Neuer Mechanismus im Leberstoffwechsel entdeckt
Übergewicht geht häufig mit tiefgreifenden Veränderungen im Stoffwechsel einher. Besonders betroffen ist die Leber, die eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung des Körpers spielt.
(v.l.) Dipl.-Ing. Dr. Emilian Jungwirth, BSc, Priv.-Doz. Mag. Dr. Katrin Panzitt und Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Martin Wagner
Bei adipösen Menschen ist die Fähigkeit der Leberzellen, Fette und andere Nährstoffe in Energie umzuwandeln, oft eingeschränkt. Diese Störungen können die Entwicklung weiterer Erkrankungen wie Fettleber oder Diabetes begünstigen. Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Graz hat nun in einer Studie herausgefunden, dass der sogenannte Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) eine Schlüsselrolle dabei spielt, wie die Leberzellen von Menschen mit Adipositas Energie gewinnen. Der FXR ist ein Rezeptor, der auf Signale von Gallenbestandteilen reagiert und die Aktivität vieler Gene in der Leber steuert.
Für die Studie wurden Leberproben von Patienten untersucht, die entweder ein Placebo oder den Wirkstoff Obeticholsäure (OCA) erhielten. OCA ist ein gezielter Aktivator des FXR-Rezeptors. Dabei zeigte sich, dass FXR bei adipösen Personen deutlich stärker an die DNA bindet und damit die Steuerung von Stoffwechselprozessen übernimmt. Die Aktivierung von FXR führte zu einer Verbesserung zentraler Funktionen der Zellkraftwerke, der Mitochondrien. Vor allem die Fettverbrennung (-Oxidation) sowie die Energieproduktion über die sogenannte oxidative Phosphorylierung wurden gesteigert. Gleichzeitig sank die Bildung schädlicher Sauerstoffradikale, die sonst Zellstress verursachen können.
Schutzmechanismen für die Leber
Ein weiterer wichtiger Befund: Bei adipösen Probanden, die OCA erhielten, normalisierten sich die Werte des Antioxidans Glutathion. Glutathion wirkt wie ein Schutzschild gegen oxidativen Stress und ist entscheidend für die Stabilität und Gesundheit von Leberzellen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine gezielte Aktivierung des FXR-Rezeptors helfen könnte, Stoffwechselstörungen bei Adipositas zu behandeln und die Leberzellen vor Schäden zu schützen. So kann die Leber Fettsäuren besser verbrennen, Energie effizienter nutzen und schädliche Nebenprodukte wie freie Radikale reduzieren. Damit eröffnet sich ein vielversprechender Ansatz für zukünftige Therapien, die nicht nur die Energiegewinnung verbessern, sondern auch die Widerstandskraft der Leber erhöhen“, sagt Studien-Co-Autorin Priv.-Doz. Mag. Dr. Katrin Panzitt von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie an der Med Uni Graz. „Die Ergebnisse basieren auf umfassenden Analysen des (Epi-)Genoms, die erst durch speziell entwickelte bioinformatische Auswertungsverfahren möglich wurden. Diese Methoden hat Co-Erstautor Emilian Jungwirth, der in unserer Gruppe promoviert hat, in Zusammenarbeit mit der TU Graz entwickelt“, sagt Projektleiter Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Martin Wagner von der Klinischen Abteilung
für Gastroenterologie und Hepatologie.
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QUELLE: www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.adn4558
FOTOS: MED UNI GRAZ/WITTMANN