Wann ist eine Long‐Covid‐
Betreuung erforderlich?
FOTOS: KLINIKUM WELS‐GRIESKIRCHEN / NIK FLEISCHMANN
Viele Patienten benötigen nach einer Covid‐19‐Erkran- kung eine lange Genesungszeit. Anhaltende Symptome sind selbst nach einem milden und mittelschweren Ver- lauf möglich. Diese bilden sich in den allermeisten Fällen im Verlauf von Wochen und Monaten zurück.
Long Covid bezeichnet Beschwerden, die während oder nach einer Covid‐19‐Erkran- kung auftreten und die – je nach Studie – länger als vier bis zwölf Wochen nach der Akuterkrankung anhalten. Die Symptome können nach heutigem Kenntnisstand so- wohl nach schweren als auch nach milden und mittelschweren Verläufen auftreten. Die Beschwerden sind variabel und reichen von einer geringen Befindlichkeitsstörung
bis hin zu massiver Beeinträchtigung. Sie können andauernd vorhanden sein oder auch nach Besserung wieder verstärkt auftreten. Häufig sind Müdigkeit und eingeschränkte Leistungsfähigkeit, anhaltender Riech‐ bzw. Geschmacksverlust, Atemnot und Schlaflosigkeit. Weitere, jedoch selte- nere Symptome sind unter anderem Brustenge, Brustschmerzen, Husten, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Nervenstörungen, Kopfschmer- zen, Schwitzen, Durchfall, Haarausfall, Konzentrations‐ und Gedächtnisstörungen, Herzrasen, depressive Verstimmung oder Hautausschläge.
Nachsorge erforderlich
Bei Atemnot oder Sauerstoffmangel in Ruhe oder bei Belastung, Bluthusten, bei Verdacht auf Brustschmerzen, die mit dem Herzen zusammenhän- gen, sowie bei Hinweisen auf eine ausgeprägte Kreislaufinstabilität ist eine Nachsorge erforderlich. Bei Kindern und Jugendlichen, wenn es Anzei- chen auf das gefährliche Multisystem‐Entzündungssyndrom gibt, unter anderem Fieber, das zwei bis acht Wochen nach einer Sars‐CoV‐2 Infektion auftritt.
Wer von Long Covid am häufigsten betroffen ist, lässt sich noch nicht konkret sagen, da noch zu wenig verlässliche und vergleichbare Daten vor- liegen. Jedoch dürften folgende Personengruppen ein höheres Risiko für eine Symptomatik haben: Personen mit sehr schwerer Covid‐Erkrankung, Personen über 50 Jahre, übergewichtige Personen sowie Personen, bei denen während der akuten Infektion mehr als fünf verschiedene Organ- symptome vorhanden waren.
Vielleicht sind auch Patienten betroffen, die gar nicht von ihrer Covid‐Erkrankung wussten oder kein Testergebnis hatten und dennoch jetzt unter Symptomen leiden, die man Long Covid zuordnen könnte. Daher sollten anhaltende Beschwerden auf jeden Fall Anlass zu einer Klärung geben. Es müssen immer auch andere Erkrankungen neben Covid‐19 abgeklärt und ausgeschlossen werden. Vorbestehende Grunderkrankungen könn-
ten sich infolge verschlechtern. Allerdings erfordert nicht jedes Symptom eine sofortige umfassende Abklärung. Nach Ausschluss eines potenziell gefährlichen Verlaufs und nach entsprechender Basis- untersuchung mit Ausschluss einer organischen Schädigung kann bei milder Symptomatik in vielen Fällen abwartend beobachtet werden.
Rehabilitation kann sinnvoll sein
In der Nachsorge werden Beschwerden abgeklärt, der Verlauf beurteilt und spezifische Erkrankun- gen als auch funktionelle Störungen behandelt. Letztere können oft langwierig verlaufen. Unter ande- rem werden Strategien angewendet, die eine langsame Wiederaufnahme von Alltagstätigkeiten und ‐belastungen ermöglichen sollen. Dazu erfolgt die Abschätzung der zu erwartenden Alltagsbelas- tung im Verhältnis zur gegebenen Leistungsfähigkeit sowohl im körperlichen Bereich als auch in Be- zug auf die kognitive, mentale und emotionale Leistungsfähigkeit. Zudem wird auf die Entwicklung der Symptome geachtet und bei Bedarf eine entsprechende Unterstützung organisiert, etwa Physio‐, Ergo‐ oder Psychotherapie.
Eine Notwendigkeit für eine Post‐Covid‐Rehabilitation kann ab Stufe drei der fünfstufigen Einschränkung sinnvoll sein und beantragt werden. Diese Stufe bedeutet, dass Symptome, Schmerzen, eine Depression oder Angstzustände vorhanden sind und dass Aufgaben sowie Aktivitäten des Allta- ges oder im Beruf reduziert werden müssen. Die Indikation wird für Erwachsene mittels einer standardisierten, geprüften funktionellen Covid‐19‐ Skala eingeschätzt.