MEDIZIN Rhinosinusitis 

Diagnose und Therapie der Rhinosinusitis

Die Rhinosinusitis ist eine heterogene Erkrankung der Nase bzw. der Nasennebenhöhlen. Sie ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit und stellt dadurch eine erhebliche Belastung für Gesellschaft und Ge- sundheitssysteme dar.

In erster Linie wird in der Einteilung des Krankheitsbildes zwischen der akuten Rhinosinu- sitis (ARS) und der chronischen Rhinosinusitis (CRS) unterschieden. Die ARS, zumeist verursacht durch eine virale „Erkältung“, hat eine Einjahresprävalenz von 6 bis 15 %. Sie zeigt in der Regel einen selbstlimitierenden Krankheitsverlauf, kann jedoch mit ernsthaften und mitunter schwerwiegenden Komplikationen einhergehen. Sie ist einer der häufigsten Gründe für die Verschreibung von Antibiotika, was die Erkrankung auch in den Fokus der Bekämpfung der weltweit zunehmenden Antibiotikaresistenzen stellt. Die CRS betrifft ca. 5 bis 15 % der Allgemeinbevölkerung und stellt somit ein hoch signifikantes Gesundheits- problem dar. Heterogene Ursachen und chronische Beschwerden, die trotz medikamentö- ser und chirurgischer Therapie teilweise nicht zufriedenstellend kontrolliert werden kön-

nen, stellen große Herausforderungen in der Behandlung der CRS da.


Akute Sinusitis

Definition: Die ARS ist definiert als Entzündung der Nase und der Nasennebenhöhlen mit einer Dauer von unter zwölf Wochen. Darunter können auch „subakute“ Verläufe von vier bis zwölf Wochen definiert werden.

Ursache: Die ARS basiert zumeist auf Erkältungskrankheiten („Common Cold“), wobei vor allem virale Infektionen (u. a. Rhinoviren [30 bis 50 %], Coronaviren [10  bis 15 %], RS-Viren [5 %], Parainfluenzaviren

[5 %], Adenoviren [<5 %], Enteroviren [<5 %]) ursächlich zugrunde liegen. Obwohl Rhinoviren (mit bis zu 100 unterschiedlichen Serotypen) am häufigsten als Ursache von Erkältungen nachgewiesen werden können, werden Erregerspektren auch durch Alter, Geografie, Jahreszeit und Nachweismethoden beeinflusst.

Symptome: Klinisch kennzeichnen die ARS zwei oder mehr Symptome, von denen ei- nes entweder eine Nasenverstopfung bzw. Kongestion oder Nasenausfluss umfasst. Weitere Symptome sind Schmerzen oder Druck im Bereich der Nasennebenhöhlen, Verminderung oder Verlust des Geruchsinns, mukopurulenter Ausfluss, Schleimhautö- dem und radiologische Veränderungen in Nasennebenhöhlen-CT (keine routinemäßi- ge Untersuchung!).

Diagnose: In den meisten Fällen ist die Diagnose der ARS einfach und erfolgt anhand oben genannter klinischer Symptome. Aus HNO-ärztlicher Sicht beinhaltet die klini- sche Untersuchung weiters die anteriore Rhinoskopie und diagnostische Nasenendo- skopie. Eine radiologische Untersuchung ist in der großen Mehrheit der Fälle nicht notwendig, kann jedoch bei komplizierten Verläufen und Komplikationen indiziert sein. Die wichtigsten Alarmsymptome, welche auf Komplikationen der ARS hinweisen, um- fassen unter anderen:

• Periorbitales Ödem

• Bulbusverlagerung

• Doppelbilder

• Ophthalmoplegie

• Visusverlust

• Massive Kopfschmerzen

• Zeichen einer Sepsis

• Neurologische Ausfälle


Komplikationen der ARS umfassen u. a. eine Ausbreitung der Entzündung auf die Orbita oder in das ZNS. Hinweise können und müssen akut HNO- ärztlich abgeklärt werden.

Therapie: Die Behandlung der ARS erfolgt in erster Line symptomatisch. Von Patienten werden meist eine rinnende Nase und eine Nasenatmungs- behinderung als belastendste Symptome angegeben, welche leicht mit lokal abschwellenden Präparaten und gegebenenfalls lokalen Steroiden be- handelt werden können.

Ergänzend können Mykolytika, Antihistaminika der ersten Generation (nicht der zweiten Generation) oder systemische Sympatomimetika (Pseudo- ephedrin) zur Symptommilderung angewendet werden. Ebenso werden NSAR insbesondere zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung angewendet.

Obwohl antibiotische Therapien bei viralen Infektionen nicht effektiv sind, werden diese häufig verschrieben und sollten insbesondere in der Ära von Resistenzen im Allgemeinen sorgsam nur bei bakteriellen (Super-)Infektionen indiziert werden. Indikationen zur Antibiotikatherapie können schwere Krankheitsverläufe, hohes Fieber oder zunehmende Beschwerden („double sickening“) sein.


Chronische Rhinosinusitis

Definition: Die chronische Rhinosinusitis (CRS) umfasst Nasennebenhöhlenentzündungen, welche mehr als zwölf Wochen anhalten. Während in der Vergangenheit bei der CRS häufig nur zwischen CRS mit Nasenpolypen (CRSwNP) und CRS ohne Nasenpolypen (CRSsNP) unterschieden wurde, wird dieses komplexe Erkrankungsbild anhand neuer Guidelines der „European Rhinologic Society“ nun deutlich genauer definiert. Grundlegende Faktoren für die Typisierung stellen nun primäre bzw. sekundäre Ursachen, lokalisiertes bzw. generalisiertes Auftreten sowie Typ-2- bzw. Nicht-Typ- 2-Entzündungsvermittlung der CRS dar.  Die „klassische“ chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP) ist zumeist eine primäre, diffuse, Typ-2-vermittelte Erkrankung, während die chronische Rhinosinusitis ohne Nasenpolypen (CRSsNP) am häufigsten eine primäre, diffuse, Nicht-Typ- 2-vermittelte Erkrankung darstellt.

Entstehung und der Verlauf der CRS werden im Allgemeinen durch multiple Faktoren, unter anderem durch anatomische Engstellen, rezidivierende

Infektionen, Allergien, Pilze, Bitter-Rezeptoren, Expression von Entzündungsmediatoren und Acetylsalicylsäure-Intoleranz beeinflusst.

Speziell die CRSwNP stellt eine komplexe, systemische bzw. immunologische Erkrankung dar. Bei der CRSsNP hingegen können enge anatomische Verhältnisse im Bereich des Drainagesystems der Nasennebenhöhlen (NNH) entscheidend zur Krankheitsentstehung beitragen.

Symptome: Krankheitssymptome der CRS umfassen Druckgefühl im Bereich der Nasennebenhöhlen, verstopfte Nase, Nasenatmungsbehinderung, Geruchsstörungen und/oder pathologischen Sekretfluss (Vorhandensein von zwei oder mehr Symptomen über 12 Wochen).

Diagnose: Die Diagnose der CRS basiert auf der Evaluation oben genannter klinischer Symptome, HNO-ärztlicher Untersuchung mit Nasenendosko- pie sowie radiologischer Bildgebung (primär zumeist CT der Nasennebenhöhlen, die Durchführung eines NNH-Röntgens wird aufgrund der man- gelnden Aussagekraft und verhältnismäßig hohen Strahlenbelastung nicht empfohlen).

Therapie: Zur medikamentösen Therapie der primären CRS stehen vorrangig lokale oder auch systemische Glukokortikoide zur Verfügung, welche mit der Anwendung von Saline-Spülungen kombiniert werden. Bei nicht ausreichender Besserung der Beschwerden kann die Durchführung einer funktionellen, endoskopischen Nasennebenhöhlenoperation (FESS) zur Verbesserung der Belüftung der Nasennebenhöhlen indiziert sein. Hierbei gilt die in Graz entwickelte „Messerklinger-“ bzw. „Stammberger-Technik“ weltweit als „Gold-Standard“. Der Erhalt gesunder Strukturen in der Nase und den Nasennebenhöhlen, die Wiederherstellung der Drainage der Nasennebenhöhlen und das Abtragen pathologisch veränderter Schleimhaut (z. B. „Polypen“) stellen dabei die Grundpfeiler der Technik dar.

Aufgrund der komplexen immunologischen Komponente kann es insbesondere bei der Typ-2-vermittelten, diffusen CRSwNP, jedoch auch nach chir- urgischen Eingriffen zu Rezidiv-Erkrankungen kommen.

Die Therapie mit Biologika bei Patienten, die an diffuser, bilateraler, Typ-2-vermittelter CRSwNP leiden und deren Symptome mit medikamentösen Therapiemaßnahmen und FESS nicht ausreichend kontrolliert werden kann, ist in Österreich als einem der ersten Länder weltweit zugelassen und bietet neue Optionen in der Behandlung von Patienten dieser schweren Erkrankung der Atemwege.

Zugelassene Biologika sind derzeit Dupilumab (monoklona- ler Antikörper, Blockade der Alpha-Kette des Interleukin-4 Rezeptors ) und Omalizumab (rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper gegen Immunglobulin E, Tabelle 1). Zur personalisierten Indikationsstellung und Therapie- überwachung sind die detaillierte Erhebung der Krankheits- geschichte, Evaluation klinischer Symptome anhand von Symptom-Scores (SNOT-22), Laboruntersuchungen (Serum- IgE) und endoskopische Kontrollen (Erhebung des Nasal- Polyp-Scores) empfohlen. Zur Behandlung der Vielzahl an durch unterschiedlichste Erkrankungen verursachten se- kundären CRS (wie Cystische Fibrose) werden Therapiever- fahren naturgemäß in Zusammenschau mit der Behandlung der Grunderkrankung adaptiert.

Computertomogramm der Nasennebenhöhlen bei subperiostalem Abszess im Bereich der Lamina papy- race bei orbitaler Komplikation einer akuten Rhinosinusitis.

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Rötung und Schwellung des Auges bzw. Lides bei orbitaler Komplikation einer akuten Rhinosinusitis.

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Computertomogramm der Nasennebenhöhlen eines Patienten mit ausgeprägter, chronischer Rhinosinusitis mit

Nasenpolypen (primäre, diffus, Typ-2-vermittelt)

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FOTOS: ZVG