Das Immunsystem
wirkungsvoll unterstützen
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Eine Supplementierung von Mikronährstoffen ist
aus der modernen Medizin nicht mehr wegzuden- ken. Physiologische Stoffwechselprozesse auf Zell- ebene werden unterstützt, das größte Potenzial liegt in der Prävention.
Nach welchem Wirkprinzip arbeitet die orthomolekulare Medizin? Gibt es Evidenz dazu? Die Erfolgsgeschichte der orthomolekularen Medizin reicht weit zurück. Schon die Behandlung von Skorbut durch Vitamin C in der Seefahrt, kann als orthomolekulare Therapie betrachtet werden, und die Gabe von Vitamin C bei Erkältungskrankheiten ist aus der klassischen Me-
dizin nicht mehr wegzudenken. Der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling definierte den Begriff wie folgt: „Die orthomolekulare Medizin ist die Erhaltung der Gesundheit und Behandlung von Krankheit durch die Veränderung der Konzentration der Substanzen, die im menschlichen Körper normalerweise vorhanden und für die Gesundheit erforderlich sind.“
Zusammengefasst wollen wir mit der orthomolekularen Medizin unseren Zellen und damit unserem Körper am besten schon präventiv das geben, was sie für einen funktionierenden Zellstoffwechsel brauchen. Wenn wir uns an die Physiologie und die Stoffwechselvorgänge unserer Zellen erin- nern, ist es nichts anderes als unsere Zellen mit Rohstoffen zu füttern, die sie für diese Prozesse brauchen. Diese Rohstoffe wie Spurenelemente, Vitamine, aber auch Aminosäuren oder ungesättigte Fettsäuren werden von uns für gewöhnlich aus der Nahrung aufgenommen. Schlechte Ernäh- rungsgewohnheiten oder ausgelaugte Böden, überzüchtete Nahrungsmittel, zum Teil auch unsere Genetik und vermehrter Verbrauch der Zellen durch Stress jeder Art (Toxine, Rauchen, Pestizide, etc.) oder auch zu wenig Zeit an der Sonne tragen allerdings dazu bei, dass bei vielen Men- schen ein Mangel an bestimmten Mikronährstoffen auftritt.
Folgen einer chronischen Unterversorgung
Immer wieder können wir in der Geschichte der Medizin über Mangelerkrankungen lesen, die in bestimmten Regionen gehäuft vorkamen. Eine da- von ist Beri-Beri, die vor allem im asiatischen Raum auftrat und durch eine Mangelversorgung in der Ernährung von Vitamin B1 (Thiamin) zurückzu- führen ist. Je nach Kultur, Ernährungsgewohnheiten und Lebensstandard, Malabsorption und auch Genetik werden unterschiedliche Mangeler- scheinungen beobachtet. Wir brauchen aber geschichtlich nicht so weit zurückblicken. Betrachten wir die Laborwerte unserer Patienten, so leiden sehr viele an einem Vitamin-D3-Mangel oder besonders Frauen an einem Eisenmangel. Die Supplementierung dieser Mikronährstoffe ist in der Me- dizin nicht mehr wegzudenken und im ursprünglichsten Sinn orthomolekulare Medizin.
Nehmen wir noch einmal das Beispiel des chronischen Eisenmangels unter die Lupe: Leistungsschwäche, Müdigkeit, Haarausfall, Herzklopfen, Kurzatmigkeit sind typische Symptome. Wenn wir die Physiologie des Eisens in der Zelle betrachten, ist dies nur allzu verständlich, denn das Eisen ist unter anderem dafür verantwortlich, dass wir genügend rote Blutkörperchen produzieren können, die uns den lebenswichtigen Sauerstoff, ge- bunden an das Hämoglobin, in jedes Gewebe unseres Körpers transportieren und damit versorgen. Das ist aber nur ein Beispiel. Ein Mangel an Selen kann zu Störungen in der Entgiftung der Leber führen, da die Glutathion-Peroxidase ein an Selen gebundenes Enzym ist und zur Entgiftung freier Radikale beiträgt. Das macht Selen zu einem wichtigen Antioxidans. Aber nicht nur das, auch die Schilddrüse braucht Selen, um Entzün- dungsprozesse zu vermeiden. Auch die Beweglichkeit der Spermien ist selenabhängig. Das Problem ist, dass unsere Böden in Europa arm an Se- len sind. Nicht so in Südamerika, deshalb ist ein Verzehr von Paranüssen anzuraten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch einen Mangel an Mikronährstoffen bestimmte physiologische Stoffwechselprozesse auf Zellebene nicht stattfinden können, die Energiegewinnung (ATP-Produktion) beispielsweise gestört ist, oder auch andere wichtige Enzyme nicht bereitgestellt werden können. Damit wird auch das Immunsystem gestört und Krankheiten können sich entwickeln.
Diagnose und Therapie
Meist erzählen Patienten bereits in einem ausführlichen Anamnesegespräch, wo sich Mangelerscheinungen bemerkbar machen, indem bestimmte Symptome beschreiben werden. Die genaue Messung der Defizite erfolgt über eine Blutabnahme und Auswertung im Labor.
Der Bedarf an Mikronährstoffen ist individuell sehr unterschiedlich. Er hängt von der Beschaffenheit des Immunsystems ab, bei akuten Infektionen haben wir einen höheren Bedarf, Stresssituationen körperlicher und geistiger Natur erhöhten ebenfalls den Bedarf sowie Schwangerschaft und Stillzeit, Darm und Mikrobiom oder die Verdauung, wenn die Aufnahme der Mikronährstoffe aus der Nahrung über die Darmschleimhaut gestört ist (Malabsorption). Aber auch genetische Faktoren spielen eine Rolle.
Defizite werden dann durch eine gezielte orale Gabe der Mikronährstoffe oder bei großen Mängeln über eine Vene als Infusion ausgeglichen. Je nach Größe des Mangels oder auch Mikronährstoffes wird innerhalb von drei bis sechs Monaten überprüft, wie sich die Therapie auswirkt. Wenn die Patienten erst einmal den positiven Nutzen der Einnahme am eigenen Körper bemerkt haben, dann ist die Compliance gut und die regelmäßi- ge Einnahme meist kein Thema mehr.
Um Nebenwirkungen oder Überdosierungen und Wechselwirkungen vorzubeugen, ist es jedenfalls anzuraten einen Blutcheck zu machen, und nicht im Blindflug alles Mögliche an Nahrungsergänzungsmitteln zu sich zu nehmen, sondern die Dosis anzupassen. Allen voran sollte immer die Ernährungsumstellung besprochen werden, mit dem Versuch möglichst viele Mikronährstoffe über die Nahrung aufzunehmen. Wie bei allen Dingen bestimmt das Maß über den Erfolg!
Banale respiratorische Infekte
Das größte Potenzial der Mikronährstoffe liegt jedenfalls in der Prävention, denn wenn der Mikronährstoffhaushalt ausgeglichen ist und über genü- gend Stoffe wie zum Beispiel Zink, Selen, Vitamin D3, Vitamin C, Eisen, aber auch Aminosäuren und ungesättigte Fettsäuren verfügt und dazu noch unser Darm gut funktioniert, dann wird es unserem Immunsystem sehr gut gehen und wir werden vor jeglicher Art von Infekten geschützt sein, nicht nur vor banalen respiratorischen Infekten.
Wichtig ist im Falle des Auftretens von Infekten rasch zu reagieren. Sobald die ersten Erkältungszeichen zu spüren sind, sollte mit der Einnahme von Immunsystemstärkenden Mikronährstoffen wie Zink, Selen, Vitamin C, Vitamin D3, auch höher dosiert, begonnen werden. Damit kann die Dau- er des Infektes um einige Tage verkürzt werden. Die große Stärke der orthomolekularen Medizin liegt neben der Prävention vor allem auch in der Regeneration, zum Beispiel nach akuten Infekten zum Aufbau des Immunsystems. Gute Erfolge können auch bei chronischen Erkrankungen oder Gendefekten, bei denen lebenslang beispielsweise ein Spurenelement eingenommen werden muss, erzielt werden.