Der Arzt als Arbeitgeber
Mit der Gründung oder Übernahme einer Praxis wird der Arzt zum Unternehmer und ist damit auch für seine Mitarbeiter verantwortlich. Ein Überblick über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Bestimmungen.
Der Schritt in die Selbstständigkeit ist für den Arzt mit vielen Vorteilen verbunden. Aber auch mit Pflichten und Herausforderungen. Vor allem bei der Einstellung von Mitarbeitern gilt es, einiges genau zu beachten. Denn bei arbeitsrechtlichen Vorschriften versteht der Gesetzgeber keinen Spaß. Verstöße können für den Arzt kostspielige Folgen haben.
Sozialversicherung
„Um einen Säumniszuschlag zu vermeiden, ist es notwendig, den Dienstnehmer vor Diensteintritt bei der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) anzumelden“, erklärt Kommerzialrat Dr. Michael Klinger. Er empfiehlt Ärzten, die einen neuen Mitarbeiter beschäftigen möchten, umgehend den Steuerberater ihres Vertrauens zu informieren. Zu beachten sei, dass die Beiträge zur Sozialversicherung sowohl vom Dienstnehmer als auch vom Dienstgeber zu tragen seien. Die Gesamtbelastung von
39,05 % des Bruttogehalts setze sich dabei aus einem Dienstgeber- (20,98 %) und einem Dienstnehmeranteil (18,07 %) zusammen. Bis zum 15. des Folgemonats müssten darüber hinaus die Beträge zur „Abfertigung neu“ (1,53 %) an die ÖGK überwiesen werden.
„Um einen Säumniszuschlag zu vermeiden, ist es notwendig,
den Dienstnehmer vor Diensteintritt bei der
ÖGK anzumelden.“
Komm. Rat Dr. Michael A. Klinger,
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
Lohnabgaben
„Andere Lohnabgaben wie die Lohnsteuer und der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (DB) müssen ebenfalls bis zum 15. des Folgemonats beim Finanzamt, die Kommunalsteuer bei der Gemeinde einlangen“, führt Klinger weiter aus.
Kollektivverträge
Auch wenn für die Angestellten von Ärzten die von den einzelnen Landesärztekammern abgeschlossenen Kollektivverträge gelten, empfiehlt Klinger dennoch, mit jedem Dienstnehmer einen eigenen, schriftlichen Dienstvertrag abzuschließen. „Um auf individuelle Bedingungen Rücksicht zu nehmen“, erklärt der Steuerrechtexperte.
Probezeit, Befristung
Zusätzliche Vereinbarungen, wie
z. B. eine Probezeit, können grundsätzlich getroffen werden. „Das ist ein Zeitraum von einem Monat, während dessen das Dienstverhältnis ohne Einhaltung von Fristen von beiden Seiten gelöst werden kann“, führt Klinger aus. Beim befristeten Dienstvertrag werde wiederum die Dauer des Arbeitsverhältnisses zwischen Arzt und Dienstnehmer im Vorhinein festgelegt. Nachsatz: „Die Auflösung eines befristeten Dienstverhältnisses ist nur durch Zeitablauf, einvernehmliche Lösung, Entlassung oder Austritt möglich.“
Dienstzettel
Falls kein schriftlicher Dienstvertrag abgeschlossen wurde, müsse jedenfalls seit 28. März 2024 ein Dienstzettel (oder ein schriftlicher Dienstvertrag) auch für maximal einen Monat andauernde Dienstverhältnisse ausgehändigt werden, so Klinger weiter, um im selben Atemzug Ärzte vor der Nichtaushändigung von Dienstzetteln (oder schriftlichen Dienstverträgen) zu warnen. Seit dem 28. März 2024 würden deshalb Verwaltungsstrafen drohen. Konkret müsse die Bezirksverwaltungsbehörde im Falle einer Anzeige (z. B. durch Arbeitnehmer, Ex-Arbeitnehmer, Mitbewerber, GPLB-Prüfer o. Ä.) über den Arbeitgeber (bzw. den Geschäftsführer) eine Geldstrafe von 100 bis 436 Euro verhängen. Sind mehr als fünf Arbeitnehmer betroffen oder wurde der Arbeitgeber innerhalb der letzten drei Jahre vor der neuerlichen Übertretung bereits nach dieser Bestimmung rechtskräftig bestraft, erhöht sich der Strafrahmen auf 500 bis 2.000 Euro.
„Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde allerdings nach Einleitung des Strafverfahrens fest, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer inzwischen nachweislich einen Dienstzettel (oder einen schriftlichen Dienstvertrag – siehe Kasten) ausgehändigt hat und das Verschulden des Arbeitgebers gering ist, hat sie von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen (§ 7a AVRAG)“, stellt er klar. Obwohl der Dienstzettel per Gesetz weder vom Arzt noch vom Arbeitnehmer unterschrieben werden, empfiehlt er dies beiden Vertragspartnern „aus Gründen der Beweisbarkeit“ dennoch.
Urlaubsanspruch
Dem Dienstnehmer stehen pro Arbeitsjahr mindestens fünf Arbeitswochen Urlaub zu. „Ab dem siebten Dienstmonat kann der Dienstnehmer den gesamten Urlaub in Anspruch nehmen, davor nur einen aliquoten Anteil“, erklärt Klinger. Ein Betriebsurlaub sei nur dann möglich, wenn kein Arbeitsnehmer diesem widerspreche, es sei denn, es wären schon im Arbeitsvertrag Vereinbarungen darüber getroffen worden. „Die Ablöse des Urlaubes in Geld oder anderen Leistungen ist während eines aufrechten Dienstverhältnisses gesetzlich verboten“, warnt der Steuerexperte Ärzte.
Arbeitsaufzeichnungen
Um sicherzugehen, dass die im Arbeitsgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte eingehalten werden, müssen Ärzte, wie im Übrigen alle Arbeitgeber, Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden führen. „Diese Pflicht besteht für alle Betriebe – somit auch für Ärzte mit nur einem oder wenigen Mitarbeitern“, konkretisiert Klinger. Für die Überprüfung der Einhaltung der Aufzeichnungspflicht sei das Arbeitsinspektorat verantwortlich. Achtung: Die Nichteinhaltung führt zu Strafsanktionen gegen den Arbeitgeber.
Arbeitszeitaufzeichnungen müssen nachfolgende Punkte beinhalten: Datum, Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie der Pause. Weiters müssen Urlaube, Krankenstände und sonstige Dienstverhinderungen aufgezeichnet werden. Bei einer Prüfung seitens des Finanzamtes oder der ÖGK sind die Arbeitszeitaufzeichnungen zwingend vorzulegen.
FOTOS: ISTOCKPHOTO: MSAN10, FEODORA CHIOSEA