Forschung Mammakarzinom

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Pathologie

Foto: adobe stock/ arcyto

Brustkrebs ist in Österreich und in Europa die häufigste Krebserkrankung der Frau. Die moderne Pathologie macht zielgerichtete Krebstherapien punktgenauer, indi- viduell abgestimmter und besser überwacht möglich.

Das Mammakarzinom stellt ein Musterbeispiel für den Fortschritt in der modernen Tumortherapie dar. Auf Basis einer intensiven multidisziplinären Zusammenarbeit von Radiologie, Chirurgie, Gynäkologie, internistischer Onkologie, Strahlentherapie und Pathologie konnte in den letzten Jahr- zehnten das Überleben von Brustkrebspatientinnen deutlich verlängert und die Lebensqualität enorm verbessert werden. Brustkrebs hat eine Vor- reiterrolle in der modernen Krebstherapie: Das erste Beispiel einer erfolgreichen „targeted“, also zielgerichteten Therapie war die Blockade des Östrogenrezeptors zur Wachstumshemmung von Brustkrebszellen, die seit mittlerweile etwa 35 Jahren durchgeführt wird.


Goldstandard immunhistochemische Diagnostik

„Mit der Entwicklung des Antiöstrogen Tamoxifen in den 1960er-Jahren konnte ein Durchbruch in der medikamentösen hormonellen Therapie des Mammakarzinoms erzielt werden“, so Prim. Dr. Christa Freibauer, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Klinische Pathologie und Mole- kularpathologie (ÖGPath/IAP Austria). Vor allem auch die Weiterentwicklung der Untersuchungsmethoden des Tumorgewebes durch die Patholo- gie führte zu großen Fortschritten, allen voran die Immunhistochemie. Die Entwicklung der immunhistochemischen Diagnostik ermöglichte es, den Östrogen- und Progesteron-Rezeptorstatus eines Brusttumors zu bestimmen.

Mit der Entdeckung weiterer Zielstrukturen und dagegen gerichteter Medikamente war die Ära der „targeted therapies“ eingeläutet. Monoklonale Antikörper gegen HER2 sind imstande eine besonders aggressive Art von Brustkrebs gezielt zu hemmen. „Dieser Antikörper kann seit circa 20 Jahren die schlechte Prognose bei HER2-positivem Brustkrebs deutlich verbessern“, so Freibauer. Durch immunhistochemische Untersuchungen können immer mehr Biomarker bestimmt werden, wie zum Beispiel der Proliferationsmarker Ki-67. Die Weiterentwicklung spiegelt auch jüngst die PDL1-Bestimmung für die Therapie triple-negativer Mammakarzinome mittels Checkpoint-Inhibitoren wider. Damit kann die Therapie immer stärker dem jeweiligen Tumor und dem jeweiligen Krankheitsstadium angepasst werden, als Ausdruck einer personalisierten Medizin.


Zentrale Rolle der Pathologie

Die zentrale Rolle der Pathologie in Diagnostik und Therapie erläuterte Univ.-Prof. Dr. Sigurd Lax, Institut für Pathologie LKH Graz Süd-West – Aka- demisches Lehrkrankenhaus der MedUni Graz, Professor an der JKU Linz und Vorstandsmitglied der ÖGPath/IAP Austria: „In Österreich erkranken jährlich mehr als 5.000 Frauen neu an Brustkrebs, jede achte Frau ist im Laufe ihres Lebens davon betroffen. Eine wesentliche Maßnahme im Kampf gegen den Brustkrebs ist die Erkennung früher Tumorstadien und von Vorstufen, bei deren Diagnostik der Pathologie im Rahmen eines mul- tidisziplinären Teams eine zentrale Rolle zukommt.“ Die Diagnostik erfolgt in der Pathologie durch eine histologische Untersuchung von Biopsien, die ultraschallgezielt, stereotaktisch oder mit Hilfe von MRT gewonnen werden. „Durch die Bestimmung der Biomarker an der Biopsie erhalten wir wesentliche Informationen für das weitere therapeutische Vorgehen, also ob sofort operiert wird oder vor der Operation eine neoadjuvante Thera- pie zur Verkleinerung des Tumors durchgeführt wird“, so Lax.


Neue WHO-Klassifikation

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Ende vergangenen Jahres eine neue Klassifikation der Tumoren der Brustdrüse publiziert, an der welt- weit Experten mitgearbeitet haben. Einer qualitätsgesicherten histo- und molekularpathologischen Diagnostik kommt dabei im Rahmen eines multi- disziplinären Patientenmanagements und als Basis für eine moderne zielgerichtete Therapie ein besonderer Stellenwert zu. Am Operationspräpa- rat werden die lokale Tumorausbreitung und ein möglicher Lymphknotenbefall bestimmt. Anhand dieser Befunde wird die weitere postoperative Therapie im Tumorboard festgelegt. „Für den Fall einer unklaren Befundkonstellation insbesondere zur Frage, ob auf eine Chemotherapie verzich- tet werden kann, stehen der Pathologie nun auch molekulare Genexpressionstests zur Verfügung“, sagt Lax.

Gerade beim bereits metastasierten oder Wiederauftreten von Brustkrebs wurden in den letzten Jahren in großen internationalen Studien entschei- dende Fortschritte bei der Identifikation molekularer Biomarker für eine gezielte Behandlung gemacht. So zeigt der Nachweis einer sogenannten PD-L1-Expression durch die Tumorzellen eine mögliche Blockade des Immunsystems an, die therapeutisch genützt werden kann. Dazu werden Immun-Checkpoint-Inhibitoren vor allem beim fortgeschrittenen sogenannten triple-negativen Mammakarzinom eingesetzt. Brustkrebs mit inaktivie- renden Mutationen der wichtigen DNA-Reparaturgene BRCA1 und 2 kann durch die zielgerichtete Hemmung der noch funktionierenden Repara- turgene behandelt werden. Der molekularpathologische Nachweis aktivierender Mutationen des sogenannten mTOR Pathways im Tumorgewebe und Blutplasma erlaubt wiederum eine zielgerichtete Therapie beim metastasierten östrogenrezeptorpositiven Her2-negativen Brustkrebs. „Durch die moderne feingewebliche und molekulare Gewebsdiagnostik sind Pathologen wichtige Lotsen in der Brustkrebstherapie“, betont Prim. Univ.- Prof. Dr. Karl Sotlar, Universitätsinstitut für Pathologie Universitätsklinikum Salzburg und Vorstandsmitglied der ÖGPath/IAP Austria. Aufgrund all dieser Entwicklungen kann heute viel öfter brusterhaltend operiert werden und die Brustkrebspatientinnen haben ein deutlich verbessertes Überleben.


rh