FORTBILDUNG & KLINIK I Patientenkommunikation 

So gestalten Sie Ihre Bühne!

Was haben Arzneimittel und Vorträge ge- meinsam? Sie wirken nicht automatisch.

Erst das richtige Medikament zur passen- den Indikation entfaltet seine Wirkung.

Gleiches gilt für einen Vortrag: Nur der richtige Auftritt auf der passenden Bühne wirkt. Doch wie wird es „richtig“ und „passend“?

Foto: Michaela Krauss-Boneau

Wer heute einen Vortrag hält, hat es wahrlich schwer. Denn wenn der Funke nicht in den ersten paar Minu- ten überspringt und dann auch noch ständig am Sprühen bleibt, driften die Zuhörer ganz schnell ab. Die Smartphones werden gezückt und Facebook, YouTube oder die Börsenkurse haben Ihnen den Rang abgelaufen.

Damit das nicht passiert, hat sich Martin Schwanda, Spezialist für Präsenz und Wirkung, intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie Ärzte ihre Auftritte gut planen und umsetzen können, um konkurrenzlos die Aufmerksamkeit des Publikums zu halten. Ob Kon- gress, Workshop, Teamsitzung oder das Gehaltsge- spräch mit dem Vorgesetzten – mit den Tipps des Schauspielers finden Sie rasch die passende Performance.


?Vom Schauspieler zum Coach – wie gelingt diese Transformation?

Was ich als Coach biete, ist nicht viel anderes als im Theater: Ich lasse mich auf eine andere Welt ein. Wer auf der Bühne etwas darstellen will, muss tief in ein Thema eindringen. Das geht nur, wenn man Empathie zeigt, das heißt: sich für die Themen, Sorgen und Motive des Publikums zu interessieren. Ich habe immer wieder aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen die gleiche Frage bekommen: Wie fesselt man das Publikum? Oder anders gesagt: Wie bekommt man seine Bühne in den Griff? Und die Antwort ist einfach und schwierig zugleich: Man muss sein Anliegen wirkungsstark und authentisch kommunizieren. Es darf nicht künstlich wirken, man muss sich wohlfühlen und Sicherheit ausstrahlen, damit das, was man sagen will, auch gehört wird, das Publikum erreicht und – im besten Fall – das Gesagte auch in Erinnerung bleibt.


?Wer nimmt ihre Unterstützung in Anspruch?

Ich arbeite mit Führungskräften aus vielen Branchen zusammen die andere mit ihrem Anliegen überzeugen möchten. Oft geht es darum, Vorträge oder Präsentationen zu erarbeiten, die Botschaften wirkungsvoll transportieren. Und immer geht es darum, die eigene Wirkung zu ergründen. Was passiert, wenn ich in einen Raum komme? Oft springen Vortragende auf eine Bühne, sind vollgestopft mit Information, die sie gerne loswerden möchten, doch sie stellen sich nie die Frage: Was passiert abseits meiner Tonspur? Der Text oder Inhalt ist selten das, was alleine überzeugt. In meinen Coachings findet man schnell heraus, wie ein Auftritt gestaltet werden muss, ohne langweilig oder überinszeniert zu wirken.


?Wie können Ärzte davon profitieren?

Natürlich ist eine Ordination keine Eventlocation, aber man sollte sich schon die Frage stellen, was erleben Patienten, die zu mir kommen? Wir wis- sen: Man kauft nie das beste Produkt, sondern das, das man versteht! Also müssen wir daran arbeiten, dass ihr Angebot ankommt und verstanden wird. Bei Ärzten geht es immer zunächst um Vertrauen und darum, Patienten dazu zu bringen, Therapien zu befolgen. Damit dieses Vertrauen ent- steht, braucht es Kompetenz oder zumindest muss der Patient diese  Sympathie und Kompetenz beim Arzt vermuten. Denn wirklich beurteilen kann man das als Patient meistens nicht. Und diese Kompetenzvermutung entsteht durch Ausstrahlung, Körpersprache und der Art und Weise, wie Ärzte tun, was sie tun. Und zum nonverbalen Gesamteindruck gehört natürlich auch die „Inszenierung“ der Ordination, also ihrer „Bühne“.

Ein wesentlicher vertrauensbildender Faktor ist bei jedem Arzt und jeder Führungskraft auch Berechenbarkeit. Wer A sagt, sollte auch A tun und nicht B. Wer A sagt und B macht, bringt Unruhe in eine Situation. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist klare Kommunikation. Und die trainieren wir zusam- men. So können sich Ärzte auf Vorträge, Präsentationen oder Gespräche gut vorbereiten. Ich bin ein Fan davon, aus einem öffentlichen Auftritt ein Erlebnis zu machen. Ein Vortrag sollte mehr sein als die Vermittlung von Fachinhalten. Zumindest wenn man möchte, dass das Publikum aufmerk- sam bleibt und das Gesagte in Erinnerung behält. Gerade bei hochkomplexen fachlichen Inhalten braucht es viel bildhafte Sprache, Geschichten, die in Erinnerung bleiben und ein Spannungsbogen, dem man gerne und über längere Zeit folgen möchte.


?Was kann der Arzt vom Schauspieler lernen?

Der österreichische Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat das gut auf den Punkt gebracht: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Es gibt immer einen Inhalt und eine Art und Weise, wie dieser Inhalt transportiert wird. Eine der ersten Übungen auf der Schauspielschule ist es, durch einen Raum zu gehen und das Publikum sagt, wann das spannend ist. Nun werden Sie vielleicht denken: Was kann da spannend sein? Aber genauso verhält es sich auch mit Vorträgen. Man kann einfach reden, oder man kann die Bühne für sich einnehmen und dem Tun eine Be- deutung geben. So kann sich ein Arzt zum Beispiel fragen, wie er die Bühne „Ordination“ gerne als Wirkungsrahmen gestalten will. Ist es aufge- räumt, chaotisch, nüchtern, gemütlich? Jeder, der schon mal einen Heiratsantrag gemacht hat, weiß, dass es nicht um die Frage an sich geht – sondern um das Drumherum, ein romantisches Essen, die Kleidung, den Wein, den Ring … all das ist nicht Inhalt, sondern Inszenierung. Und je besser die ausfällt, umso eher ist ein „Ja“ zu erwarten. Auf das Wie kommt es an.


?Was macht einen guten Coach aus?

Ein guter Coach hat Expertise in seinem Fach. Er hat einen Berg schon öfter erklommen und kennt den Weg, bevor er jemandem erklärt, wie man den Berg bezwingt. Ich bringe Schauspielerfahrung mit und darüber hinaus eine gute Portion Empathie, mit der ich meine Expertise so vermitteln kann, dass sie bei meinem Gegenüber ankommt. Und der Humor darf nicht zu kurz kommen. Wer lacht, entspannt sich automatisch.


?Sie haben bei Samy Molcho, dem Experten für Körpersprache, gelernt – was sind die drei Tipps, die Sie jedem Arzt mitgeben können?

Machen Sie sich bewusst, wann Sie die „Bühne“ betreten und wann es heißt „ab jetzt geht’s los.“ Jeder Auftritt sollte einen klaren Anfang und ein klares Ende haben. Man fährt die Präsenz hoch und geht vom Privatmodus in den Profimodus. Das muss auch klappen, wenn man mal keinen so guten Tag hat!

Bei der Körpersprache geht es im Einzelnen nicht darum, wie man die Hände oder den Kopf hält, sondern es zählt das Gesamtbild und ob das, was man sagt, zu dem passt, wie man sich gibt. Die äußere Haltung beeinflusst die innere – und umgekehrt. Das kann man mit einer Jalousie vergleichen: Je weiter sie geöffnet ist, desto mehr Licht kommt herein. Ich halte es für wichtig, auf eine offene Körpersprache zu achten und eine  geschlossene zu vermeiden. Wichtig ist es, sich in einen total präsenten Zustand versetzen zu können – dann klappt der Rest fast von selbst!


rh