MEDIZIN Neurodermitis

FotoS: Med Uni Graz,  istockphoto/ bravo1954

Antimikrobielle

Peptide (AMD):

vielversprechende Therapieoption

Die atopische Dermatitis ist eine chroni- sche, juckende Hauterkrankung, von der weltweit etwa 15-20 % der Kinder und auch viele Erwachsene betroffen sind.

Damit zählt Neurodermitis zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Das Auftreten dieser Hautkrankheit steht oft in Zusammen- hang mit der Familiengeschichte, häufig tritt sie auch bei Personen auf, die an Heuschnupfen oder Asthma leiden oder deren Familienmitglieder von diesen Allergien betroffen sind. Das internationale Forschungsprojekt „Therapeutic potential of antimicrobial peptides in atopic dermatitis (the- ra-AMPD)“ der Med Uni Graz in Kooperation mit dem Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM) und International Center for Infectiology Research (CIRI) in Frankreich soll die Entwicklung neuartiger Therapeutika zur Behandlung von Neurodermitis und anderen ent- zündlichen Hauterkrankungen vorantreiben. Das Projekt wird vom Wissenschaftsfonds FWF und der französischen Förderorganisation ANR finan- ziert und durch einen Type 2 Innovation Grant von Sanofi-Genzyme gefördert.


Mikrobiom der Haut im Ungleichgewicht

Neurodermitis kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben. Hauptmerkmale wie wiederkehrende Entzündungen bis hin zu lästigen Ekzemen, starker Juckreiz und Veränderungen der Hautbarriere können nicht nur zu physischen, sondern auch psychischen Beeinträchtigungen führen. Bei Neurodermitis ist die obere Hautschicht entzündet, Grund dafür ist einerseits eine übermäßige Anhäufung des Bak- teriums Staphylococcus aureus und andererseits eine gestörte Menge und Qualität an antimikrobiellen Peptiden (AMP) auf der Haut. Diese kleinen Eiweißmoleküle erfüllen die wichtige Funktion, das gesunde Gleichgewicht des Hautmikrobioms aufrechtzuerhalten und pathogene Mikroben, die sich auf der Haut ansiedeln, zu bekämpfen. AMP werden nicht nur von der Haut selbst, sondern auch von vielen Mikroben produziert.

Mithilfe einer neuartigen Methode zur Isolierung und Charakterisierung dieser Peptide soll eine umfassende Datenbank erstellt werden, die alle AMP beinhaltet. Ausgewählte AMP aus dieser Datenbank werden als Therapeutika zur Neutralisierung pathogener Mikroben und zur Verringerung der Symptome von atopischer Dermatitis untersucht, um mögliche Therapiemöglichkeiten zu finden. Diese sollen in der Behandlung der durch Sta- phylococcus aureus induzierten Hautentzündungen eingesetzt werden.


Abwehrmechanismen der Haut unterstützen

Neuere Untersuchungen haben den Fokus auf antimikrobielle Moleküle und ihre Verbindung mit Mikroben auf der Haut gesetzt. AMP und antimi- krobielle Substanzen begrenzen das Wachstum gefährlicher Mikroben und unterstützen die Abwehrmechanismen der Haut. Darüber hinaus besit- zen AMP auch immunmodulierende Eigenschaften, sie können also körpereigene Abwehrmechanismen des Immunsystems verändern. Neben der Beteiligung an angeborenen Immunantworten sind AMP auch aktiv an der Gestaltung von adaptiven Immunantworten beteiligt. Während leichte Verläufe von Neurodermitis mit entzündungshemmenden Wirkstoffen bereits behandelbar sind, reichen die Möglichkeiten der Therapie noch nicht für schwere Formen der Erkrankung aus. Das Forschungsteam ist angesichts der aktuellen Beobachtungen jedoch zuversichtlich: Erste Studiener- gebnisse haben gezeigt, dass die Transplantation des Hautmikrobioms Neurodermitis-Symptome reduzieren kann. Dies eröffnet neue (bio-) thera- peutische Alternativen zur Behandlung dieser chronischen Hauterkrankung.


Phototherapie soll Barrierefunktion verbessern

Die Phototherapie ist eine verbreitete Behandlungsform für moderate bis schwere Neurodermitis und dafür bekannt, Entzündungen der Haut mit minimalen oder keinen Nebenwirkungen zu reduzieren. Es wird angenommen, dass die Wirksamkeit dieser Methode auf die anschließende Akku- mulation und Aktivierung von regulatorischen T-Zellen in der lichtexponierten Haut zurückzuführen ist. Die UV-Bestrahlung kann die Barrierefunktion der Haut verbessern, indem die Expression von Filaggrin und Involucrin erhöht wird und bestimmte AMP in der Haut induziert werden. Durch die Verdickung der obersten Hautschicht, die vor Sonneneinstrahlung schützen soll, wird auch das Eindringen externer Antigene verhindert. UV-Licht kann direkt auf Mikroben auf der Haut einwirken und das Wachstum und die Virulenz des Bakteriums Staphylococcus aureus hemmen. Mit dieser Methode könnten Hautentzündungen und Neurodermitis-Symptome gelindert werden. Unsere Forschungsergebnisse zeigen die positiven Auswir- kungen von UV-Exposition auf das Hautmikrobiom und die Expression von AMP, die so vielversprechend sind, um sie weiterzuverfolgen und für die Entwicklung neuer Behandlungsstrategien zu nutzen. Mittels Microarray-Analyse im Mausmodell und kürzlich auch in einer klein angelegten klini- schen Studie wurde diese Annahme bestätigt. Nun wird die Dynamik verschiedener Mikroben in der Neurodermitis-Haut vor und nach der Photo- therapie untersucht und ihre Häufigkeit mit dem Gehalt an AMP auf der Haut in Beziehung gesetzt. Denn es gibt zahlreiche andere AMP, die noch nicht untersucht wurden.