Sepsis: Immer ein Notfall
Kürzlich wurden neue Empfehlungen zur Prävention, Diagnostik, Behandlung und Nachbetreuung von Sepsis veröffentlicht.
Das Konsensuspapier zur Sepsis in Österreich ist ein wichtiges Strategiepapier, das den Umgang mit der nach dem Epidemiegesetz nur teilweise meldepflichtigen Erkrankung regelt und Empfehlungen zur Prävention, Diagnostik, Behandlung und Nachsorge von Sepsis bietet. „Die breite Anwendung der Empfehlungen zur Früherkennung, treffsicheren Therapie und Nachsorge der Sepsis ist für uns Intensivmediziner ein wesentlicher Beitrag, um die Morbidität und Mortalität der Sepsis zu senken“, erklärt Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Eva Schaden, Mitautorin des Konsensuspapiers und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) sowie Präsidentin der Federation of Austrian Societies of Intensive Care Medicine (FASIM).
Intensive Aufklärung und Information
In Österreich erkranken Schätzungen zufolge jährlich rund 28.000 Personen an Sepsis und etwa 6.700 Menschen verlieren ihr Leben an die Folgen dieser Erkrankung. Weltweit zählt Sepsis zu den häufigsten und am wenigsten erkannten Erkrankungen, statistisch gesehen mit einem Todesfall alle 2,8 Sekunden. Das Auftreten der Erkrankung geht mit erheblichem Leid für die erkrankte Person einher und führt zu hohen Kosten in der Behandlung der Erkrankung und der sich daraus entwickelnden Folgeerscheinungen. Viele Patienten, die eine Sepsis überlebt haben, leiden später unter neu aufgetretenen Krankheiten oder der Verschlechterung bereits bestehender Symptome. Sepsis kann durch Bakterien, Pilze, Viren oder Parasiten ausgelöst oder auch als Gesundheitssystem-assoziierte Infektion erworben werden. Bei einer Sepsis ist frühes Erkennen und Behandeln von entscheidender Bedeutung.
Diese Fakten unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf. „Sepsis ist eine der größten Herausforderungen für die Intensivmedizin, da es sich um einen medizinischen Notfall handelt. Der septische Schock ist eine schwere Form der Sepsis, bei der die Kreislauf- und Zellstoffwechselstörungen so tiefgreifend sind, dass sie die Sterblichkeit erheblich erhöhen. Die Empfehlungen für die Prävention, Diagnostik und Therapie sind daher ein wesentlicher Schritt, mit dem dieser lebensbedrohlichen Erkrankung nun auch die entsprechende Beachtung zukommt“, bestätigt auch Univ.-Prof. Dr. Christoph Hörmann, Präsident der ÖGARI.
KI zur Früherkennung und Behandlung
Für den Behandlungsverlauf und die Prognose einer Sepsis sind neben dem fachärztlichen Know-how auch die Verknüpfung aller verfügbaren Gesundheitsinformationen wie Vorerkrankungen, Dauermedikation, Vitalparameter, Blutbefunde oder mikrobiologische Ergebnisse relevant. Daher hebt das Konsensuspapier das große Potenzial der künstlichen Intelligenz (KI) hervor. „Die Förderung der Entwicklung von KI-Modellen zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der Sepsis im österreichischen Gesundheitswesen ist ein wichtiger Schritt. Die ÖGARI unterstützt diese Maßnahmen und wird auf der Jahrestagung den Expertenkreis Digitalisierung gründen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Oliver Kimberger, der das Thema als Keynote-Speaker vertiefen wird. So soll künftig ein ethisch wie medizinisch verantwortlicher Umgang mit der Anwendung von KI-Methoden in der Behandlung von septischen Intensivpatienten ermöglicht werden“, ergänzt Hörmann.
Schon seit einigen Jahren zeigt der Einsatz von KI in der medizinischen Versorgung vielversprechende Möglichkeiten. Algorithmen könnten in verschiedenen Stadien der Sepsis eingesetzt werden. Ein erfolgreiches Beispiel ist Sepsis Watch, eine auf Deep Learning basierende Plattform, die 2018 im klinischen Routineprozess am Duke University Hospital (USA) etabliert wurde. „Die Ergebnisse zeigen, dass es bereits heute machbar ist, KI-basierte Sepsis-Früherkennungsmethoden in die klinische Routineversorgung zu integrieren“, sind sich Schaden und Kimberger einig.
rh
AIC 2024
Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin 24.–26.10.24, Congress Salzburg
www.oegari.at
FOTO: ISTOCKPHOTO/ KHALED AHMED