MEDIZIN | Wechseljahre

Exogene Faktoren

beeinflussen das

Sexualleben der Frau

ebenso wie endogene.

FotoS: Beck, istockphoto/ wundervisuals

Sexualität und Wechseljahre

Die hormonellen Veränderungen in den Wechseljah- ren können auch zu einer Veränderung der Sexuali- tät führen.

AUTOR:

Univ.-Prof. Dr. Peter Frigo

Leiter der Hormonambulanz

Universitätsklinik für Frauenheilkunde, AKH, MedUniWien

Ordination: Privatspital Confraternität

peter.frigo@meduniwien.ac.at

www.docfrigo.at

Ein deutlicher Abfall der Libido wird von rund 50 % der Frauen berichtet, vaginale Trockenheit aufgrund des Östrogendefizits von etwa 30 %. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr treten bei rund 40 % auf.

Neben dem verminderten sexuellen Verlangen und den Schmerzen beim Geschlechtsverkehr treten auch Erregungsstörungen sowie Orgasmusstö- rungen in den Wechseljahren auf. Allerdings werden diese nur „auffällig“ bzw. Thema in der Sprechstunde, wenn diese Störungen für die Frau als

belastend empfunden werden. Eine Ausnahme bilden die Orgasmusstörungen, die oft schon in früheren Jahren auftreten – sie sind insgesamt bei jüngeren Frauen häufiger. Diese Störung betrifft bis zu 20 %.

Exogene Faktoren beeinflussen das Sexualleben der Frau ebenso wie endogene: Partnerprobleme, aber auch der Gesundheitszustand des Part- ners sowie der eigene, veränderte Gesundheitszustand, Beziehungsverhältnisse und viele andere Faktoren. Die Therapie dieser exogenen Fakto- ren sollte durch einen Sexualtherapeuten erfolgen. Eine hormonelle Therapie alleine wird nur in wenigen Fällen zum Erfolg führen.


Libido

In den USA wurde vor einigen Jahren die „rosa Pille“ zur Steigerung der weiblichen Libido zugelassen. Aufgrund der Nebenwirkungen wird nur Ärzten, die zuvor einen Kurs zur Anwendung der rosa Pille besucht haben, überhaupt die Verordnung derselben erlaubt. Bis heute ist diese nicht in Europa angekommen. Da gerade Frauen in den Wechseljahren auch unter anderen Erkrankungen leiden, wie zum Beispiel Schilddrüsenerkrankun- gen, ist die rosa Pille daher für die Frau in der zweiten Lebenshälfte aufgrund ihrer Nebenwirkungen keine Option und auch derzeit nicht erhältlich.

Die Wiener Schule rät in jedem Falle einer Hormontherapie der Menopause zu einem Hormonstatus, um die Ist-Situation zu analysieren und zu do- kumentieren. Folgende Hormone sollte ein Hormonstatus in der Menopause umfassen:

• TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon), T3 (Trijodthyronin), T4 (Thyroxin)

• LH (luteinisierendes Hormon), FSH (Follikelstimulierendes Hormon)

• Östradiol, Progesteron

• Testosteron, Androstendion, DHEA (Dehydroepiandrosteron)

• Prolaktin, SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin)

• Vitamin D 25 (OH)

• Parathormon


Die Definition der Menopause ist international:

• FSH > 25

• Östradiol < 40

Zur Bestimmung der Fruchtbarkeit i.e. Verhütung ist das AMH (Anti-Muller-Hormon) zu empfehlen. Allerdings werden die Kosten der AMH-Bestim- mung nicht von den Kassen übernommen.

Doch zurück zur Libido: Eine lokale Therapie mit Östriol (Ovestincreme R) oder Östradiol-haltigen Salben ist die Therapie der ersten Wahl. Östro- gen kann die Durchblutung verbessern sowie die Feuchtigkeit der Vaginalschleimhaut erhöhen. Dies kann sich positiv auf die Libido auswirken.

Ist die Trockenheit kein Thema, dann kann auch Testosteron lokal appliziert werden, zum Beispiel als 3 % Testosteronpropionat.

Testosteron kann sich auch positiv auf die Orgasmusfähigkeit auswirken. Eine systemische Hormontherapie mit Östrogen und Progesteron ist be- sonders bei weiteren Beschwerden wie Hitzewallungen indiziert.

Testosteron ist als systemische Therapie in Einzelfällen sinnvoll: So hat sich die Verschreibung von 25 mg täglich DHEA bei Frauen mit Androgen- defizit bewährt. DHEA ist ein Prohormon von Testosteron und führt bei längerer Einnahme auch zu einem Ansteigen von Testosteron.


Trockenheit

Ein Austrocknen des inneren Genitales hat nicht nur Dyspareunie zur Folge, sondern führt auch zu vermehrten Infektionen. Eine Lokaltherapie mit Östriol ist hier anzuraten: Östriol wirkt vor allem nicht systemisch und damit auf die Brust. Östradiol, auch nur vaginal verwendet, kann durch die Vagina sehr gut resorbiert werden und damit systemisch – und auch auf das Brustgewebe – wirken. Im Handel finden sich viele Gleitcremen unter- schiedlichster Zusammensetzung, diese haben sich in der Menopause in den meisten Fällen nicht bewährt. Hat die Frau auch weitere klimakteri- sche Beschwerden, ist auch eine systemische Hormontherapie indiziert, die zumeist in Tablettenform appliziert wird und die Vagina mitbehandelt.


Erregungs- und Orgasmusstörungen

Bei beiden Störungen kann die Anwendung von topischem Testosteron empfohlen werden; eine 3 % Testosteroncreme kann die Erregungs- und Orgasmusfähigkeit verbessern. Die Testosteroncreme ist allerdings ein Magistraliter-Rezept, fertige Cremen sind nicht erhältlich. Für eine sexuelle Gesundheit in den Wechseljahren sind neben den Hormonen vor allem auch die Lifestylefaktoren wie Ernährung und Sport zu nennen. Es ist nie falsch, die Patientinnen zu einem gesunden Lebensstil zu ermutigen, nicht zuletzt, um ihre sexuelle Aktivität zu erhalten.