Wenn die Praxis verkauft werden soll

 
 

Sowohl der Verkauf als auch die Aufgabe einer Ordination kann mit erheblichen steuerlichen Konsequenzen verbunden sein. Daher sollte dieser Schritt gut vorbereitet werden.

Dieser Tag wird wohl im Berufsleben eines jeden niedergelassenen Arztes einmal kommen: Die Ordination wird, meist aus Altersgründen oder auch wegen anderer Karriereentscheidungen, beendet. In der Regel wird die Praxis verkauft oder im Falle, dass kein Nachfolger oder Interessent gefunden werden kann, aufgeben. „Beides kann mitunter erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen, mit denen sich Ärzte unbedingt zeitnah befassen sollten“, meint Mag. Sina Klinger, LLBoec, von der Steuerberatung für Ärzte (SFÄ). Denn nicht umsonst heißt es, dass mit dem „Aufhören“ mehr Aufwand verbunden ist als dem „Anfangen“.

Entgeltlicher Praxisverkauf

„Von einem entgeltlichem Praxisverkauf ist dann die Rede, wenn eine Arztpraxis gegen einen angemessenen Preis an einen Nachfolger verkauft wird, wodurch dieser in die Lage versetzt wird, sie weiterzuführen“, erklärt Klinger. In einem ersten Schritt wird hier der Veräußerungsgewinn ermittelt. Dieser ist dann gegeben, wenn der Veräußerungserlös, nach Abzug der Veräußerungskosten, höher als der Wert des übertragenen Betriebsvermögens zu Buchwerten ist. Wie die Steuerexpertin weiter ausführt, unterliegt der Veräußerungsgewinn im Jahr des Praxisverkaufs der Einkommenssteuer, allerdings mit Begünstigungen. In der Regel wird der Kaufpreis sofort bezahlt oder ein zeitnaher Zahlungstermin vereinbart und der übernehmende Arzt nimmt einen Kredit auf, um die Transaktion zu finanzieren.

Der Kaufpreis selbst bezieht sich zum einen auf die verkauften Betriebsmittel wie etwa Geräte und Ordinationseinrichtung. „Einen wesentlichen Teil des Kaufpreises repräsentiert jedoch der Praxiswert, der sich über die Jahre des Bestehens der Ordination aufgebaut hat“, erklärt Klinger. Dieser Firmenwert ist grundsätzlich betraglich frei definierbar. Dem Praxiswert steht auch kein Buchwert beim verkaufenden Arzt gegenüber, daher unterliegt er zu 100 % der Einkommensteuer. Der Vorteil des Erwerbers liegt darin, dass er den reinen Praxiswert über fünf Jahre abschreiben kann. „Die Vereinbarung, den Kaufpreis mithilfe einer Ratenzahlung oder einer Versorgungsrente zu begleichen, steht den Vertragsparteien ebenfalls offen, kommt aber in der Praxis eher seltener vor“, berichtet Klinger aus ihrem beruflichen Alltag.

Aufgabegewinn ermitteln

„Falls ein Arzt keinen Nachfolger für seine Ordination finden konnte und sich entscheidet, sie aufzugeben, muss für das betreffende Jahr ein Aufgabegewinn ermittelt werden“, so die Steuerberaterin weiter. Konkret versteht man darunter jenen Betrag, um den die Erlöse für die veräußerten Wirtschaftsgüter plus des Wertes der ins Privatvermögen übernommenen Gegenstände über dem Buchwert des Betriebsvermögens liegen. Wie Klinger erläutert, müssen Letztere mit ihrem gemeinen Wert, sprich dem Preis, der bei einem Verkauf erzielbar gewesen wäre, angesetzt werden.

Egal ob Veräußerungs- oder Aufgabegewinn, in beiden Fällen stellt die Basis für deren Ermittlung die Bilanz nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung dar. „Da Ärzte jedoch ihr laufendes Ordinationsergebnis durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln, muss nachträglich eine Bilanz erstellt werden. In der Praxis bedeutet dies, dass der Gewinn, vom Jahresbeginn bis zum letzten Tag der freiberuflichen Tätigkeit wie üblich durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt wird“, so Klinger. Dieser Gewinn unterliegt dem Normalsteuersatz. Alle übrigen Einnahmen, die nach dem Tag der Beendigung der ärztlichen Tätigkeit zufließen, wie etwa die Endabrechnungen der Krankenkassen, und auch Nachlaufkosten wie zum Beispiel Betriebskostenabrechnung, werden auf den Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe „herangezogen“. Durch diese Gegenüberstellung von Forderungen (noch nicht erhaltene Erlöse zum Zeitpunkt der Beendigung der ärztlichen Tätigkeit) und Verbindlichkeiten (noch nicht beglichene Aufwände) ermittelt man den sogenannten „Übergangsgewinn“, der gleich besteuert wird wie der eigentliche Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn.

Besteuerungen der Gewinne

Laut Klinger gibt es verschiedene Steuerbegünstigungen, abhängig davon, ob bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Die für Ärzte relevanteste Begünstigung ist die der Inanspruchnahme des halben Einkommensteuersatzes. „Wird der Betrieb deshalb veräußert oder aufgegeben, weil der Arzt gestorben oder erwerbsunfähig ist oder das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt und sind seit der Betriebseröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen, wird auf Antrag die Einkommensteuer betreffend den Übergangs-, Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn auf die Hälfte des auf das Gesamteinkommen entfallenden Durchschnittsteuersatzes ermäßigt“, erklärt Klinger. Nachsatz: „Da Ärzte mit ihrem Einkommen in der Regel einem Grenzsteuersatz von 50 % unterliegen, wirkt sich diese Begünstigung betragsmäßig am meisten aus.“

Wird die Hälftesteuersatzbegünstigung in Anspruch genommen, muss grundsätzlich jegliche aktive betriebliche Betätigung im Erwerbsleben eingestellt werden. Wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten jedoch 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus diesen Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen, liegt noch keine relevante Erwerbstätigkeit vor. Nicht begünstigungsschädlich sind Pensionseinkünfte, Einkünfte aus bloßer Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen.

Alternativ zum Hälftesteuersatz gibt es noch einen Freibetrag in Höhe von 7.300 Euro, in diesem Fall unterliegt der übersteigende Betrag jedoch ohne Begünstigungen der Einkommenssteuer. Zudem besteht noch alternativ die Möglichkeit, den Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn gleichmä- ßig auf drei Jahre zu verteilen, jedoch zum normalen Einkommensteuertarif versteuert.

Entnahme von Grund und Boden steuerbefreit

Seit Juli 2023 gibt es eine spannende Neuerung: Die Entnahme von Gebäuden ist von der Immobilienertragssteuer befreit. Davor hat wohl so mancher Arzt die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass Entnahmen von Betriebsgebäuden in das Privatvermögen sehr teuer werden können. „Durch eine Gesetzesänderung wird nun generell die Entnahme von Gebäuden der Entnahme von Grund und Boden gleichgestellt und somit steuerneutral gestellt“, so Klinger. Der Hintergrund sei die Ökologisierung des Steuerrechts, um nachhaltige Vorgänge steuerlich zu begünstigen und auch um die zukünftige Bodenversiegelung zu verhindern. „Als Resultat der Gesetzesänderung kann man nun das Gebäude mit dem bereits abgeschriebenen Buchwert ohne Steuerbelastung jederzeit in das Privatvermögen überführen. Erst beim tatsächlichen Verkauf des Grundstücks fällt Immobilienertragsteuer an.“

Tipps aus der Praxis

Zum Abschluss noch ein paar „heiße“ Tipps von Steuerexpertin Klinger: „Bei einer Veräußerung ist vor allem für beide Vertragsparteien wichtig, auch eine rechtliche Beratung betreffend des Übergabevertrages in Anspruch zu nehmen.“ Wichtig sei es auch zu berücksichtigen, dass die Rahmenbedingungen für die Übergabe oder Veräußerung nicht in jedem Bundesland gleich sind. „Beispielsweise muss in Oberösterreich unter Umständen eine OG gegründet werden.“ Darüber hinaus seien auch höhere Ablösen üblich, weshalb eine entsprechende Vorlaufzeit empfehlenswert sei. „Hervorheben muss man auch die Nachversteuerung der zuvor für den Gewinnfreibetrag verwendeten Wertpapiere, wenn eine vierjährige Behaltedauer aufgrund der Praxisbeendigung nicht möglich war“, so Klinger. Das Kaufen von Wertpapieren für den Gewinnfreibetrag zahlt sich aber ihrer Einschätzung nach auf jeden Fall bis zum Ende der Tätigkeit aus, wenn man die Voraussetzungen für den Hälftesteuersatz erfüllt.

pb


FOTOS: ZVG, ISTOCKPHOTO/ DEN EMMANUEL 
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