Die Absetzbarkeit von Krankheitskosten oder ästhetischen Behandlungen

Wie Ärzte ihre Patienten bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Krankheitskosten oder ästhetischen Behandlungen unterstützen können.


AUTORIN:
Mag. Iris Kraft-Kinz

Geschäftsführende Partnerin, Steuer-beraterin MEDplan

www.medplan.at

AUTORIN:
Dr. Astrid Kirchauer

Leiterin Kommunikation, Steuerberaterin MEDplan

www.medplan.at


Viele Patienten konsultieren Wahlärzte bei gesundheitlichen Problemen. Mitunter suchen sie auch eine Praxis auf, um durch ästhetische Eingriffe ihr äußeres Erscheinungsbild zu verbessern. Was auch immer das Anliegen ist – nicht selten werden Ärzte mit der Frage konfrontiert, ob die jeweiligen Kosten steuerlich absetzbar sind. Naturgemäß erwartet keiner, dass Ärzte über detailliertes Fachwissen über die steuerliche Absetzbarkeit der Honorare durch die Patienten verfügen. Dennoch können Grundkenntnisse über die steuerrechtlichen Regelungen von Vorteil sein, um Behandlungen für die Patienten in finanzieller Hinsicht so günstig wie möglich durchzuführen. 

Krankheitskosten 

Krankheitskosten zählen bei Patienten in steuerlicher Hinsicht grundsätzlich zu den außergewöhnlichen Belastungen. Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. 

Konkret fallen darunter: 

Arzt- und Krankenhaushonorare

  • Kosten für Medikamente (bei Vorliegen einer ärzt­lichen Verschreibung jedenfalls abzugsfähig, dies gilt z. B. auch für homöopathische Präparate), Rezept­gebühren, Behandlungsbeiträge (einschließlich Akupunktur und Psychotherapie)

  • Aufwendungen für Heilbehelfe (Gehbehelfe, Hör­geräte usw.)

  • Kosten für den Zahnersatz bzw. die Zahnbehandlung (z. B. Zahnprothese, Krone, Brücke), 

  • Kosten für Sehbehelfe (Brille, Kontaktlinsen)

  • Entbindungskosten

  • Fahrtkosten zum Arzt oder ins Spital (Fahrtenbuch zum Nachweis erforderlich) 

Wichtig: Die Behandlung muss medizinisch indiziert sein, also

  • zur Behandlung einer Krankheit dienen,

  • zur Wiederherstellung nach Verletzungen oder Unfällen erfolgen oder

  • eine erhebliche psychische Belastung mindern, was durch vorherige psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung nachzuweisen ist.

Die medizinische Indikation muss dokumentierbar und nachvollziehbar sein. Eine bloße subjektive Belastung reicht nicht – hier empfehlen sich im Zweifelsfall Befunde, ärztliche Stellungnahmen und ggf. psychotherapeutische Gutachten.

Keine Krankheitskosten 

Nicht abzugsfähig sind Aufwendungen für die Vorbeugung gegen Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, auch Kosten für eine Verjüngungskur, für eine Frischzellenbehandlung sowie für Schönheitsoperationen, konkret also:  

  • Vorbeugende Maßnahmen (z. B. Impfungen)

  • Mundhygiene

  • Wellness- und Sport-Angebote

  • Schönheitsoperationen 

  • Faltenbehandlungen zur „Verjüngung“

  • Brustvergrößerung ohne medizinische Notwendigkeit

  • Haartransplantationen aus rein ästhetischen Gründen

  • Verhütungsmittel (z. B. Spirale)

Selbstbehalt

Krankheitskosten kommen als außergewöhnliche Belastungen nur insoweit steuerlich zum Tragen, als sie einen gewissen Selbstbehalt übersteigen. Der Selbstbehalt beträgt zwischen 6 % und 12 % des Einkommens, gestaffelt nach Einkommenshöhe: 

Der Selbstbehalt vermindert sich um je 1 %, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, sowie für jedes Kind für das mehr als sechs Monate der Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrag gilt.

Erfolgt ein (teilweiser) Kostenersatz durch private oder gesetzliche Krankenversicherungen, vermindert sich der absetzbare Betrag entsprechend. Abzugsfähig sind ausschließlich selbstgetragene Aufwendungen. 


Steuerliche Geltendmachung in der Praxis

 
 

Steuertipp: Idealerweise sollte die ärztliche Leistung in einem Kalenderjahr abgerechnet werden, um den Selbstbehalt zu übersteigen. Eine Ratenvereinbarung bzw. Verteilung des Honorars über mehrere Jahre erweist sich aus Patientensicht als ungünstig. 

 
 

Exkurs

Um das Thema anschaulicher zu machen, bieten sich ein paar Beispiele aus der Praxis an: 

Operation in der Privatklinik  

Das Bundesfinanzgericht hatte sich (GZ RV/ 7103207/2021 vom 30.09.2024) mit einem Fall auseinanderzusetzen, in dem die Kosten für eine Wirbelsäulenoperation in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden sollten. Begründet wurde dies damit, dass massive Schmerzen vorlagen, eine zeitnahe Operation in einem öffentlichen Krankenhaus (auch aufgrund der damals herrschenden Covid-19-Situation) nicht gesichert war und überdies ein Hinauszögern der Operation zu negativen medizinischen Konsequenzen führen hätte können.
Die steuerliche Geltendmachung von Kosten für die Behandlung in einer Privatklinik führt oftmals zur Ablehnung durch die Finanzbehörden, da angenommen wird, dass dies nur aufgrund einer schnelleren Behandlung geschieht. Daher ist eine sorgfältige Beweisvorsorge notwendig. So sollte vorab ein öffentliches Krankenhaus um einen konkreten Operationstermin ersucht werden – danach kann allenfalls eine Privatklinik kontaktiert werden. Kann damit die längere Wartezeit in einem öffentlichen Krankenhaus nachgewiesen werden und führt die längere Wartezeit auf die Operation zu einem konkreten medizinischen Nachteil, so ist ein wichtiges Kriterium für die Geltendmachung der typischerweise höheren Kosten in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung erfüllt. 

Brustvergrößerung

Eine junge Frau von zierlicher Statur litt unter Selbstzweifeln aufgrund ihrer als zu klein empfundenen Brustgröße. Aus diesem Grund ließ sie ihre Brüste ohne medizinische Notwendigkeit operativ vergrößern. Ein Nachweis darüber, dass sie zuvor eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen hatte oder dass psychische Probleme der ausschlaggebende Grund für den Eingriff waren, lag jedoch nicht vor. Daher wurden die Behandlungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt (UFSF 11.03.2011, RV/0269-F/10).

Schlupflider

Eine Patientin litt unter Schlupflidern (Blepharochalasis), wodurch es zu einer erheblichen Einschränkung des Gesichtsfelds kam. Altersbedingte Hautveränderungen sowie eine Erschlaffung des Stirngewebes führten zusätzlich zu einem Absinken der Augenbrauen, was die Problematik weiter verstärkte. Das Bundesfinanzgericht erkannte die Kosten für die operative Straffung der Oberlider sowie die ergänzende Behandlung durch ein endoskopisches Stirnlifting (Brauenhebung) als außergewöhnliche Belastung an (BFG 24.08.2018, RV/1100330/2018).

Laserbehandlung

Eine Filialleiterin, die im Bereich Mode & Accessoires und Kosmetik tätig ist, ließ eine Laserbehandlung zur Faltenentfernung im Mundbereich durchführen. Sie begründete den Eingriff damit, dass in ihrem Beruf ein besonders gepflegtes und makelloses Erscheinungsbild erwartet werde. Die dabei entstandenen Kosten, einschließlich der Fahrtkosten, machte sie als außergewöhnliche Belastung geltend. Da jedoch ein gepflegtes äußeres Erscheinungsbild bei vielen Berufsgruppen als selbstverständlich gilt oder zumindest erwartet wird, wurden die Ausgaben weder als außergewöhnliche Belastung noch als Werbungskosten steuerlich anerkannt (BFG 23.02.2018, RV/1100215/2017).

Haartransplantation

Ein Schauspieler übernahm die Hauptrolle in einem Kindertheaterstück, für die eine glaubwürdige Darstellung mit einer Halbglatze nicht möglich erschien. Aus diesem Grund entschied er sich für eine Eigenhaartransplantation. Da der Nutzen eines solchen Eingriffs jedoch typischerweise auch das private Erscheinungsbild betrifft, konnten die entstandenen Kosten steuerlich nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden (UFSW 27. 6. 2008, RV/2802-W/07).
Anders wurde hingegen im Fall eines Mann-zu-Frau-Transsexualismus entschieden: Da ohne die Entfernung der Barthaare und eine Eigenhaartransplantation kein weibliches Erscheinungsbild erreicht werden konnte, wurden diese Maßnahmen als medizinisch indizierte kosmetische Eingriffe anerkannt. Die dadurch entstandenen Kosten fielen unter die Regelungen des § 34 EStG und konnten somit steuerlich als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (UFSW 19.04.2010, RV/2160-W/06).


fotoS: DIE ABBILDEREI, istockphoto/ deepblue4you, zvg, Caiaimage/Sam Edwards
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