer kürzlich in Wien abgehaltenen Enquete zum Thema „Hass im Netz“ haben sich klare Hand- lungsfelder herauskristallisiert. Die Österreichische Ärztekammer fordert unter anderem volle Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten.
Schon seit geraumer Zeit weist die Österreichische Ärztekammer (ÖAK) darauf hin, dass Ärzte zunehmender Bedrohung und Gewalt, darunter auch im Internet, ausgesetzt sind. Die ÖÄK hat daher die Enquete „Gegen Hass im Netz“ abgehalten und sich zum Ziel gesetzt, noch einmal auf dieses Thema hinzuweisen und Information und Hilfestellung zu bieten. „Die Landesärztekammern bieten schon eine Vielzahl von Programmen für Betroffene von verbaler oder physischer Gewalt an, dieses Angebot wurde bereits im Pandemieverlauf ausgeweitet und wird weiter ausgebaut werden“, sagt Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, und appelliert an alle Ärzte, diese Angebote im Falle des Fal- les auch zu nutzen und die Unterstützung zu suchen. Man werde verstärkt auf die bestehenden Angebote hinweisen, erwarte aber auch zusätzli- che Maßnahmen: „Im Rahmen der Enquete haben sich einige Punkte klar herauskristallisiert, die umgesetzt werden sollten, damit Ärzte besser vor Bedrohung und physischer und verbaler Gewalt geschützt werden.“
„Wir fordern von der Exekutive und den Gerichten die volle Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten“, sagt ÖÄK-Vizepräsident Dr. Harald Schlögel. Damit auch jeder seine eigenen Möglichkeiten kennt, verweist Schlögel auf den Nationalen Aktionsplan des Vereines ZARA – Zivilcoura- ge und Anti-Rassismus-Arbeit und schließt sich der Forderung nach mehr Informationskampagnen durch die öffentliche Hand an. Zudem brauche es mehr Sensibilisierung der Behörden für das Thema und die Tatbestände, beziehungsweise auch eigene Behörden mit Spezialisierung auf Delik- te rund um Hass im Netz. Die grenzüberschreitende Amtshilfe soll rechtlich durchgriffsstärker sein, Betroffene bräuchten einen besseren Zugang zu – auch europaweitem – Rechtsschutz.
Ein wesentlicher Punkt sei auch die Forderung nach einer Klarnamenpflicht. „Aus den Referaten der Experten, vor allem der Juristen, ging klar her- vor, dass eine Klarnamenpflicht viele der auftretenden Probleme zumindest lindern könnte“, sagt Schlögel: „Wenn ich etwas, das ich unter einem Pseudonym poste, nicht auch unter meinem vollen Namen posten kann, dann stimmt offensichtlich etwas mit meinem Posting nicht.“ Er fordert für Plattformen ab einer gewissen Reichweite eine Registrierungspflicht, eventuell mit elektronischer Signatur.
Nationaler Aktionsplan gegen Hass im Netz
Der 5. #GegenHassimNetz-Bericht des Vereins ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit verdeutlicht, wie sehr hasserfüllte Aussagen online zur Norm werden. Seit Gründung der Beratungsstelle 2017 sind insgesamt 9.690 Meldungen beim Verein eingegangen. Im fünften Beratungsjahr wurden insgesamt 1.851 Meldungen be- arbeitet. User nehmen oft in sozialen Medien keine spürbaren Regeln wahr. Das begünstigt den Online-Enthemmungseffekt, wodurch Menschen allein aufgrund ihres So- seins beleidigt, bedroht, beschimpft und herabgewürdigt werden. Deshalb hat der Verein einen Forderungskatalog zusammengestellt, mit dem Hass im Netz effektiv ein- gedämmt werden soll.
Info & Kontakt: ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, www.zara.or.at