diabetes | Folgeerkrankungen
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Diabetes und Herzinsuffizienz
Herzinsuffizienz und Diabetes mellitus treten oft gemeinsam auf und beeinflussen sich ge- genseitig – ein Umstand, der bei der Therapie mitgedacht werden muss. Mit einem Positions- papier wollen die Österreichische Diabetes Ge- sellschaft (ÖDG) und die Österreichische Kar- diologische Gesellschaft (ÖKG) mehr Bewusst- sein für diese Verbindung schaffen.
Bei Menschen mit Diabetes ist auf die Herzgesundheit ein besonderes Augenmerk zu legen. Die Betroffenen selbst haben oft mehr Angst vor anderen möglichen Fol- geerkrankungen des Diabetes, die augenscheinlicher sind, wie Amputationen, Er- blindung oder Nierenversagen. Sehr häufig folgen aber auch Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems auf einen nicht erkannten oder nicht optimal behandelten Diabetes. Besonders sticht der enge Zusammenhang zwischen Diabetes und Herz- insuffizienz ins Auge. Die Prävalenz von Prädiabetes und Diabetes mellitus ist unter Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz sehr hoch, andererseits ist die chroni- sche Herzinsuffizienz eine potenzielle Folgeerkrankung eines Diabetes mellitus.
Die Herzinsuffizienz ist bei Patienten nach wie vor viel zu wenig bekannt. Viele hö- ren den Begriff erst bei der eigenen Diagnose. In einer immer älter werdenden Ge- sellschaft steigt die Inzidenz der Herzinsuffizienz automatisch an. Bei der Herzin-
suffizienz ist der Herzmuskel, bedingt durch unterschiedliche Erkrankungen, geschwächt. Dadurch kommt es nicht nur zu Erschöpfungs- und Atemnotzuständen, in manchen Fällen kann diese Erkrankung auch fortschreiten und eine direkte Bedrohung des Lebens darstellen. Der Ausdruck Herzschwäche, der oftmals nicht als ernsthafte Erkrankung verstanden wird, gibt die Ernsthaftigkeit der zugrunde liegenden Erkrankung nicht kor- rekt wider. Der Diabetes ist dabei nicht nur ein Risikofaktor für das Auftreten einer Herzinsuffizienz, häufig bedingt durch eine durch den Diabetes geförderte koronare Herzkrankheit, sondern erhöht auch die Mortalitäts- und die Hospitalisationsrate.
Ein Zusammenspiel auf vielen Ebenen
Herzinsuffizienz ist oft Folge eines Herzinfarkts oder einer Schädigung der Herzkranzgefäße durch Gefäßverkalkung. Schädigungen der Gefäße werden beim gesunden Menschen durch Reparaturmechanismen im Lauf der Zeit ausgeglichen. Durch einen Überschuss an Zucker im Blut ver- ringert sich diese Regenerationsfähigkeit der Gefäßwände deutlich. Dadurch fördert Diabetes, bei dem der Zucker im Blut gar nicht oder nicht schnell genug abgebaut wird, direkt die Gefäßverkalkung. Zusätzlich haben Menschen mit Typ-2-Diabetes sehr häufig weitere Risikofaktoren für Herzerkrankungen. Dazu zählen vor allem schlechte Blutfettwerte und erhöhter Blutdruck sowie eine Fettleber und vor allem Bauch-betontes Über- gewicht. Auch das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom, an dem viele Menschen mit Diabetes leiden, begünstigt eine Herzinsuffizienz.
Die gegenseitige Beeinflussung der beiden Erkrankungen lässt sich auf zellulärer Ebene beobachten. Herzinsuffizienz provoziert eine diabetogene Stoffwechsellage, die Insulinresistenz fördert, und Diabetes greift zusätzlich in die Myokardfunktion ein. Auf diesem Weg addieren sich die beiden Erkrankungen gegenseitig. Auch die Fibrosebildung, ein fundamentaler Prozess der Herzinsuffizienz, wird von Diabetes beeinflusst. Die gestörte
Kalziumwiederaufnahme ist ebenfalls ein Aspekt, den beide Erkrankungen gemeinsam haben. Zusätzlich haben auch beide Erkrankungen Auswirkungen auf die Nierenfunktion.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Menschen mit Diabetes, aber ebenso Menschen mit einer Herzinsuffizienz, sollten die Risikofaktoren für die jeweils andere Erkrankung regelmäßig überprüfen lassen. Schon im Vorstadium des Diabetes Typ 2 mit Erhöhung des Nüchternblutzuckers oder über- höhtem Anstieg des Blutzuckers nach Nahrungsaufnahme kommt es bereits zu Schä- digungen der Gefäße. Darum sollten alle Menschen mit einer Zuckerstoffwechselstö- rung an ihre Herzgesundheit denken.
Das Risiko für eine Herzinsuffizienz bei Diabetes mellitus kann durch eine optimale me- dikamentöse Behandlung des Diabetes gesenkt werden. Innovative Diabetesmedika- mente, die zusätzlich zur Blutzuckersenkung auch das Herz-Kreislauf-Risiko vermin- dern, tragen zur besseren Lebensqualität und Abnahme der Sterblichkeit bei. Eine Wirkstoffklasse, die in der Diabetesbehandlung eingesetzt wird, ist nun auch eine rele- vante Therapieoption bei Herzinsuffizienz.
Durch den engen Zusammenhang zwischen Glukosestoffwechselstörung und Herzin- suffizienz, bei der sowohl Herzinsuffizienz eine mögliche Folge von Diabetes sein kann als auch umgekehrt sehr viele Patienten mit Herzinsuffizienz an Prädiabetes und Dia- betes leiden, ist ein Screening in beide Richtungen doppelt sinnvoll und wichtig. Das Positionspapier empfiehlt HbA1c- und Nüchternglukose-Tests bei Patienten mit Herzin- suffizienz und umgekehrt ein Herzinsuffizienz-Screening mittels Labortest bei Patienten mit Diabetes mellitus. Das zeigt deutlich, dass bei beiden Erkrankungen interdiszipli- näres Denken in Diagnose und Therapie für den Behandlungserfolg entscheidend sind.