Covid-update Inhalation

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Am direkten Weg in die Lunge

Wirkstoffe sind ohne die richtige Verpackung nicht wirksam. Aktuelle Forschungen, die nicht zuletzt durch die Pandemie in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt sind, untersuchen, wie Medikamente oder Impfstoffe am besten wirken.

„Ich bin von den neuen Ansätzen in der Phagentherapie fasziniert. Sie setzt besondere Viren, die nur Bakterien und keine Menschen infizieren kön- nen, als Wirkstoffe ein. Therapeutische Bakteriophagen sind aber kompliziert in der Herstellung und Verabreichung, daher hat sich die Phagenthe- rapie bei uns noch nicht etabliert. Neue technologische Fortschritte können diese Probleme lösen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Lea Ann Dailey vom Depart- ment für Pharmazeutische Technologie & Biopharmazie der Universität Wien im Rahmen einer Diskussion zur Semesterfrage „Welche Wirkstoffe haben Zukunft?“ Dailey beschäftigt sich mit der effizienten „Verpackung“ von Wirkstoffen, insbesondere in Form von Inhalationstherapie. Diese Therapie ist gerade in der Behandlung von Lungenkrankheiten wie Covid-19 vielversprechend. „Es gibt bereits Forschungsarbeiten zu der ‚Verpa- ckung‘ von Phagen für die Inhalationstherapie von Lungeninfektionen“, sagt die Wissenschaftlerin, die aktuell an der Erforschung von Naturstoffen zur Behandlung von Atemwegserkrankungen – darunter auch Covid-19 – arbeitet.


Bessere Wirkung vor Ort

Damit Wirkstoffe in ausreichender Konzentration direkt in die Lunge gelangen, werden sie unter anderem über Inhalationstherapie verabreicht. Dazu hat Daily untersucht, ob eine besondere Verpackung die Konzentration des Wirkstoffs in der Lunge erhöhen kann. „Solche Ansätze können zum Beispiel dazu beitragen, dass Lun- geninfektionen besser therapiert werden und keine Antibiotikaresistenzen ausbilden“, so die Expertin. Manche Wirkstoffe – wie zum Beispiel Impfstoffe, aber auch klassische Arzneistoffe – sind ohne eine besondere Verpa- ckung nicht wirksam. Hier braucht es einen Träger, über den der Wirkstoff in den Körper oder in bestimmte Zellen gelangen kann. „Die neuen RNA-basierten Impfstoffe sind ein gutes Beispiel, wie wichtig Drug Delivery Systems für den Erfolg von Therapien sind“, so Dailey.

Wird ein Wirkstoff als Tablette geschluckt, hat er einen langen Weg durch die Blutbahn vor sich und kommt mitunter nur zum Teil in der Lunge an. Ganz anders ist das bei der Inhalation: „Es gibt Arzneistoffe, die auf- grund ihrer Größe und Struktur über Inhalation länger in der Lunge verweilen und damit direkt vor Ort besser wirken können“, sagt die Wissenschaftlerin. Und genau hier beginnt die besonders herausfordernde Arbeit: „Wirkstoffe, die für eine Inhalationstherapie geeignet sind, verpacken wir auf eine besondere Art und Weise, damit möglichst viel davon beim Inhalieren in der Lunge ankommt. Die Verpackungsstrategie erfordert nicht nur Kenntnisse über die Wirkstoffe, sondern auch über die aerodynamischen Eigenschaften unserer Systeme.“


Stichwort Aerodynamik

Auch die Gestaltung der Inhalatoren ist entscheidend für die Wirksamkeit der Arzneistoffe. Das gängigste Bei- spiel sind handliche Inhalatoren, die von Asthma- und COPD-Patienten regelmäßig verwendet werden. „Wir müssen unsere neuen Verpackungssysteme, also Wirkstoff plus Träger, immer mit verschiedenen Inhalatoren testen, damit wir prüfen können, dass die Kombination aus Verpackungssystem und Inhalator möglichst viel Wirkstoff direkt in die Lunge befördern kann. Wenn diese Kombination nicht stimmt, bleibt der Wirkstoff im

Mund- und Rachenraum hängen und ist nicht mehr effektiv.“ Beim Inhalator werden Wirkstoff und Träger aerosoliert. Die Aerosolteilchen müssen eine genau definierte Größe sowie ein bestimmtes Gewicht besitzen, damit sie durch die verzweigten Äste der Atemwege durchkommen. „Wenn wir im Labor unsere Arbeit richtig machen, landen die Aerosolteilchen auf den Lungenzellen in dem erkrankten Bereich der Lunge, wo sie besser wirken können“, sagt Dailey. Die Prämisse ist stets, Stoffe möglichst effizient und mit möglichst wenigen Nebenwirkungen an jenes Ziel im Körper zu bringen, wo sie wirken können. Deshalb ist die Forschung auch nie abgeschlossen: „Es gibt immer Möglichkeiten, bestehende Arzneistoffe neu zu verpacken und damit zu optimieren.“


Fortschritte in der Covid-19-Forschung

In der Covid-19-Forschung arbeitet das Team rund um Prof. Dailey und Univ.-Prof. Dr. Judith Rollinger in der präklinischen Phase: Naturstoffe, die potenziell gegen eine akute Covid-19-Infektion direkt in der Lunge wirken können, wurden bereits identifiziert, nun wird ihr Verhalten im Körper er- forscht. „Wir untersuchen im Labor eine Vielzahl von Molekülen und stellen fest, wie effektiv sie sind, wie lange sie in der Lunge bleiben und natür- lich auch, wie verträglich sie sind. Seit Kurzem haben wir die ersten Daten, die zeigen, dass die bestwirkenden Naturstoffe aus der Forschung von Judith Rollinger für die Inhalationstherapie sehr gut geeignet sind. Die nächsten Schritte bestehen darin, diese Wirkstoffe für die Inhalationsthera- pie zu verpacken und ihre Wirksamkeit nach der Inhalation zu prüfen.“


rh