FORTBILDUNG & KLINIK  | Nebenbeschäftigung

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Nebenbeschäftigung: Was ist erlaubt?

Die Ausübung einer Nebenbeschäftigung ist arbeitsrechtlich grund- sätzlich erlaubt.

Die Zulässigkeit endet jedoch dort, wo der Arbeitnehmer zu seinem Arbeitgeber in Konkurrenz tritt oder wo wesentliche Interessen des Arbeitgebers verletzt sein könnten.

In solchen Fällen bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung des Ar- beitgebers. Wann eine Konkurrenzsituation eintritt bzw. wann wesentli- che Interessen des Arbeitgebers bedroht sein könnten, zeigt der folgen- de Fall: Ein Spitalsarzt in der Steiermark klagte seinen Arbeitgeber, weil ihm dieser die Zustimmung verwehrte, neben der Tätigkeit als Spitalsarzt auch Sonderklasse-Patienten in einem Privatspital zu operieren. Der Arzt gab an, dass er diese Nebentätigkeit durchschnittlich nicht mehr als drei Stunden pro Woche ausüben wolle. Sein Arbeitgeber, das Landeskran- kenhaus-Universitätsklinikum Graz, stimmte dem nicht zu. In seiner Kla-

ge begehrte der Arzt die Feststellung, dass die Untersagung der Nebenbeschäftigung einer operativen Tätigkeit außerhalb des Spitals seines Arbeitgebers unzulässig sei. Die Klage wurde bereits von den Vorinstanzen abgewiesen; der OGH (9ObA82/06h) bestätigte diese Abweisungen.


Konkurrenzsituation beachten

Das Beamtendienstgesetz, dessen Bestimmungen teilweise auch auf Vertragsbedienstete von Landeskliniken anzuwenden sind, verbietet Nebenbeschäftigungen, die einen an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindern, die Vermutung sei- ner Befangenheit hervorrufen oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährden.  Der OGH betonte, dass der Kläger die Genehmigung einer Nebenbeschäftigung begehrte, die im Wesentlichen seiner Beschäftigung als Arbeitnehmer der Klinik entspricht. Der Unterschied sei lediglich, dass der Kläger im Rahmen der Nebenbeschäftigung ausschließlich Patienten der Sonderklasse operieren möchte. Darin sah der OGH eine Verletzung der wesentlichen Interessen des Dienstgebers, weil der Arzt durch seine Nebenbeschäftigung eine nicht gewollte Konkurrenzsituation schaffen würde.

Der Arzt brachte dazu vor, dass keine Konkurrenzsituation vorliege, weil es ohnedies lange Wartezeiten für Patienten gäbe, die der Arzt durch seine Nebenbeschäftigung nur verkürze. Das sei auch im Interesse seines Arbeitgebers.

Zustimmung erforderlich Der OGH folgte diesem Argument jedoch nicht. Denke man das Argument konsequent fort, führe es nämlich dazu, dass eine Konkurrenzierung dann auch schon zu verneinen sei, wenn der Patient vom Kläger noch am selben Tag in einer anderen Klinik operiert werden würde, während er im Landesklinikum einen Tag länger warten würde. Für diese An- nahme biete das Gesetz aber keinen Raum, so der OGH. Entscheidend sei nur, ob die Nebenbeschäftigung objektiv geeignet ist, den Absatz seiner eigenen Leistung zu Lasten seines Dienstgebers zu fördern. Dies sah der OGH als zweifellos gegeben an.

Der Arzt brachte auch vor, dass es im Landesklinikum üblich wäre, dass andere Kollegen in anderen Spitälern operieren. Es lie- ge also eine „Betriebsübung“ vor, weil der Arbeitgeber vorbehaltlos solche Nebentätigkeiten erlaubt. Das Landesklinikum be- stritt dieses Vorbringen ausdrücklich und weil der Arzt für sein Vorbringen keine Beweise vorlegte, wurde das Argument vom OGH nicht einmal geprüft.

Daraus folgt: Eine Nebenbeschäftigung, mit der ein Arzt seine medizinischen Tätigkeiten auch für einen Dritten ausüben will, be- darf grundsätzlich der Zustimmung seines Dienstgebers. Es spielt dabei keine Rolle, ob sich das Nebenbeschäftigungsverbot schon aus dem Gesetz oder bloß aus dem Dienstvertrag ergibt. Ein Verstoß gegen das Nebenbeschäftigungsverbot rechtfertigt eine Kündigung des Dienstnehmers, bei entsprechendem Gewicht des Verstoßes sogar eine Entlassung. Die Zustimmung zur Ausübung einer bestimmten Nebenbeschäftigung sollte ausnahmslos schriftlich eingeholt werden!


Nebenbeschäftigung und Arbeitszeitgesetz

Im Spitalsbereich besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse an angemessenen Arbeitszeitregelungen. Einerseits sollen die Arbeitszeitregelungen die Spitalsärzte selbst schützen, andererseits auch das Leben und die Gesundheit der Patienten. Es ist daher für Spitäler zulässig, die Nebenbeschäftigungstätigkeiten ihrer Ärzte einzuschränken, um deren Arbeitskraft zum Wohle der Patienten zu schützen.

Der Verwaltungsgerichthof bestätigt diese Ansicht auch außerhalb des Spitalsbereichs. Es ist zulässig, wenn sich der Dienstge- ber „bei der Ermittlung jener Belastung, ab der eine Nebenbeschäftigung wegen ihrer möglichen Beeinträchtigung der pflicht- gemäßen Erfüllung des Dienstes unstatthaft wird, an den zeitlichen Höchstgrenzen der Arbeitszeit am Arbeitszeitgesetz“ orientiert.

Daraus folgt: Ist ein Arzt in einem Spital in einem Ausmaß von 40 Wochenstunden beschäftigt, dann können seine Nebenbeschäftigungen vom Dienstgeber auf acht Stun- den beschränkt werden. Eine gänzliche Untersagung von Nebenbeschäftigungen ist dann zulässig, wenn die Be- schäftigung im Spital im Durchschnitt bereits 48 Stunden ausmacht.


Privatordinationen

Soweit Privatordinationen außerhalb einer möglichen Kon- kurrenzsituation zum Arbeitgeber betrieben werden, ent- zieht sich diese Tätigkeit der Ingerenzmöglichkeit des Ar- beitgebers. Ausnahmen liegen nur dort vor, wo beson- ders schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers, wie Schutz vor zeitlicher Überbeanspruchung oder sonstige bestehende Unvereinbarkeiten, wie etwa eine Tätigkeit als Abtreibungsarzt bei einem Spitalsarzt einer Ordens- krankenanstalt, betroffen sind. Liegen solche besonderen Umstände nicht vor, ist der Betrieb einer Privatordination erlaubt, und zwar unabhängig von der Einwilligung durch den Arbeitgeber.

Besteht dagegen eine inhaltliche Überschneidung und damit die potenzielle Gefahr einer Konkurrenzierung, mag diese auch „nur“ im Bereich der Spitalsambulanz beste- hen, bedarf die konkurrenzierende Nebenbeschäftigung jedenfalls der Einwilligung des Arbeitgebers. Diese Situa- tion wird der Regelfall sein. Der Arbeitgeber kann seine Einwilligung auch an Bedingungen knüpfen, wie bei- spielsweise an zeitliche Vorgaben für die Ordinationszei- ten oder – im Fall einer Konkurrenzsituation – an Vorga- ben für das Einzugsgebiet. Nicht zulässig ist es, die Ge- nehmigung für die Nebenbeschäftigung daran zu binden, dass der Arzt Räumlichkeiten in der Krankenanstalt anmietet.