Dauernörgler: Warum Führungskräfte handeln müssen

 

Konstruktive Kritik ist in Kliniken, Praxen und Gesundheitseinrichtungen unerlässlich. Sie sorgt dafür, dass Qualität, Patientensicherheit und Arbeitsabläufe kontinuierlich verbessert werden.


AUTOR:
Hartwig Görtler

Executive Interim Manager,

info@campsis-consulting.de www.campsis-consulting.de


Doch zwischen konstruktiver Kritik und permanentem Nörgeln verläuft eine dünne Linie, die leicht überschritten wird. Gerade im Gesundheitswesen, einer Branche, die kontinuierlichem Wandel und hohem Druck ausgesetzt ist, können Dauernörgler, Problemzüchter und Einwandsverwalter erheblichen Schaden anrichten – sie behindern Abläufe, demotivieren das Personal und gefährden letztlich sogar die Patientenversorgung.

Wer dauerhaft jede neue Idee oder jeden Veränderungsvorschlag nur negativ betrachtet, trägt nicht zu Verbesserungen bei, sondern erschwert diese massiv. Solche Personen sorgen dafür, dass Team-Meetings zu einem Spießrutenlauf werden, bei dem neue Ideen regelrecht abgeschmettert werden, noch bevor sie überhaupt reifen konnten. Gerade in einem sensiblen Bereich wie der Medizin oder Pflege ist die Bereitschaft zur Innovation essenziell, um Herausforderungen wie Personalmangel, Prozessoptimierung oder neue regulatorische Anforderungen meistern zu können.

Dauernörgler verhindern genau diese notwendige Innovationsbereitschaft. Statt konstruktiv an Lösungen mitzuarbeiten, schaffen sie eine Atmosphäre, in der Mitarbeitende Angst haben, überhaupt noch Vorschläge einzubringen. Diese lähmende Wirkung ist besonders fatal, wenn sie sich auf das Klima im gesamten Team oder sogar in der ganzen Organisation ausdehnt.



Woher kommt die permanente Nörgelei?

Die Gründe für eine dauerhafte negative Haltung im Gesundheitswesen sind vielfältig. Oft stehen persönliche Ängste dahinter, etwa die Befürchtung, durch neue Technologien und Prozesse abgehängt zu werden. Gerade im medizinischen Bereich sind Mitarbeitende oft lange Jahre in ihren Abläufen routiniert, sodass Veränderungen zunächst Unsicherheit erzeugen können. Aber auch Frust aufgrund von Überlastung oder fehlende Wertschätzung können Ursachen sein. Die ständigen Reformen und Umstrukturierungen, die der Gesundheitsbereich seit Jahren erlebt, erhöhen diesen Druck zusätzlich. Führungskräfte sind daher gefordert, sehr aufmerksam hinzuschauen, um die wahren Motive der Dauernörgler zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern.



Klarheit und Konsequenz 

Um dauerhaft destruktiver Nörgelei wirksam zu begegnen, müssen Führungskräfte klar und konsequent handeln. Es reicht nicht aus, sich das Problem lediglich anzusehen und dann untätig zu bleiben. Wer Verantwortung trägt, hat die Pflicht, den Unterschied zwischen konstruktiver Kritik und reiner Destruktivität deutlich zu kommunizieren. Natürlich gehört es zunächst dazu, das persönliche Gespräch zu suchen und nach den Ursachen für das Verhalten zu fragen. Gibt es nachvollziehbare Sorgen? Handelt es sich um echte Risiken, etwa für die Patientensicherheit, oder um Probleme in internen Abläufen? Wenn allerdings festgestellt wird, dass die Einwände dauerhaft unbegründet sind oder lediglich auf persönlicher Ablehnung basieren, müssen klare Grenzen gezogen werden.

 
 

Praxistipps für Führungskräfte

Damit Führungskräfte destruktives Verhalten frühzeitig erkennen und angemessen reagieren können, sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Rechtzeitig erkennen, wenn Mitarbeitende wiederholt destruktive und unbegründete Kritik äußern.

  • In wertschätzenden Einzelgesprächen klar benennen, warum ein bestimmtes Verhalten problematisch ist, und gemeinsam nach Lösungen suchen.

  • Ein verbindliches Erwartungsmanagement etablieren: Kritik soll konstruktiv formuliert sein und stets konkrete Lösungsvorschläge enthalten.

  • Trainings und Workshops anbieten, die helfen, den Umgang mit Einwänden und Kritik professionell zu gestalten.

  • Gegebenenfalls Aufgabenbereiche überprüfen und verändern, sodass destruktive Personen weniger Einfluss auf kritische Prozesse haben und ihre Stärken an anderer Stelle sinnvoller einsetzen können.

  • Bereitschaft und den nötigen Durchsetzungswillen haben, sich von Personen zu trennen, die trotz aller Maßnahmen in ihrer Destruktivität verharren – sie ist toxisch und kann auf das ganze Team streuen.

 
 

Einwände zur richtigen Zeit zulassen

Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch der Zeitpunkt, an dem kritische Einwände in Teammeetings und Veränderungsprozessen vorgebracht werden. Gerade in kreativen Phasen neuer Projekte im Gesundheitswesen, beispielsweise bei der Einführung neuer digitaler Systeme oder der Umgestaltung von Arbeitsabläufen, müssen Ideen zunächst Raum zur Entfaltung bekommen.

Zu früh vorgebrachte Einwände wirken wie eine Blockade und ersticken kreative Lösungsansätze im Keim. Für eine erfolgreiche Innovationskultur ist es wichtig, dass kritische Fragen und Bedenken erst dann diskutiert werden, wenn der kreative Prozess weit genug fortgeschritten ist. Die Qualität eines Einwands hängt dabei ebenso stark vom Zeitpunkt ab wie von dessen Inhalt. Dauernörgler, die ständig zu früh intervenieren, zerstören nicht nur die Motivation, sondern hemmen den gesamten Innovationsprozess nachhaltig.


Innovations- und Feedbackkultur etablieren

Gerade im Gesundheitswesen ist eine klare Struktur bei der Einführung neuer Abläufe, Produkte oder Systeme enorm wichtig. Mitarbeitende müssen wissen, in welcher Phase eines Projekts konstruktive Kritik erwünscht ist und wann zunächst freier Raum für die Entfaltung neuer Ideen gegeben wird. Eine solche Unternehmenskultur, die Transparenz und klare Kommunikationsregeln beinhaltet, bietet Dauernörglern weniger Angriffsfläche. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Training des Teams im konstruktiven Umgang mit Kritik und Feedback. Wenn Mitarbeitende Kritik nicht persönlich nehmen, sondern als hilfreiche Anregung für Verbesserungen wahrnehmen, verändert dies nachhaltig das Klima. Dabei lernen sie zugleich, selbst lösungsorientierte Vorschläge einzubringen, statt lediglich Probleme zu benennen.

Wenn Führungskräfte im Gesundheitswesen konsequent mit destruktivem Verhalten umgehen, entstehen langfristig positive Effekte für die gesamte Organisation. Mitarbeitende erkennen, dass Engagement, Offenheit und lösungsorientiertes Denken belohnt und anerkannt werden. Das erhöht nicht nur die Zufriedenheit und die Bindung ans Unternehmen, sondern verbessert auch die Patientenversorgung durch effizientere Prozesse und ein gesünderes Arbeitsklima.


fotoS: zvg, istockphoto/ AndreyPopov
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