Medizinprodukte | Antikörper
Therapie mit Rekonvaleszen- tenplasma
Antikörper von genesenen Covid-19-Patienten können vulnerable Gruppen vor schweren Verläufen schützen.
Zu Beginn der Corona-Pandemie ruhten große Hoffnungen auf der Therapie akut Erkrankter mit dem Blutplasma bereits genesener Covid-19-Pati- enten. Mehrere Forschungsgruppen haben die Wirksamkeit einer Therapie mit Antikörpern, die sich im Blut Genesener befinden, in verschiedenen Studien untersucht. Die Gesamtbetrachtung der bisher verfügbaren Ergebnisse zeigt, dass der hochdosierte Einsatz von Rekonvaleszentenplasma bei sehr früher Gabe wirksam sein kann, um insbesondere bei vulnerablen Personen mit hohem Risiko für die Entwicklung eines schweren Covid- 19-Verlaufes diesen zu verhindern. Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e. V. (DGTI) wurde diskutiert, welche Erkenntnisse daraus auch für zukünftig neue Erreger relevant sind und welchen weiteren Forschungsbedarf es gibt.
Wirksame Therapie
„Zu der passiven Immuntherapie konnten wir zu Beginn der Corona-Pandemie schon auf positive Erfahrungen bei anderen Infektionserkrankungen zurückgreifen. Deshalb wurden verschiedene Studien gestartet, die eine Wirksamkeit der Therapie mit sogenanntem Rekonvaleszentenplasma zur Behandlung akut an Covid-19 Erkrankter untersucht haben“, sagt Univ.-Prof. Dr. Hubert Schrezenmeier, 1. Vorsitzender der DGTI, Ärztlicher Direk- tor und Medizinischer Geschäftsführer des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm (IKT) und des Instituts für Transfusi- onsmedizin des Universitätsklinikums Ulm. So sei Rekonvaleszentenplasma zuvor etwa bei Sars, Mers und Influenza erfolgreich eingesetzt worden.
Zielgerichteter Einsatz
Erste, bereits sehr früh im Verlauf der Pandemie begonnene Studien dämpften die in die passive Immuntherapie gesetzten Hoffnungen jedoch – eine grundsätzliche Überlegenheit der Plasmagabe gegenüber der Standardbehandlung konnten sie nicht nachweisen. „In diesen ersten Studien wurde die Wirksamkeit bei Patienten untersucht, die bereits einen schweren Covid-19-Verlauf zeigten“, erläutert Schrezenmeier. „Erst durch weitere Studien mit unterschiedlichem Studiendesign hat sich dann allmählich ein differenzierteres Bild ergeben, wie das Rekonvaleszentenplasma sinn- voll und zielgerichtet eingesetzt werden kann“, so der Experte weiter. Gerade der Zeitpunkt der Plasmagabe erwies sich dabei als entscheidend für den Behandlungserfolg: Nur wenn das Rekonvaleszentenplasma bereits sehr früh im Verlauf der Erkrankung eingesetzt wurde, konnte es einen schweren Verlauf verhindern.
Ein weiterer Faktor, der unter anderem in der von Schrezenmeier koordinierten CAPSID-Studie deutlich wurde, ist die Antikörpermenge. „Wir haben gesehen, dass der Therapieerfolg sehr stark von der Konzentration der neutralisierenden Antikörper im Rekonvaleszentenplasma abhängt“, so der DGTI-Vorsitzende. Während niedrigkonzentriertes Plasma keinen messbaren Vorteil gegenüber der Standardbehandlung bot, stiegen die Überle- benschancen der Patienten nach der Gabe von hochkonzentriertem Plasma stark an. Auch konnten mit Rekonvaleszentenplasma behandelte Pati- enten die Klinik deutlich schneller wieder verlassen als Erkrankte, die kein Plasma erhielten. „Mittlerweile sind Testmethoden etabliert, mit denen die Menge neutralisierender Antikörper im Plasma genau bestimmt werden kann. Außerdem gibt es heute superimmunisierte Spender, die sowohl durch Infektion als auch durch Impfung mehrfach immunisiert sind“, sagt Schrezenmeier. So könne man Plasmen mit Antikörperkonzentrationen gewinnen, die um ein Vielfaches höher liegen als in den Plasmen, die zu Beginn der Pandemie gesammelt werden konnten. Nach der aktuellen Studienlage profitieren vor allem vulnerable Patienten, die gravierende Risikofaktoren für einen schweren Verlauf aufweisen, von der passiven Im- muntherapie.
rh