Narben- und Wundheilung aus Sicht einer ganzheitlichen Medizin
DDr. Jasmin Stadler ist Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, betreibt eine Wahlarztordination mit Schwerpunkt auf Ganzheitsmedizin mit Akupunktur und TCM in Graz und ist an der Kinderabteilung mit Neonatologie im Krankenhaus Oberwart tätig. Sie gibt Einblick in die Narben- und Wundversorgung bei Kindern.
„Der Softlaser hat ein sehr breites Anwendungsspektrum und in kurzer Zeit lassen sich rasch Erfolge erzielen.“
DDr. Jasmin Stadler
Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit ganzheitlichen Ansätzen in der Behandlung verschiedenster Beschwerden. Welche Rolle spielt für Sie das Thema Wundheilung und Narbenbehandlung in der täglichen Praxis?
Ich bin Kinderärztin, dadurch sehe ich weniger klassische chronische Wunden, wie sie wahrscheinlich häufiger in allgemeinmedizinischen Praxen vorkommen. In meine Ordination kommen Kinder zur Narbenbehandlung, mit rezidivierenden Abszessen, Neurodermitis oder akuten Verletzungen. Ich bin zusätzlich in einer Klinik tätig, wo mehr die akute Versorgung von Verbrennungen und Verbrühungen bei Kindern sowie anschließende Nachbetreuung mit Beobachtung der Narbenbildung im Fokus stehen.
Gibt es schon bei Kindern schlecht heilende Wunden oder auffällige Narbenbildungen?
Ja, vor allem bei Kindern mit einer eingeschränkten Mobilität (z. B. Zerebralparese) oder bei Wundinfektionen kann es zu einer verzögerten Wundheilung kommen. Bei einer gestörten Durchblutung oder einer fehlenden Schmerzwahrnehmung können schon Bagatelltraumen oder chronische Druckstellen ausreichen, um den Wundverschluss hinauszuzögern. Vergleichbare Probleme sehen wir auch bei Erwachsenen – etwa bei Patienten mit Diabetes mellitus, chronisch-venöser Insuffizienz oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Behandlung chronischer oder langsam heilender Wunden?
Die Behandlung ist sehr aufwendig, für die Angehörigen, die regelmäßige Wundkontrollen und Verbandswechsel durchführen müssen, ebenso wie für das medizinische Personal. Oft ist es frustrierend, wenn selbst mit den besten Materialien kein ausreichender Heilungserfolg erzielt wird. Umso schöner ist es dann, wenn es doch gelingt, durch gute Pflege und die Zusammenarbeit von medizinischem Fachpersonal und dem Patienten und den Angehörigen eine Heilung zu erreichen.
Wie wichtig ist eine ganzheitliche Herangehensweise?
Meiner Meinung nach braucht die Medizin diese Herangehensweise generell – nicht nur in der Wundbehandlung. Besonders dort ist sie jedoch sehr hilfreich. Unter ganzheitlicher Medizin verstehe ich ein Zusammenspiel lang erprobter Heilmittel/-verfahren und moderner Ansätze. Die Photobiomodulation durch einen Low-Level-Laser (oder Softlaser) ist beispielsweise seit den 1960er-Jahren erprobt und die Wirkung in Studien nachgewiesen. Andererseits zählen dazu auch pflanzliche und traditionelle Anwendungen wie Akupunktur, TCM oder ätherische Öle (z. B. Lavendel, Ringelblume, Melisse oder Arnika). Einige ätherische Öle haben zudem eine auch in Studien nachgewiesene antimikrobielle Wirkung und können bei komplizierten Wunden hilfreich sein. Gerade also die Kombination moderner Technologien (Softlaser) und hochwertiger Verbandsmaterialien mit ätherischen Ölen ist aus meiner Sicht besonders wertvoll.
Welche natürlichen oder physikalischen Ansätze zur Unterstützung der Wundheilung setzen Sie in Ihrer Praxis ein?
Der Softlaser ist für mich eines der wichtigsten Instrumente, da er ein sehr breites Anwendungsspektrum hat. Er ist anwenderfreundlich, schnell erlernt und die Behandlung ist kurz – von wenigen Sekunden bis Minuten. So lässt er sich sowohl in der Ordination als auch im Klinikalltag problemlos einsetzen. Wichtig ist, den Laser möglichst früh einzusetzen: bei kleinen Rötungen oder auch nach frischen Operationen, aber auch bei chronischen Wunden. Studien zeigen zudem positive Effekte bei allen Arten von akuten Verletzungen, Verbrennungen oder Verbrühungen, sogar, wenn bereits eine Narbe vorhanden ist. Daneben verwende ich moderne Verbandsmaterialien sowie ätherische Öle und Akupunktur/TCM.
Gibt es Patientengruppen, bei denen diese Therapie nicht geeignet ist oder nur eingeschränkt eingesetzt werden sollte?
Durch das breite Spektrum an Methoden gibt es kaum bekannte Kontraindikationen. Der Laser ist in fast allen Altersgruppen einsetzbar – sogar bei Frühgeborenen, wie Studien gezeigt haben. Einschränkungen gibt es nur bei bestimmten Lokalisationen, etwa an den Hoden oder an der offenen Fontanelle bei Säuglingen. Aber grundsätzlich findet sich für jede Altersgruppe und jede Erkrankung eine passende Anwendung. Ich bin Vortragende in der Ausbildung zum Laserschutzbeauftragten, welche ich jedem empfehlen würde, der sich näher mit dem Softlaser beschäftigen möchte.
Wie gut lässt sich diese Methode in den Praxisalltag integrieren?
Die Anwendung des Softlasers ist schnell und unkompliziert sowie schmerzfrei. An der Klinik schule ich Pflegepersonal und Kollegen ein, damit der Laser von jedem verwendet werden kann, etwa für Windeldermatitis bei Neugeborenen oder infizierte Wunden. Wichtig ist auch, dass Patienten oder ihre Angehörigen in die Wundversorgung einbezogen werden. Sie sollen einfache Methoden selbst durchführen können, ohne für jeden Verbandswechsel zum Arzt kommen zu müssen. Den Laser verleihe ich daher häufig an Familien, nachdem ich sie in der Handhabung eingeschult habe. Oft sehen wir bereits nach wenigen Tagen sehr gute Ergebnisse.
Würden klinische Studien helfen, dass sich die Anwendung des Lasers besser durchsetzt?
Es ist schade, dass der Laser im klinischen Alltag und in vielen Arztpraxen noch zu wenig angekommen ist. Die Studienlage ist insgesamt gut, auch wenn es – wie bei vielen Themen – immer noch Bedarf an weiteren Untersuchungen gibt. Ich denke, dass es einer stärkeren Öffentlichkeitsarbeit bedarf, damit die Methode im medizinischen Alltag breiter eingesetzt wird.
rh
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