Osteoporose in der Schwangerschaft
Osteoporose-Erkrankungen werden oft mit älteren Menschen assoziiert, da sie einen Knochenschwund bezeichnen. Doch ein seltenes Krankheitsbild, das mit einer Schwangerschaft einhergehen kann, ist die Schwangerschaftsosteoporose.
AUTOR:
Dr. Munther Sabarini
Neurochirurg, Avicenna – Internationale Klinik für Neurochirurgie und Wirbelsäulenchirurgie, info@avicenna-klinik.de
Vorurteile führen dazu, dass die Krankheit häufig unerkannt bleibt. Dass starke Rückenschmerzen oft als Begleiterscheinung oder Nachwehen der Schwangerschaft eingestuft werden, ist der korrekten Diagnose abträglich. Doch: Eine Schwangerschaftsosteoporose kann multiple Frakturen entlang der Brust- und Lendenwirbelsäule auslösen.
Auslöser unbekannt
Untersuchungen gelingt es bislang nicht, einen Auslöser zu bestimmen. Es kommt meist in der ersten Schwangerschaft, während der Geburt oder in den darauffolgenden Monaten zu einem Knochenmasseverlust, der die Wirbelsäule gefährdet. Der Hintergrund dessen ist, dass das maternale Skelett auch bei gesunden Frauen eine bedeutende Calciumquelle für das Baby darstellt. Calcium ist ein Mineralstoff, der Knochen und Zähne stabilisiert. Was die Mutter davon mit Nahrung zu sich nimmt, kann häufig durch einen Vitamin-D-Mangel nicht aufgenommen beziehungsweise an das Kind weitergegeben werden. Wenn dann die Neuaufnahme ausbleibt, nimmt die Knochendichte ab.
Einer von zahlreichen Prozessen, die sich bei Müttern mit einer Schwangerschaft zudem neu anpassen, ist der Knochenstoffwechsel. Vor allem die Stillzeit schwächt das Skelett obendrein durch die ausbleibenden Regelblutungen. Das Hormon Östrogen, das sonst einen Schutz für das Skelett darstellt und eine zu hohe Calciumabgabe verhindert, wird während dieser Phase in kleineren Mengen gebildet. Dadurch ist das Skelett noch angreifbarer und gibt hohe Calciummengen über die Muttermilch ab, wodurch die Knochendichte um weitere drei bis neun Prozent abnimmt. Auch die Verabreichung des Blutverdünnungsmittels Heparin in der Schwangerschaft ist der Entwicklung einer Osteoporose zuträglich. Die Hintergründe jedoch, weshalb dieser Knochenmasseabbau bei einigen Frauen so gravierend ausfällt, bleiben ungeklärt.
Erste Anzeichen ernst nehmen
Eine niedrige Knochendichte löst keine Schmerzen aus. Beschwerden treten in der Regel erst auf, wenn Patientinnen Frakturen erleiden. Charakteristische Symptome sind starke Schmerzen in Brust- oder Lendenwirbelsäule sowie im Hüft- und Beckenbereich. Schmerzen bei Frakturen können so gravierend sein, dass der Alltag nicht mehr bestreitbar ist. Diagnoseverfahren umfassen ein MRT, eine Knochendichtemessung, eine Untersuchung der Blutwerte zum Ausschluss anderer Ursachen, eine Ultraschall- oder Röntgenuntersuchung im Anschluss an die Geburt. Zudem besteht die Möglichkeit einer körperlichen Untersuchung, da die Krankheit häufig mit einer Körpergrößenabnahme einhergeht. Alternativ kann ein Einsatz von Radioisotopen Stoffwechselvorgänge sichtbar machen. Eine mindernde Maßnahme für Betroffene bietet das sofortige Abstillen durch Medikamenteneinnahme. So besteht die Möglichkeit, über die Muttermilch noch mehr Calcium abzugeben, nicht mehr.
Knochendichte wieder aufbauen
Behandlungen bieten sowohl medikamentöse als auch nicht medikamentöse Therapien. Zur medikamentenfreien Behandlung wird die Einnahme von Vitamin D und Calcium, entweder als Supplement oder durch Essenszufuhr und Zeit in der Sonne, angewandt. Das Vitamin D, das der Körper bei Einstrahlung von Sonne auf die Haut bildet, unterstützt den Körper in der Aufnahme von Calcium aus dem Darm und der Eingliederung in die Knochen. Einzunehmende Mengen gilt es mit dem behandelnden Arzt abzustimmen, sie sind regelmäßig im Hinblick auf die Stoffwechselprozesse zu kontrollieren.
Eine niedrige Knochendichte löst keine Schmerzen aus. Beschwerden treten in der Regel erst auf, wenn Patientinnen Frakturen erleiden.
Arzneimittel sind meist Notfällen vorbehalten, da potenzielle Spätfolgen nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Doch bei der Verschreibung von Medikamenten wie Bisphosphonat, Denosumab oder Teriparatid kam es laut einer Studie des Instituts für Diagnose und Stoffwechselforschung der Universität del Salvador über einen Zeitraum von 12 bis 24 Monaten bei Betroffenen zu einem Knochendichtezuwachs zwischen 14 bis 36 %. Es besteht die Option, weitere Therapieelemente individuell abzustimmen.
Ist es im Rahmen der Schwangerschaft zu einer oder multiplen Wirbelfrakturen gekommen, können weitere Therapieansätze wie zum Beispiel Schmerzbehandlungen, Ruhigstellungen sowie Physiotherapien oder auch Anwendungen wie die Elektrotherapie oder die Schmerzpsychotherapie Entlastung bringen. Vor einer Schwangerschaft ist es außerdem empfehlenswert abzuklären, ob gegebenenfalls eine erhöhte Calcium- und Vitamin-D-Zufuhr zum Beginn einer Schwangerschaft sinnvoll ist.
fotoS: zvg, istockphoto/ staras